Fragen über Fragen im Kopf? Auf einige findest Du bestimmt hier eine erste Antwort. Andere kannst du uns gerne auch schreiben!
Gibt es Voraussetzungen, um bei einer Clowns-Reise dabei zu sein?
Voraussetzung Nummer Eins ist die Fähigkeit, professionell als Clown oder Artist auftreten zu können. Fast alle sind auch beruflich schon lange Jahre in dem Feld tätig oder haben sich nebenberuflich fortgebildet.
Dazu kommt eine große Sensibilität und professionelle Vorbereitung auf die kulturellen Gegebenheiten im Land, ebenso wie auf die spezielle Krisensituation. Es ist ja ein großer Unterschied, ob man in einer Ecke der Welt spielt, in der gerade ein Krieg getobt hat, oder ob man etwa nach einem Tsunami kommt. Und in einem Roma-Lager in Rumänien oder einem Waisenhaus ist es nochmal ganz anders.
Dann sollte man in der Lage sein, professionell mit dem Leid umzugehen und den Fokus auf die eigentliche Aufgabe nicht zu verlieren. Ein trauriger Mensch kann nicht spielen.
Zusätzlich ist es auch körperlich eine Herausforderung: Ein stabiler Gesundheitszustand ist ein Muss.
Und schließlich sollte man als Persönlichkeit großen Respekt und großes Mitgefühl für Andere mitbringen. Ein Clown spielt zwar den naiven Tölpel. Aber naiv sein heißt nicht respektlos sein. Naiv ist nicht dumm oder kindisch, sondern verbunden und offen und mit einem übervollen Herzen ausgestattet.
Wir bereiten uns monatelang auf die Reisen vor – und das ist dann, wenn wir vor Ort sind, auch immer wirklich nötig gewesen. Diese Reisen sind ganz sicher weder ein Urlaub noch ein Abenteuer – es ist ein humanitärer Einsatz, der von den Teilnehmern nicht weniger abverlangt als von jedem anderen Helfer in Krisengebieten.
Wer sind die Spender und woher kommen die Gelder für die Reisen?
Wir sind ja mit ca. 150 Mitgliedern ein kleiner Verein. Die Mitgliedsbeiträge reichen natürlich nicht für die Reisen. Es ist nicht unüblich, dass die Clowns der Reise eigene Mittel dazugeben. Aber das Gross kommt über Spenden.
Erstaunlicherweise sind die oft ganz ungeplant – z.B. die Belegschaft eines Comicbuch-Verlages schickt uns zur Weihnachtsfeier einen Betrag, den sie dort gesammelt haben. Eine Firma spendet uns die kompletten Reisekosten für ein bestimmtes Krisengebiet. Ein Club von Geschäftsleuten lädt uns zum Vortrag ein und bedankt sich mit einer Spende. Manchmal gehen richtig hohe Beträge von Personen ein, die wir vorher überhaupt nicht kannten. Dann stellt jemand in seinem Laden ein Spendenschweinchen auf oder verkauft auf einer Flohmarktveranstaltung Clownsnasen für uns. Es ist wirklich sehr ungewöhnlich und nicht mit dem typischen Fundraising vieler anderer NGOs zu vergleichen.
Wie reagieren die Menschen in Krisengebieten auf Clowns?
Dieses Zitat stammt von einer Hilfsorganisation aus dem Flüchtlingslager Za´atari/Jordanien, in dem unser schwedischer Partnerverein Projekte durchgeführt hat – es zeigt auf, wie die Clowns wirken. Wir haben solche oder ähnliche Erfahrungen ebenfalls vielfach gemacht, unserem Reiseteam in Syrien wurde von den Lagerbewohnern erzählt, dass sie die Kinder zum ersten Mal seit einem Jahr wieder lachen gesehen haben. Oft wurde uns von unseren Partnern erzählt, dass wir das Erleben und die Erfahrungswelt der Kinder nachhaltig beeindrucken konnten. Die lang anhaltende Wirkung wird sichtbar, wenn Kinder nach einem Jahr immer noch die Clownsnamen wissen und Teile der Show nachspielen – diese Reaktion der Kinder konnten wir weltweit an verschiedenen Orten beobachten.
Wir spiegeln eine Welt der Freude und der Freiheit für die Kinder, dieses Abbild wird nicht nur von den Kindern sondern auch den Erwachsenen ad hoc verstanden. Mit Lachen und Humor zu reagieren, hilft den Menschen in Krisengebieten, nicht ausschließlich ihre traumatischen Erlebnisse zu verankern, und das Gruppengefühl wieder zu stärken.
Wären Essen und Medikamente nicht sinnvoller als Clowns?
Die Frage bekommen wir sehr oft gestellt – warum wir Clowns in Krisengebiete schicken und nicht Essen und Medikamente. Doch die Erfahrungen aus unseren Reisen, die Gespräche mit Kindern und ihren Betreuern vor Ort haben uns etwas anderes gelehrt:
Wir Menschen funktionieren einfach nicht so. Milch & Medizin, das reicht nicht zum Leben, schon als Baby wollen wir von unseren Müttern mehr als das – oder wir würden zu einem Kaspar Hauser verkümmern.
Anita Fricker berichtet von unserer ersten Reise in Rumänien: “Nach unserer Show habe ich mit einem 16-jährigen Mädchen gesprochen, die selber im Waisenhaus in Rumänien groß geworden ist. Ich hab sie auch gefragt, ob sie das unsinnig findet, dass wir statt Hilfsgütern hier mit unserer Show vorbeikommen. Was sie mir auf meine Frage geantwortet hat, werde ich nie vergessen: Wenn Du so aufwächst wie ich – dann zählt jede schöne Erinnerung!”
Ein Nahost-Journalist hat uns erzählt, wie schnell für Menschen mit Traumata in den Lagern das Selbstwertgefühl verloren geht. Man verliert sich, gibt sich auf. Man hört auf zu essen, selbst wenn es Essen gibt. Denn es ist nicht nur Versorgung, die man verloren hat, sondern die Menschen, die man liebte. Die Heimat. Die Hoffnung. All das geht weit über Essen und Trinken hinaus. Wenn dann die Clowns eine Show spielen,…das sind Ressourcen, Augenblicke, auf die man dann wieder zurückgreifen kann.
Wie macht Ihr es denn mit der Sprache?
Unsere Sprache ist hauptsächlich Gestik, Mimik, Blickkontakt und wird durch Musik, die Fantasiesprache Gromolo, und einige Fetzen Landessprache und Englisch ergänzt. In der jeweiligen Landessprache lernen wir im vornherein von 1-5 zu zählen, Hallo und Tschüß zu sagen. Dazu kommt dann, was wir während der Tour aufschnappen.
Wie verarbeiten Sie das Erlebte?
Wir machen nach den Reisen Abschlusstreffen und bei Bedarf Supervisionen, außerdem gibt es Gespräche mit Kollegen. Es lässt ja niemanden kalt, da geht es uns wie allen Hilfskräften in Krisengebieten. Aber unser internes Netz, der Kontakt zu Kollegen – gerade solchen, die schon Erfahrungen haben – fängt einen da auch ganz gut auf. Jede Reise hat auch unter den erfahrenen Clowns einen Paten, der das Team betreut. Auch das hilft oft, sich schon im Vorfeld auf das vorzubereiten, was wir dann sehen und erleben.
Und dann – wir sehen zwar das Leid, aber wir erleben ja vor allem diese Augenblick der Freude, die Kinder, die ganz aus sich herausgehen, Tränen lachen und das alleine ist auch ein starkes Gegengewicht zu den deprimierenden Momenten.
Wie bildet sich ein Team?
Es sind eigentlich immer Erfahrene und Neue zusammen, diese Mischung hat sich bewährt. Wir haben einen Teamleiter und daheim in Deutschland übernimmt ein langjähriger Clown die Patenschaft – er ist dann die Nabelschnur nach Hause, der Ratgeber und in Krisensituationen kann er Hilfe organisieren.
Teams bestehen fast immer aus Leuten, die sich schon gut kennen, oft sucht auch der Teamleiter die Einzelnen aus, wenn er denkt, dass sie gut zusammen passen. Auf Clowns-Workshops lernen wir z.B. Neue kennen und manchmal sprechen wir sie auch gezielt an. Die gemeinsamen Proben und Vorbereitungen auf die Show und die Reise, oft monatelang, schweißen uns natürlich dann auch zusammen. In einem Reiseteam sind jedenfalls immer Leute, die ihr Artisten-Handwerk verstehen und die gleichzeitig auch eindeutig belastbar sind. Nähere Informationen findest Du in unserem Handbuch unter Link zum Handbuch.
Wohin geht die Reise?
2014 haben die Clowns ein Stipendium des Start Social Wettbewerbs gewonnen und im Zuge dessen die interne Verwaltung des Vereins professionalisiert. Weitere Maßnahmen waren ein neuer Auftritt im Internet, der Aufbau eines Pro-Bono-Netzwerks ehrenamtlicher Unterstützer und eine Entwicklung einer Fundraising-Strategie..
Aktuell steht an, dass wir nun vermehrt auch in Deutschland für Menschen aus Krisengebieten auftreten wollen, im Rahmen von Events, die die Flüchtlinge mit der lokalen Bevölkerung zusammenbringen – gerade, weil derzeit die fremdenfeindlichen Tendenzen in Deutschland zugenommen haben. Dazu sollen Multiplikatoren-Workshops und verstärkte Vortrags-Tätigkeit kommen; nicht nur, um neben den Reisen auch hier in Deutschland ein Vereinsleben aufzubauen, sondern auch, um weltweit vor Ort tätigen Helfern Wissen zu vermitteln und deren Ressourcen im Umgang mit Kindern in Krisengebieten zu erweitern.