Unsere erste Reise im neuen Jahr führt das Team nach Nepal. Begleitet uns hier auf unserem Blog und auf Facebook!
Itinerary Date :29.01.2020Hurra ...
11.01.2020
… bald geht die nächste Reise los!
Am 14.01.2020 macht sich das Team aus Brigitte Megerle, Elke Riedmann, Arne Beeger, Toni Toss und Verena Strallegger (Fotografin) auf nach NEPAL.
Wir wünschen dem Team eine erfolgreiche und gute Reise!
1. Tag: Ankunft
15.01.2020
NAMASTE!
Regenwetter beim Umsteigen wird im Oman euphorisch gefeiert. Statistisch betrachtet fällt der Regen im Wüstenstaat während des Januars nur an einem einzigen Tag in homöopathischen Dosen vom Himmel. Ausgerechnet diesen einen Tag haben wir erwischt! Es gießt wie aus Eimern- haben wir ein Glück! Unsere Reise steht bestimmt unter einem besonders guten Stern.
Wohlbehalten, müde und glücklich landen wir bei sommerlichen Temperaturen im winterlichen Kathmandu. Am Flughafen werden wir von unserem Freund und Helfer Thula empfangen und mit duftenden orangenen Blumenkränzen aus Tagetes geschmückt. Thula lenkt unseren Bus sicher durch den trägen Feierabendverkehr der übersättigten Straßen Kathmandus.
Links und rechts säumen voll beladene Kabelbäume und bunte Reklameschilder den Weg bis zu unserem Hotel wo uns der nepalesische Leiter und einem Mitarbeiter der Shanti Lebrahilfe Dortmund e.V. erwarten. Sie begrüßen uns herzlich und überreichen uns allen einen bunten Schal als Willkommensgeschenk. Clownfrau Bella bekommt sogar zwei maßgeschneiderte und handgenähte Clown Mäntel voller bunter Flicken und glitzernder Palletten, designed von Heiko überrreicht.
Voller Vorfreude und dankbar für dieses Abenteuer legen wir uns schlafen und freuen uns auf einen neuen Tag in diesem spannenden Land!
2. Tag
16.01.2020
NAMASTE!
Heute erwartet uns ein buntes Programm: Geplant ist ein Auftritt im kleinsten Raum des größten und ältesten Krankenhauses von Kathmandu und ein Clownworkshop in der Sanskritii Schule. Im Krankenhaus spielen wir vor Ärzt*Innen, Pfleger*Innen und teilweise schwer kranken Kindern, von denen manche schon Monate in diesem Krankenhaus zubringen und uns ihr unbekümmertes Lachen schenken. Ich denke an einen Satz, den jemand einmal zu mir gesagt hat: „Wer denkt, lacht nicht und wer lacht, denkt nicht.“
Direkt im Anschluss brausen wir im Minibus durch Kathmandus bunte Straßen zur Sanskritii Schule. Dort werden wir gespannt erwartet, viele Kinder und sogar die Direktorin …. sehen heute das erste Mal in ihrem Leben Clowns.
Die Kinder sitzen artig in Reih und Glied auf dem Plastikrasen der überdachten Halle und lauschen gespannt, welche Worte da so aus einem Clownmund gepurzelt kommen. Wir lockern die Stimmung mit ein paar klassischen Theaterübungen. Anfangs noch zurückhaltend finden die Kinder bald Gefallen am Theaterunterricht und sind bald mittendrin statt nur dabei. Sie schlüpfen in verschiedene Emotionen und üben, wie man am originellsten über die eigenen Füße stolpert oder am amüsantesten gegen eine Wand läuft.
Die Zeit geht viel zu schnell vorbei, dabei gibt noch so viele tolle Sachen zu machen! Umso besser, dass diese Theaterschüler von heute morgen zu unserer Vorstellung kommen werden.
3. Tag
17.01.2020
Bereits bei Tagesanbruch fällt der Regen in dicken Tropfen auf die Dächer und Straßen Kathmandus und sorgt damit für einige Planänderungen. Anstelle von freiem Himmel und zugänglich für alle spielen wir unsere Show in einem beheizten Raum für die Ärzt*Innen, Pfleger*Innen und Student*Innen des Kist Hospital. Doch wo sind die Kinder?
Die Zeit bis zum nächsten Auftritt drängt bereits. Doch wir lassen es uns nicht nehmen, eine gehörige Portion Spaß in der Kinderstation im 6. Stock zu verteilen. Auch unsere Gastgeber bestehen noch darauf, eine Tasse Chiya mit uns zu trinken. So wird die Eile zur Nebensache, denn in Nepal ist immer Zeit für Tee.
Die nächste Station ist die D.A.V. Sushil Kedia Vishwa Bhaarati Higher Secondary School mit einer richtig großen Bühne. Wir werden feierlich erwartet, 800 gespannte Kinderaugen blicken uns entgegen. Eröffnet wird die Show mit dem feierlichen Überreichen der bunten Kathas. Einem buddhistischen Brauch mit derselben Symbolik wie dem überreichen der hinduistischen Blumenkette: Glück, Wohlstand und Gesundheit.
Die Stimmung im Saal ist großartig. Die größten Lacher kassieren wir für die kleinen Missgeschicke. Wenn wir unabsichtlich stolpern, der Ballon ständig ungewollt aus dem Mund flutscht oder einer von uns wegen einem vergessen Luftballon zu spät kommt und trotzdem noch für die Kamera posiert, schütteln sie sich vor Lachen. Wahrscheinlich ist Perfektion einfach zu langweilig, um richtig lustig zu sein.
Ein Hoch auf die kleinen Unwägbarkeiten des Lebens!
4. Tag
18.01.2020
Wir Menschen geben weiter was uns prägt. Ob bewusst oder unbewusst, es geschieht. Viele der Kinder, die wir heute besuchen durften, sind lebende Beispiel für diese soziale Reproduktion. Ist der Vater gestorben und die Mutter heiratet einen anderen Mann, werden die Kinder aus der alten Ehe häufig nicht akzeptiert und landen ganz auf sich allein gestellt auf der Straße. Oftmals waren die Eltern in ihrer Kindheit mit derselben Situation konfrontiert und geben weiter, was ihnen damals widerfahren ist. Manchmal fehlt schlicht das Geld, um die Kinder zu ernähren. Besonders in den entlegenen Bergregionen fehlt es oft am nötigsten und die Kinder sind gezwungen, ihr Glück auf sich allein gestellt zu versuchen. Mit einigen der Kinder, die fern von daheim ein Zuhause im Kinderhaus der Nepalhilfe Beilngries Kathmandu und dem New Nepal Society Center in Kathmandu gefunden haben, durften wir heute Bekanntschaft schließen und etwas über ihre kostbaren Hoffnungen und Träume für die Zukunft erfahren. Denn ganz egal, wie wenig Geld ein Mensch besitzt, wirklich verloren ist wohl nur der, dem es an Träumen mangelt. Ob sie nun Fußballprofi werden wollen, Medizin oder Musik studieren möchten, um mit dem gelernten anderen zu helfen- sie geben weiter, was sie erfahren werden. Darum ist es gut zu wissen, dass es Menschen gibt, die sich entschließen, ihr Leben denen zu widmen, die Unterstützung brauchen. Mit ihrer Liebe und ihrer Zuversicht werden sie ihren Teil dazu beitragen, aus den Kindern Menschen zu machen, die den Wunsch haben positive Erfahrungen weiterzugeben. Darum möchten wir von Herzen all jenen danken, die ihr Licht für diejenigen leuchten lassen, die sonst in der Dunkelheit verloren gegangen wären.
Ein riesiges Dankeschön und alles erdenklich Gute an unser liebes Geburtstagskind Elke, du hast mit deiner Freude und deinem Talent schon ganz viele Herzen zum Strahlen gebracht! Schön, dass es dich gibt!
5. Tag
19.01.2020
Am 8. Oktober 1993 ereignete sich ein tragischer Unfall in einem Randbezirk von Kathmandu. Siddhi, ein Junge mit vier Jahren wurde bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt. Noch im Krankenwagen erlag er seinen Verletzungen, weil der Weg ins nächste Krankenhaus zu weit war. Siddhis Vater widmete daraufhin sein Bauland um. Anstelle der geplanten Fabrik ließ er dort ein Krankenhaus erbauen. Das Siddhi Memorial in Kathmandu ist mittlerweile Krankenhaus und Altenwohnheim und steht in engem Austausch mit dem Ama Krankenhaus in Indien. Nach einem interessanten Gespräch mit dem Leiter des Krankenhauses und einem köstlichen Mittagessen klettern wir ins Auto und machen wir uns auf den Weg zum nächsten Auftritt.
Während wir dösen, lenkt Kiran den Wagen mit einer unglaublichen Ruhe durch das stets haarscharfe Gewusel auf Kathmandus Straßen zum Shanti Hospital Kathmandu. Shanti bedeutet Frieden. Durch die Zusammenarbeit der Leprahilfe Dortmund e.V. mit dem nepalesischen Partnerverein Shanti Sewa Griha finden hier Menschen in Not, Menschen mit Beeinträchtigung und Menschen, die an Lepra erkrankt sind, ein sicheres Zuhause. Ich schließe Freundschaft mit einem Mädchen, sie schaut mich verwundert mit großen Augen an, als sie erfährt, dass es auch in Europa Menschen mit Beeinträchtigung gibt. Die Projekte, die wir besuchen durften, realisieren ihre wertvolle Arbeit mit Unterstützung aus dem Ausland, sogar der eine oder andere berühmte Name prangt auf den Plaketten der Spender. Es passiert viel, die Aufbruchstimmung ist spürbar und dennoch kann ich hier, inmitten von verstoßenen Menschen das Gefühl nicht abschütteln, dass wir für unsere gemeinsame Vision von einem gleichberechtigten Miteinander noch viel Geduld und Hartnäckigkeit brauchen.
6. Tag
20.01.2020
Heute am Programm: Kontraste. Von der Privatklinik Grande International ins Maiti Hilfszentrum für Opfer von Menschenhandel. Die Dimensionen der sozialen Ungleichheit sind vergleichbar mit den geografischen Extremen des Landes. Nepals höchster Punkt befindet sich auf 8848m ü. d. M. während der tiefste bei Kencha Kalan 70m ü. d. M. liegt.
Als wir das Grande International Krankenhaus betreten, riecht es sauber und alles wirkt sehr gepflegt. Die Leistungen reichen von medizinscher Grundversorgung bis zur Schönheitschirurgie, die Ärzt*Innen zählen zu den Besten des Landes. Doch nicht nur die, die finanziell gut gestellt sind, finden hier Hilfe. Für Mittellose stehen 43 Betten zur Verfügung, die nach Vorlage offizieller Papiere kostenfrei in Anspruch genommen werden können. Unsere Umkleide ist zum Schießen, an der Tür steht in goldenen Lettern „Semen Collection“ und an der Wand hängt ein stimmungsvolles Bild. Wir befinden uns im Familienplanungszentrum! Dieser ungewollte Gag verleiht uns gleich noch mehr Schwung für unsere Show!
Szenenwechsel. Über die staubigen Straßen quer durch Kathmandu zum Maiti Zentrum, das sich mit voller Kraft gegen Menschenhandel einsetzt. Das Projekt, das damals von einer Gruppe Engagierter ins Leben gerufen wurde, feiert heute seinen 27. Geburtstag. Am 20.Januar 1993 wurde das Maiti Rescue Center mit Hilfe der Sonja Kill Foundation eröffnet. Seit seiner Gründung wurden tausende Kinder, Mädchen und Frauen aus den Fängen der Kartelle befreit und dort untergebracht. Menschenhandel ist gut organisiertes Verbrechen, eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte und ein globales Problem, mit dem sich viel Geld verdienen lässt. Mit teuren Geschenken, falschen Versprechen und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft werden die Kinder aus ihren Familien gelockt. Doch die Realität ist eine bittere Enttäuschung. Die Mädchen arbeiten zum Teil jahrelang in Bordellen, sind der Grausamkeit und Willkür der Zuhälter schutzlos ausgeliefert und tragen schwere körperliche und seelische Verletzungen davon. Diese Tatsachen zu hören und die Menschen dazu zu sehen, berührt uns tief. Doch Freude und Schmerz existieren nebeneinander wie Hell und Dunkel. Wir durften diese Kinder heute lachen sehen, mit ihnen feiern und köstliche Momos essen. Für alle die immer noch glauben, dass ein Mensch alleine kann nichts bewegen kann, habe ich eine Überraschung: Ein Mensch kann einen Stein ins Rollen bringen. Durch eine simple Frage, einen simplen Brief kann das Leben von Tausenden positiv verändernd werden. Das haben wir heute erlebt.
7. Tag
21.01.2020
Schule mal anders. Mathe büffeln und Vokabeln üben? *Nein!* Heute wird laut gelacht, gemeinsam gesungen und das Tanzbein geschwungen. Nach unserem Auftritt werden Stühle für uns bereitgestellt. Wir dürfen uns zurücklehnen und die Show der Kinder genießen. Sie stimmen mit Trommeln, Gitarren und Melodicas den nepalesischen Superhit „Reshram Piriri“ an und alle stimmen mit ein. Anschließend bekommen wir noch eine praktische Einführung in die Kunst des Bollywood-Tanzes und wir ahmen in feinster Clownmanier die anspruchsvollen Bewegungen der Kinder nach. Nachdem uns noch goldene „Love Tokens“ und die bunten Kathas verliehen wurden, geben wir noch eine Stunde lang Autogramme. Ich habe Schwierigkeiten, die Clowns im Kindergewirr wiederzufinden. Nur Arnes roter Wuschelkopf leuchtet zwischen den Blöcken und Papierfetzen, die ihm zum Unterschreiben hingehalten werden, hervor. Geschafft klettern wir nach diesem Starrummel wieder in unser „Clownobil“. Auf dem Weg zur nächsten Schule werden die Momos in unseren Bäuchen ziemlich hin und her geschüttelt.
Die Straßen sind holprig, die Luft ist voller Staßenstaub und Wellblechütten stehen zwischen Neubauten. Die Sankskar english medium School liegt in einem Randbezirk von Kathmandu. Während die Clowns sich umziehen, stehe ich auf der kleinen Brücke neben der Schule und schaue dem kleinen Bach dabei zu, wie er sich durch den Plastikmüll schlängelt. Ich blinzle. Ich trau meinen Augen nicht… Ist das Wasser blau? Es wird immer blauer. Schließlich ist es tiefblau. Die Kinder erzählen mir, dass weiter oben eine Fabrik steht, die ihr Abwasser in den kleinen Fluss leitet, der sich dann für eine Weile tiefblau färbt. Verschmutzung wird zunehmend zum Gesundheitsrisiko in der dichtbevölkerten Hauptstadtregion. Land, Wasser und Lebensmittel sind kontaminiert. Vor allem die arme Bevölkerung ist den Gesundheitsrisiken ausgesetzt, nicht zuletzt wegen der Verunreinigung des Trinkwassers durch den Müll. Wie in anderen Großstädten in Entwicklungsländern wurde auch in Kathmandu das Abfallmanagement vernachlässigt. Die Verwaltung ist nicht in der Lage, alle notwendigen Dienstleistungen anzubieten, wozu auch die Abfallbeseitigung gehört. Jahrzehntelange politische Unruhen und das schwere Erdbeben im April 2015 haben die Lage verschlimmert. Die Menschen sorgen sich um ihr tägliches Überleben – nicht um Müll, Hygiene und sanitäre Anlagen.
8. Tag
22.01.2020
Zaungäste und Blumenkränze. Am NEA School and College for Science, Humantity, Management and Education unterrichten heute die „Gastlehrerclowns“ Plombiene und Flip. Am Lehrplan stehen die wichtigsten bayrischen Redewendungen: Oans, zwoa, drei. Griasti. Pfiati und Oachkatzlschwoaf und die unterschiedliche Aussprache von Boarisch und Schwitzerdütsch. Alle Kinder bestehen mit Auszeichnung. Vor dem „Unterricht“ spielen wir unsere Show vor großem Publikum und sogar noch über die Grenzen der Schule hinaus. Von der Nachbarschule aus drängen sich die Schüler am Balkon und verfolgen gebannt unser buntes Treiben. Nach dem Mittagessen starten wir mit „Dal Bhat Power“ zur Schule der Nepal Matri Griha, die dort ein integratives Konzept verfolgen. Der Empfang, der uns und den deutschen Ehrengästen der Sonja Kill Foundation dort bereitet wird, ist dem eines Staatsoberhauptes würdig. Mädchen in farbenfrohen Festtagsgewand erwarten uns mit Blumenkränzen und Khatas. Alle Kinder der Schule stehen der Treppe entlang aufgefädelt begrüßen uns alle mit Namaste und Augenkontakt. Zur Vorstellung versammeln sich alle gemeinsam im Hof. Während die einen unsere Zaubertricks mit offenen Mündern bestaunen, rollen sich die anderen vor Begeisterung am Boden. Ich schau mich in der Menge um: was für ein schönes Bild, wenn wir alle gemeinsam lachen! Das Fachgebiet, das sich auf die körperlichen und psychischen Auswirkungen des Lachens konzentriert nennt sich Gelotologie. Lachen ist gutes körperliches Training – insgesamt sind über hundert verschiedene Muskeln daran beteiligt, von der Gesichtsmuskulatur bis zur Atemmuskulatur. Beim Lachen bremst das Gehirn die Produktion von Stresshormonen und Anstrengung und Stress fallen von uns ab.
9. Tag
23.01.2020
Heute schreiben wir Brihapatibar, den Tag des Jupiter, am 09. Magh 2076 B.S.
In Nepal gibt es mehrere Kalendersysteme, die sich je nach Religion oder Volksstamm verändern. Die Abkürzung B.S. steht für den Namen des Königs Bikramaditya Samvat, zählt ab dem Jahre 57 vor Christus und richtet sich nach den Mondphasen. Die Woche hat wie bei uns ebenfalls 7 Tage und ist nach den Planeten benannt.
Heute besuchen wir zwei Schulen: die Motherland Academy und die Loyalty Academy. Beim Betreten der Loyalty Academy fällt mir ein buntes Bild mit einem schönen Spruch auf:
„Beginne deinen Tag nicht mit den Splittern von gestern. Jeder Tag ist ein Neubeginn. Jeder Morgen, den wir erwachen, ist der erste Tag vom Rest unseres Lebens.“
Die Kinder feiern unsere Show, lassen sich nicht annäherungsweise auf den Stühlen halten und bestürmen uns mehr als einmal auf der Bühne. Wir werden einfach immer besser! *zwinker* Bei der anschließenden Tasse Chiya und während der holprigen Reise zur nächsten Schule tanken wir Kraft und Ruhe für den nächsten Auftritt. Der Verkehr in Kathmandu grenzt manchmal an Magie. Soviele Gefährte drängen sich durch die engen Straßen und manchmal ist wirklich nur eine Haaresbreite Platz. Die Hupe ist neben Gas und Bremse das wichtigste Instrument um voranzukommen. Die Motherland Academy wirbt mit erdbebensicheren Klassenräumen und gratis Aufnahmegebühr. Die Einsparung der Aufnahmegebühr bedeutet für Schüler*Innen, Staat und Schule viel Zeitersparnis. In Nepal gibt es mehr private als staatliche Schulen, die mit verschiedenen Mitteln Schüler*Innen werben. Mehr Schüler*Innen die mit ihrem monatlichen Beitrag die Schule unterstützen, bedeutet für die Schule, mehr Möglichkeiten Lehrer und Schulmaterial bereitzustellen.
10. Tag
24.01.2020
Wettbewerb im Bildungssektor. Gute Bildung kostet – je nach Schule und deren Standard. Die Reklametafeln für Kindergärten und Schulen an Kathmandus Kreuzungen sind größer als die der namhaften Elektronikfirmen. Wer in den Genuss guter Bildung kommt, hat bessere Chancen auf einen gutbezahlten Job im In-, und Ausland. Viele Schulen unterrichten Chinesisch, denn China ist ein starker Handelspartner. Als wir das Gelände der Bouddah International School betreten, bleibt mein Blick an einem großen Schild am Eingang hängen:
„Bildung ist kein Werkzeug für individuelle, kommunale oder nationale Entwicklung. Bildung ist das Fundament unserer Zukunft. Sie bemächtigt unsere Jugend, eigene Entscheidungen zu treffen und ihre Träume zu verwirklichen.“
Für einkommensschwache Familien gibt es zwei Möglichkeiten, ihre Kinder an private Schulen zu schicken. Zum einen gibt es vom Staat die Vorgabe, 10% der Schulplätze kostenfrei an mittellose Kinder zu vergeben. Das bedeutet für Schule und Schüler*In einen langwierigen Bewerbungsprozess mit viel Papierkram Eine andere Möglichkeit bieten private Sponsoren, die den Kindern die Schulbildung finanzieren.
Unsere Show spielen wir in einem abgezäunten Bereich des sonnigen Innenhofs. Die Kinder verfolgen unsere Show im Stehen, denn der Boden ist staubig und die Schuluniform wertvoll.
Im Anschluss reisen Blombiene und Bella noch einmal ins Maite Zentrum, das sich gegen Menschenhandel einsetzt. Diesmal, um einen Workshop zu leiten. Im Zentrum hat sich bereits eine Schauspielgruppe etabliert. Sie nutzt Theater und Theaterelemente, um für die Mädchen einen geschützten Rahmen zu schaffen, in welchem sie den Raum bekommen, ihre traumatischen Erlebnisse auszudrücken. Das Ensemble gibt auch außerhalb des Zentrums Vorstellungen, in denen die Problematik des human trafficking behandelt wird. Ziel dieser Vorstellungen ist es, die Bevölkerung für die Thematik zu sensibilisieren und das Tabu darüber zu sprechen zu brechen.
11. Tag
25.01.2020
Heute: Workshop und Aufführung im Shilpee Theater. Yuabaraj Ghimire, Artist Director im Shilpee Theater nimmt sich die Zeit, mir über die Theatergeschichte in Nepal zu erzählen.
1985 etablierte sich das öffentliche Fernsehen in Nepal. Das brachte einen großen Wandel der Theaterkultur mit sich. Viele Schauspieler wechselten vom Theater zum Fernsehen und die bis dahin lebendige Theaterszene begann zu zerfallen. Wer Theater studieren wollte, musste dies im Ausland tun. Anfang 2000 kam wieder Bewegung in Szene. Die Theaterstudenten kehrten mit Ideen und Visionen wieder in ihrer Heimat zurück. Sie starteten Theatergruppen und Projekte. Sie spielten unermüdlich, jeden Tag. Ob für eine Person oder für ausverkaufte Hallen. So schafften sie es, Theater wieder zu etablieren.
Die Idee Shilpee Theater wurde 2006 geboren. Es dauerte einige Jahre, ein geeignetes Gebäude zu finden und das Projekt zu finanzieren. 2014 war das Gebäude fertig und seitdem wird dort jeden Monat ein neues Stück aufgeführt. Gespielt wird immer noch täglich -außer Dienstag. Dienstags werden andere Theateraufführungen besucht. Kathmandus Theaterszene steht in regem Austausch miteinander. Auch viele der Sozialprojekte, die wir bis jetzt in Kathmandu besucht haben arbeiten mit dem Shilpee zusammen.
Shilpee finanziert sich ausschließlich durch den Kartenverkauf. Somit ist es unabhängig von privaten Sponsoren und frei, jedes Thema zu behandeln. Diese „freedom of expression“ ist besonders wichtig, weil viele Stücke von sozial politischen Themen handeln. Doch auch klassische Stücke des internationalen Theaters finden ihren Weg auf die Bühne.
Wir bedanken uns beim Shilpee Theater dass wir auf ihrer Bühne spielen durften und vor allem für den fantastischen Workshop mit den jungen Schauspieltalenten Kathmandus!!
PS: Frohes Neues Jahr!! In Nepal darf man sich viel öfter ein frohes neues Jahr wünschen. Es gibt das nationale Neujahr, das internationale Neujahr und das der verschiedenen Volksgruppen. Alle werden gefeiert.
12. Tag
26.01.2020
Kathmandu. Ein neuer Tag in der Stadt die niemals schläft. Es hat seit Tagen nicht geregnet, von den trockenen Straßen wirbelt Staub in den trüben Himmel. Noch mehr Menschen als sonst tragen den allgegenwärtigen Atemschutz, der die Atemwege vor dem Feinstaub schützen soll. Unser treuer Freund der Straßenverkäufer für allerlei Brauch-, und Unbrauchbares erklärt uns, dass er ihn wegen dem Corona Virus trägt, das in China ausgebrochen ist. In Nepal sind bis jetzt zwei Fälle bekannt geworden. Wir setzen auf Hände waschen. Heute besuchen wir zwei Schulen. Die New Vision Academy und die Cosmic International Academy. Am Anfang der Show frage ich die Kinder immer, ob sie wissen, was denn ein Clown ist. Viele rufen: „Ja klar, JOKER!“ Sie meinen den Joker aus Batman, der ihr Bild vom Clown prägt. Gut, dass wir unterwegs sind, um das Image des Clowns in Nepal um ein paar fröhliche Bilder zu bereichern… Nach unserer Show hält der Direktor eine schöne Ansprache darüber, wie wichtig es ist zu lachen und Freude miteinander zu teilen. Dem haben wir nichts mehr hinzuzufügen, denn demnach ist die Schule in guten Händen und unsere „Mission erfüllt“. Die nächste Schule ist die Cosmic Academy. Am Weg zum Eingang hängt ein Banner mit dem Bild von Arne und ein paar Kindern von der letzten Tour, umrahmt von vielen gelben Smileys. Ganz viele Kinder werden bei der Show heute mit dabei sein. Klasse für Klasse trippelt geordnet in den Hof und wird platziert. Schließlich sitzen alle dicht an dicht gedrängt und ich zähle um die 1100 gespannte Gesichter. Als ich die Clowns ankündige, schmettert mir ein Freudengeschrei entgegen, dass es mich fast aus den Socken haut. Die Kinder feiern unsere Show, auch wenn sie wegen dem vielstimmigen Geraune der Menge kein Stück davon hören können. Dafür hören wir die Kinder umso besser- für jeden Gag der Show werden wir von den Kindern mit ohrenbetäubendem Gelächter belohnt.
13. Tag
27.01.2020
NEPAL: Never Ending Peace And Love. Ein Land, wo fast nichts unmöglich ist. Auf den offiziellen Kalendern existieren zwei Zeitrechnungen friedlich nebeneinander her und so ziemlich alles Mögliche und Unmögliche wird auf Motorrollern transportiert. So verwundert es vielleicht so manchen gar nicht mehr, einen kleinen Mann zwischen den Autos zu entdecken, der an einem Kopfriemen einen riesigen Kühlschrank durch die Straßen schleppt, der bestimmt doppelt so viel wiegt wie er selbst. Überall fallen uns immer wieder Nepalesen auf, die ihre Lastenkörbe traditionellerweise an einem breiten Riemen am Kopf befestigen. So wird das Gewicht gleichmäßig verteilt. Wir und das belgische Forschungsteam von Norman Heglund stellen uns dieselbe Frage: Wie ist es möglich, dass viele Nepalesen so ein enormes Gewicht mit sich herumtragen können?
Die Forscher hatten die Vermutung, dass die Nepalesen einen besonderen Trick haben, um solch große Lasten zu bewegen. Allerdings fanden sie heraus, dass es keinen Trick gibt. Sie sind einfach imstande, schwere Dinge zu tragen. Ohne speziellen Hüftschwung oder andere körperliche Anpassungen. Wow.
Ein weiteres Kuriosum: wie viele Kinder sich im Innenhof der Gyanodaya Schule, der besten öffentlichen Schule in Kathmandu einfinden, um unsere Show zu sehen. Um die 3000! Neugierige lugen zwischen den Gittern der Fenster mit Blick zum Innenhof hindurch, drängen sich auf der Terrasse und sitzen dicht an dicht im Getümmel auf dem Boden vor der improvisierten Bühne. In den letzten Reihen gleicht die Vorstellung einem Stummfilm ohne Untertitel. Bei der Szene, in der die Clowns schrecklich traurig sind als sie entdecken, dass die Brotzeittüte leer ist fragen mich die Leher, ob wir eine Tragödie aufführen. Auf meine Erklärung folgt großes Gelächter. Die zweite Vorstellung ist an der Bamboo School. Die Schule ist sehr besonders. Egal wer sie besucht, egal welche Schulstufe, das monatliche Schulgeld beträgt immer nur 100 Rupien und die Ausbildung dort genießt einen guten Ruf. Der Gründer Uttam Snajel ließ sie 2001 aus Bambus erbauen, weil Bambus ein Rohstoff ist, der sich regional, leicht und günstig beschaffen lässt. Die erste Bamboo School wurde in Kathmandu erbaut. Das Konzept, die Schule in Nepal und von Nepalesen selbst zu finanzieren, bewährte sich und mittlerweile gibt es 40 davon in Nepal und 4 weitere in Myanmar, Bangladesh, Sri Lanka und Indien. „Jedes Kind in jedem Land verdient die Chance, lesen zu lernen und Bildung zu genießen.“ sagt der Direktor der Schule, Ajay Adhikari Sushil.
14. Tag
28.01.2020
„Ich bin immer glücklich. Weißt du warum? Weil ich nichts von anderen erwarte. Erwartungen tun immer weh.“
Dieser weise Satz stammt von Shakespeare und ziert eine Wand der Samten Memorial School. Sie liegt etwas außerhalb von Kathmandu und erinnert an Samten Sherpa. Aufgewachsen ohne Schulbildung realisierte er eines Tages seinen Wunsch eine Schule zu eröffnen. Tragischerweise starb er bei den Bauarbeiten. Um seinen Traum zu erfüllen, übernahmen sein Bruder und seine Frau die Leitung der Schule. Schon beim Betreten des Geländes schlägt uns eine feierliche Stimmung entgegen, die Vorbereitungen für Shree Panchami sind in vollem Gange. Morgen wird die Göttin des Wissens, Sarasvati in den Schulen gefeiert. Unser Auftritt inspiriert die Kinder gleich, einzelne Szenen aus unserer Show nachzuspielen.
Als wir uns auf den Weg zum Sushima Memorial Krankenhaus im Kathmandu Tal machen, tun wir das auf einer holprigen Straße, die alle holprigen Straßen bisher in den Schatten stellt. Dort anzukommen tut unglaublich gut. Das erste Mal seit unserer Ankunft verlassen wir die laute, staubige und stetig betriebsame Stadt und können unsere verstaubten Lungen auslüften. Umgeben von grünen Hügeln, blauem Himmel und einer ruhigen Umgebung wirkt der Ort sehr heilsam.
Die Patienten liegen in der Sonne auf dem grünen Rasen und werden von Angehörigen umsorgt. Wie alle Orte mit dem Beinamen Memorial hat auch dieser seine Geschichte. Sushima Koirala war die Frau eines nepalesischen Regierungsmitglieds und kam bei einer Gasexplosion in ihrer Küche ums Leben. 1997 wurde das Hospital als medizinisches Hilfsprojekt für Plastische Chirurgie vom gemeinnützigen Verein INTERPLAST Germany e. V. in Kooperation mit dem nepalesischen Partner Sushma Koirala Memorial Trust in Betrieb genommen. Es finanziert sich mit privaten Geld- und Sachspenden und durch den ehrenamtlichen Einsatz engagierter Ärzte und Helfer. Vor allem mittellose Menschen erhalten hier kostenlose medizinische Betreuung und heute noch eine Extraportion Spaß gratis von uns dazu. Unsere „Lachmedizin“ ist kostenlos, frei von Nebenwirkungen und wird von den Patienten leidenschaftlich gern eingenommen. Den Nachmittag lassen wir gemütlich mit Gesprächen bei den Patienten am Rasen ausklingen und genießen dann noch ein hervorragendes Krankenhausessen, das die Patienten bestimmt ganz schnell wieder stark und gesund macht.
15. Tag
29.01.2020
Letzter Auftritt dieser Tour. Merkwürdig, dass Eines im Leben immer wiederkehrt: rückblickend festzustellen, wie schnell die Zeit vergangen ist. „Wir müssen die Zeit erwarten können, aber die Zeit wartet nicht auf uns.“ sagt der kluge Kiran beim Mittagessen zu mir. Kiran und Tula, die beiden haben uns auf unserer Tour gefahren, begleitet und beraten. Ohne ihre Mithilfe bei der Organisation und ihrer vielfältigen Unterstützung wäre diese Tour nicht zustande gekommen. Thank you so much Tularam Paudel und Kiran Lama! Auf der Fahrt zu Auftritt sind wir ganz gespannt auf das „Doolittle Krankenhaus“ und die sprechenden Tiere dort, müssen dann aber feststellen, dass wir uns verhört haben. In Wahrheit heißt es Dhulikel University Hospital und die einzigen Tiere, denen wir begegnen, sind die bunten Kunstwerke aus upgecycletem Plastik an den Wänden. Unsere Show spielen wir auf der Terrasse im Sonnenschein und danach schleichen wir uns mit den Ärzten auf Zehenspitzen in die Intensivstation und spielen ganz behutsam für einen Jungen, der an der Beatmungsmaschine hängt. Nur seine Augen zeigen, dass er verfolgt was geschieht. Sein Blick folgt uns auf dem Weg nach draußen, der Rest seines Körpers zeigt keine Regung. Draußen spricht mich ein Mädchen an. Sie ist zum ersten Mal in einem Krankenhaus, begleitet ihren Onkel und ihrem eineinhalb Jahre kleinen Bruder. Dieser kann seine Beine nicht bewegen. Nach der Untersuchung die gute Nachricht: Ihr Bruder wird mit der Unterstützung eines Physiotherapeuten eines Tages imstande sein zu laufen. Was für eine gute Nachricht! Beim Mittagessen spricht uns der Leiter des Krankenhauses auf vorarlbergerisch an. Er hat 9 Jahre lang in Feldkirch verbracht und dort seine Ausbildung zum Chirurgen gemacht. Was für eine kleine Welt! Abschließen wollen wir uns noch bei allen bedanken, die unsere Tour in Nepal mit ihrem Lachen und ihrer Freundlichkeit so sehr bereichert haben. Bis bald, namaste!