2019 Indien


07.12.2019 - 29.12.2019

Rebekka Gather, Hannes Langaky, Valea Völcker, Vinzent Gisi, Arun Ronny (Fotograf)


Unsere Reise nach Indien führt uns dieses Jahr in das Gebiet Tamil Nadu. Begleitet uns hier in unserem Reiseblog und auf facebook!

Itinerary Date :31.01.2020

Alles bereit für Indien ...

28.11.2019

«Also… wir sehen uns dann am Flughafen!» Mit einem aufgeregten Kribbeln im Bauch, verabschiedeten wir uns letzten Sonntag voneinander.
Wir Valea, Rebekka, Hannes und Vinzent sind das neue CLOG-Indien-2019 Team!
Wir sind Alumni der Accademia Teatro Dimitri und fühlen uns sehr geehrt unsere erste Reise für Clowns ohne Grenzen Deutschland anzutreten.
Unser letztes Probenwochenende ist gut verlaufen. Wir haben unsere Show einem ersten „Testpublikum“ präsentiert. Alex unser cooler Clowns-Ohne-Grenzen-Pate hat sein Ok gegeben! Wir wurden gut gebrieft und haben alle möglichen Szenarien verschiedener Publikumsstimmungen und Bühnensituationen durchgenommen. Hier in unserem Probenquartier in Basel haben wir vor ein paar Kindern gespielt, die unsere Clownsszenen herzlich aufgenommen haben. In Indien erwarten uns jedoch viele Kinder für die einige unserer Szenen sehr neu sind.
Wir sind gespannt wie sie unsere Akrobatischen Kunststücke und Tanzeinlagen aufnehmen und ob es uns gelingt, sie für 40 Minuten in eine verzauberte Welt zu entführen, in der sie Freude und Leichtigkeit erleben dürfen.
Wir sind bereit und freuen uns natürlich auch auf die herzliche Gastfreundschaft und die vielen bunten Farben, Gerüche und Geräusche… denn daran wird es uns sicher nicht fehlen.
Nun geht es an die letzten Vorbereitungen vor dem Abflug.
Am 7. Dezember geht unser Flieger nach Chennai/ Indien.
In großer Vorfreude, euch die ersten Eindrücke unserer Reise mitzuteilen, grüßen euch
Rebekka, Hannes, Vinzent und Valea

Indien - On the way

06.12.2019

…und da traf man sich am Flughafen wieder.
Noch ein paar organisatorische Sachen zu regeln, damit wir auch wirklich am anderen Ende abgeholt werden, ansonsten heißt es, geduldig auf das Boarding warten.
Chennai, we are coming! ?

1. und 2. Tag in Chennai

09.12.2019

Ankunft um 3 Uhr Morgens lokale Zeit. Das Gepäck kam auch irgendwann an. Was ein Glück. So, everything alright!
Für die meisten von uns hieß es: willkommen zurück! – und für Vinzent willkommen zum ersten Mal im Süden von Indien! Das einzigartig warme, feuchte, geruchs-trächtige, süss-säuerlich-versmogte Nachtlüftchen der Stadt kam uns am Flughafenausgang warmherzig entgegen. Und zwischen den vielen Taxifahrern mit den Namensschildern entdeckten wir auch schon bald unsere Gastgeber, die geduldig unsere Verspätung abgewartet hatten.
Durch den hupenden Autoverkehr wurden wir zu unserer ersten Unterkunft gebracht und kamen dabei, trotz gewöhnungsbedürftigem indischem Akzent, ins Gespräch (Ihrerseits: wie heisst ihr, wo kommt ihr her, seid ihr zum erstenmal in Indien…? Unsererseits: wie heisst ihr, wo kommt ihr her und was heisst das und das auf Tamil (die lokale Sprache)?)

Der erste Tag (also Sonntag) war Ruhetag, bzw. den Jetlag ausschlafen, Ausschau halten nach einer indischen Simkarte und den Plan für die nächsten 3 Wochen besprechen – der schon recht voll aber offensichtlich noch nicht voll genug ist, denn wie sich am nächsten Tag schon zeigen sollte, werden sich da noch einige Aufführungen dazumengen. Unser Plan ist also eher ein Gerüst, um das wir dann noch so einiges herumbauen. Indisch heißt hier: spontan und flexibel bleiben– aber immer mit der Ruhe, kein Stress, denn wenn sich mal etwas um eine… oder ein paar Stunden verzögert, dann ist das ganz normal.
Heute (Montag) sollten wir eigentlich erstmal nur proben und vielleicht unser Stück mal einem Probepublikum zeigen… aber wie gesagt, spontanerweise wurde uns doch schon eine Show eingeteilt, organisiert von der NGO Karunalaya, bei der wir hier zu Gast sind. Diese hilft (nun schon seid fast 25 Jahren) Straßen- und arbeitenden Kindern, gibt ihnen Unterkunft und ermöglicht ihnen zur Schule zu gehen – was nämlich für Kinder ohne offizielle Identität, wie es die Straßenkinder sind, sonst nur schwer möglich ist. Sie organisiert allerlei Aktivitäten, nicht nur für die Kinder, sondern auch für spezifische Gemeinschaften, wo die Resilienz der Frauen oder Drogenprävention Thema sind. Eine dieser Gemeinschaften ist das Fischerdorf, in dem wir heute gespielt haben.

Erste Show, gleich mal ins kalte Wasser springen (aber bitte nicht in das vom Meer nebenan… so schön buntgraublau voller Abwasser und Plastiktüten) – und es lief gut, die Lacher kamen erst schüchtern, dann immer ungenierter, auch von den Erwachsenen, die hier in großer Mehrzahl waren. Vollgeschwitzt nahmen wir dankend den Applaus entgegen und fuhren mit dem Taxidriver wieder zurück, in Richtung Dusche und Abendessen. Mmh, lecker Dosai (in etwa geröstete Pfannekuchen aus Reismehl) mit Chutney und Masala!

Wir sind übrigens nicht mehr nur zu viert: unser Photograph Arun Ronny ist heute von Bangalore hier eingetroffen und war gleich im Einsatz. Hier ein Paar von seinen wunderbaren Fotos (man wird den Qualitätsunterschied bemerken zu den vorherigen…)

3. Tag in Chennai

10.12.2019

Dritter Tag, zweite Show, ein Hof und fünfzig Kinder. Es war insgesamt ruhiger und ausgeglichener als gestern. Das lag aber auch daran, dass die Kinder der Karunalaya Foundation, für die wir dieses Mal gespielt haben, besonders aufmerksam und kontaktfreudig dabei waren. Auf der ausgebreiteten Plastikplane im Hof sitzend, schauten sie mit großen Augen auf diese komischen Gestalten, die sich da vor ihnen lächerlich machten und fanden ihre Verbindung (bzw. Verbündung, also laut Duden Bündnis) mit jedem einzelnen der Charaktere: Doc‘ Sir, Appalam, Chai und Coco.
So langsam bekommen wir ein Gespür dafür, wann und wie wir uns während der Show Zeit nehmen können mit dem Publikum zu interagieren, uns kleine Atempausen zu gönnen und mit den Geschehnissen zu improvisieren. Das Schöne an einem Clownsstück ist ja, dass es sich nie fertig entwickelt hat, sondern immer weiter reift und eigentlich erst mit dem Publikum wirklich entsteht.

Wer übrigens geglaubt hat, dass nach der Aufführung die Arbeit zuende ist, der hat sich gewaltig geirrt. Dann fängt der Spaß nämlich erst so richtig an: eine ganze Weile haben wir noch mit den Kindern auf dem Hof gespielt, getanzt und sogar etwas Akrobatik geübt, bis die Kinder zum Essen gerufen wurden. Wir wurden unter die Dusche geschickt und durften anschließend zusammen mit ihnen Abendessen.

இனிய இரவு erstmal… (iniya iravu = gute Nacht auf Tamil)
Denn morgen wird früh aufgestanden!

4. Tag in Chennai - Kelambakkam

11.12.2019

Seltsam langsam vergeht die Zeit, wenn man so viel erlebt. Zwar sind wir erst vier Tage hier, es könnten aber auch schon ein Paar Wochen sein. Heute Morgen verabschiedeten wir uns noch vor dem Frühstück von den Leuten der Kerunalaya Foundation, um mit dem Taxi rechtzeitig unseren nächsten Spielort zu erreichen: die SIP Memorial Trust, ein Kinderheim für HIV/AIDS Kinder, die entweder selbst HIV infiziert sind, oder Kinder infizierter Eltern sind. Das Ziel dieser Organisation ist es, diesen jungen Menschen ein besseres Lebensumfeld zu schaffen, ihnen nachhaltige Werte mitzuteilen, und ihnen ein gutes Gesundheits- und Schulsystem zu gewährleisten – was hier in Indien (unter anderem wegen dem noch sehr präsenten Kastensystem) sonst alles andere als selbstverständlich ist.

Pünktlichst um 11 Uhr (man bemerke die – teils – schweizerische Herkunft) standen wir mit unseren Instrumenten bereit zum Einmarsch. Die kleine Dachterrasse auf der wir spielten und der Guavenbaum der uns seinen Schatten schenkte, haben uns bei dieser vertraulichen Runde von circa 15 Kindern als schöne Kulisse gedient.

Nachdem wir fertig gespielt hatten, wurden wir gefragt, ob wir nun auch von ihnen etwas sehen wollten, als Dank, da unser Auftritt ihnen sehr gefallen hatte. „Ja, klar, sehr gerne!!“ Sie zeigten uns erst einen traditioneller Tanz mit Trommeln, genannt „Parai Attam“, dann einen Stockkampf („Silambu Attam“), der auch als Selbstverteidigungskunst dient. Recht beeindruckend, wie selbst die aller kleinsten (4 Jahre alt!) die komplizierten Bewegungskombinationen beherrschten. Die Betreuer betonten, wie wichtig es sei, den Kindern physische und künstlerische Aktivitäten zu bieten, damit sie Kraft und Selbstvertrauen entwickeln.
Es gab einen freudvollen Austausch der jeweiligen Fähigkeiten: wir brachten ihnen eine kleine Klatschrhythmussequenz bei und sie zeigten uns ein Paar ihrer Tanzschritte, wobei uns vor „ta ku ta, ta ku ta, ta ke, ta ke ke“s fast ein wenig schwindelig wurde.

Fertiggearbeitet für heute. Aber die Reise ging weiter! Nächstes Ziel: Kelambakkam. Was für ein surrealer Ort… plötzlich befanden wir uns in einer bunten Welt voller prachtvoller Gebäude, Gärten, Tempeln, kleiner Straßen und bunter Tierstatuen. Das ist die Sushil Hari International School Residence, wo wir morgen spielen werden. Hier hatten wir heute Abend die Ehre, einer Vollmondzeremonie im großen Tempel beizuwohnen. Ich sage nur: Baba.

Morgen sollen wir übrigens vor 1500 Kindern spielen, und dabei per Live-Stream direkt übertragen werden. Big deal! Mal sehen… (Also, wer Lust hat, sich morgen früh um 7:30 deutsche Zeit nach Indien zu beamen… https://www.sushilharischool.in/)

5. Tag in Kelambakkam

12.12.2019

Tatsächlich. Fast 1500 Kinder saßen am Freitagmorgen im riesigen Amphitheater der Sushil Hari International School Residence. Als wir auf die Bühne kamen, war es erstmal überwältigend, zu spüren wie all diesen Kinderaugen auf uns gerichtet waren: was für eine krasse Energie, die da plötzlich im Raum vibrierte! Ich sagte Bühne… aber man könnte es fast eher Zirkusmanege nennen. Auf 270 Grad haben wir gespielt, wobei wir uns zwischendurch wie die Clownsbande des Zirkus Roncalli gefühlt haben. Alles musste größer und plakativer sein als sonst oder mehrmals wiederholt werden, damit auch alle folgen konnten. Für die Musik haben wir uns zwischendurch ein Mikrofon zur Hilfe geholt – weniger wegen der Größe des Raumes, als wegen der Kinder, die jedesmal angefangen haben, begeistert mitzuklatschen und dabei alles übertönt haben. Die akrobatischen Elemente hingegen kamen in dem großen Raum umso mehr zur Geltung.
Die Show wurde (wie schon erwähnt) live übertragen, und ist jetzt auf Youtube zu finden (leider ohne den Anfang). Für die ganz neugierigen, hier ist der Link:
https://www.youtube.com/watch?v=dSxbxlLZIMI
Tja, jetzt haben wir nichts mehr zu verbergen.

Ganz vorne im Publikum saß der Guru dieser Gemeinde, der den Ort vor einigen Jahren gegründet hat. Es gibt auf dem Campus vier verschiedene Schulen (zwei davon sind Montessori), die täglich insgesamt rund 4000 Schüler unterrichten. Die meisten wohnen in der nächsten Umgebung, einige auch weiter weg. Uns wurde erklärt, dass bei der Aufnahme in die Schulen kein Unterschied zwischen Herkunft, sozialem Stand oder Reichtum der Familien gemacht wird und dass die Schulkosten (denn es handelt sich um Privatschulen) vergleichsweise sehr niedrig sind, was sie auch tatsächlich zugänglich macht für alle. Finanziert werden die Schulen größtenteils vom Guru selbst.

Nun sind wir in Auroville angekommen. Heute hatten wir ein bombastisches Programm mit drei Shows an verschiedenen Orten… mehr dazu werdet ihr morgen wissen!

6., 7. und 8. Tag in Auroville

15.12.2019

Nun sind wir schon drei Tage in Auroville und sausen sozusagen von einer Show zur nächsten. Wir hatten ein „toughes“ Programm, und somit auch wenig Zeit zum Schreiben, geschweige denn zum Ausschlafen. Der Internetempfang lässt außerdem zu wünschen übrig – deswegen gibt es nun einiges zu berichten.

Brigit, unsere lokale Organisatorin, hat uns in auf vier Tage verteilt in sieben verschiedenen Schulen Aufführungen geplant. Drei davon am Freitag (der Begriff Frei-tag ist da recht fehl am Platz), eine am Samstag, heute (Sonntag) zwei und morgen nochmal eine. Man stößt da an seine Grenzen, wenn man um 14 Uhr bei der dritten Aufführung des Tages die Kostüme im eigenen Schweiß badet… doch die Freude, die uns jedesmal von neuem durch das Gelächter entgegen kam wirkte wunder gegen die potenzielle Müdigkeit.
Jede Schule, in der wir gespielt haben, hatte etwas besonderes an sich und jeder Spielort war anders, sodass wir uns immer ein wenig angepasst haben. Einmal waren wir auf einem runden Platz im Freien, unter einem großen Baum, das war die Udavi School, ein andermal auf einer Bühne mit blauer Plastikplane als Dach und zweihundert energiegeladenen Kindern vor uns, so die Aikiyam School. Die Mohanam School hieß uns in einer Lehmhütte mit Strohdach willkommen, die Thamarai Foundation in ihrem kleinen Vorhof, der Yatra Arts Center auf einer Bühne im Freien und zwischendurch spielten wir in einem Montessori Kindergarten, vor ganz kleinen Kindern, dessen Haus eine sonderlich futuristische Architektur hatte. Man muss wissen, dass solche Architekturen in Auroville ganz üblich sind.
Die Stadt Auroroville wurde vor 50 Jahren von Menschen aus aller Welt gegründet, die eine Vision hatten, die Menschheit auf eine höhere Ebene zu bringen. Um das zu erreichen, wollten sie eine Stadt kreiren, die als Vorbild für alle anderen Städte der Welt gelten sollte. Es ging (und geht immer noch) darum, eine neue Form von friedlichem gemeinsamen Leben zu finden. Dabei geht es zum Beispiel um die Frage von umweltfreundlichen Ressourcen, Sozialität und auch Spiritualität.
Was das dann in der Praxis bedeutet, scheint recht undefiniert zu sein. Immer wieder versuchen wir im Gespräch mit den Einwohnern – den „Aurovillianern“ – zu verstehen, wie das Leben in Auroville tatsächlich aussieht. Doch das ist nicht so einfach, denn die Idee von Auroville ist eben genau die, dass jeder, der dort lebt, die anfängliche Vision auf seine eigene Art und Weise interpretieren kann. Dabei ist das Einzige, was wirklich zählt, der gute Wille – der Wunsch dieser Vision beizutragen.
Das Zentrum der Stadt Auroville ist ein gigantisches goldenes rundes Gebilde, namens Matrimandir, das wir morgen besichtigen werden. Die Stadt besteht teils aus Häuseransammlungen, Sport- und Schulanlagen, und sehr viel Grünland. Um die Stadt herum sind andere Wohngebiete, die jedoch eng mit Auroville zusammenhängen, weil dort zum Beispiel Schulen sind, die von Aurovillianern für die Lokalbevölkerung gegründet wurden. In solchen Schulen haben wir gespielt. Zum Schluss haben wir es nun doch noch zum Strand geschafft. Wir sitzen nun mit Wellenrauschen im Hintergrund bei abendlicher kühler Luft in einem kleinen Restaurant, wo wir mit Arun (unserem Fotografen) und Sunhil (unserem aurovillianerischen „Guide“) über allerlei kulturelle Sonderlichkeiten unserer und ihrerseits plaudern.

Bis auf neues, inye iravu. Euer Indien-Team.

9. Tag in Auroville

16.12.2019

Was machen, wenn man in Indien seinen Pass samt Geldbeutel voller Rupees verliert?
1. Scharf nachdenken, wo man ihn als letztes gesehen hat
2. Alle Orte absuchen, in denen man in den letzten 24 Stunden war
3. Dreimal alle Taschen ausleeren und wieder einpacken
4. Telefonieren, telefonieren, telefonieren und fragen ob nicht doch irgendwo etwas gefunden wurde
5. Ruhig bleiben und tief durchatmen
6. Sich überlegen, ob die Tasche vielleicht geklaut wurde, denn so viele Rupees verdient man hier nicht einfach mal an einem Tag… Obwohl das eigentlich nicht zum Bild der indischen Ehrlichkeit passt, die man bis dahin hatte.
7. Herausfinden, was man machen muss, um ohne Pass weiter- bzw. zurückreisen zu können
8. Nochmal alle Taschen durchsuchen
9. Nicht verzweifeln
10. Von einem Office zum anderen rennen um Informationen zu sammeln
11. Zum Security Service gehen
12. Die Swiss Ambassy anrufen, erst in Dehli, dann in Mumbai, dann das Visa-Zentrum in Pondicherry und keine brauchbaren Informationen bekommen
13. Tief durchatmen
14. Endlich mit einem Beamten der Schweizer Botschaft telefonieren, där uf Schwiizerdütsch Uuskunft hät chönne gää
15. Zur Police Station gehen, um einen provisorischen Pass zu beantragen und herauszufinden, dass das nur per Formular am Internet möglich ist
16. Fünfmal ohne Erfolg das Online-Formular ausfüllen, mit schlechtem Internetempfang und fast keinem Akku mehr
17. Abwarten und hoffen dass das alles nur ein Alptraum ist…
Hujujui. Was für ein Tag.
Und nein, das war kein Alptraum. Vinzents Pass war weg. Und nirgends mehr zu finden.
Das hatten wir schon gestern bemerkt, aber heute nahmen wir erst wirklich wahr, was das tatsächlich bedeutete.
Der Tag begann wie geplant mit der Besichtigung des Matrimandirs (das sakrale Zentralgebäude von Auroville) – einem energiegeladenen Ort, voller Ruhe, der etwas sehr futuristisches an sich hat – vielleicht würde die Energie uns helfen, mit der anmutenden Katastrophe fertig zu werden.
Danach fuhren wir (Hannes, Rebekka, Valea und Sunhil, unser „Guide“) zur Schule, an der unsere Aufführung stattfinden sollte.
Für Vinzent hingegen begann währenddessen der Staffellauf durch Auroville (Siehe die obrige Liste. Man bemerke: die ist bei langem nicht ausführlich).
45 Minuten vor Anfang der Show kam ein Anruf. Entweder müssten wir die Show absagen oder zu dritt spielen. Vinzent würde es nicht mehr rechtzeitig schaffen. Glups.
Ok. Also absagen wollten wir sicher nicht. Wir mussten also die ganze Show durchdenken, ein paar Nummern streichen, und einige Rollen ersetzen. Herzklopfend ging es auf die Bühne. Mit viel Impro und vielen Zwischenfällen schafften wir es doch, einen Bogen von Anfang bis Ende zu spannen. Die Kinder hatten ihren Spaß, und wir auch. Trotzdem waren wir glücklich als es zu Ende war. Der Schuldirektor bedankte sich ausdrücklich bei uns und zeigte uns noch Bilder und Dokumentationen von verschiedenen Aktivitäten und Projekten, die die Schule mit den Kindern unternimmt.
Die Pass-Geschichte dagegen war noch nicht zu Ende. Etwa vier Stunden später als geplant, saßen wir im Auto in Richtung Thiruvannumalai, unserem nächsten Spielort. Drei Stunden Fahrt, bei denen die Müdigkeit die Witze nur so sprießen ließ. Es gab einen herzlichen Empfang von unseren Hosts, Leela und Govinda und…
…EIN ANRUF AUS AUROVILLE:
VINZENTS PASS WURDE WIEDER GEFUNDEN!!!!!!
Was für eine Erleichterung.
Da kann man sich auch mal ein kleines Glas Whiskey gönnen, um darauf anzustoßen dass wir schließlich doch alle vier wieder zusammen zurückreisen können.

10. Tag in Thiruvannamalai

17.12.2019

On the way… Gerade sitzen wir im Auto und fahren durch die nächtliche Schwärze der Indischen Autobahnen und Landstraßen, immer wieder unterbrochen von blinkenden Lichterketten, Werbeplakaten, hupenden Autos und Lastwägen. Heute ist unser (einziger) freier Tag – wohlverdient, würde ich mal behaupten. Trotzdem müssen wir ein paar Stunden im Auto sitzen.

Gestern haben wir an zwei Schulen gespielt, beide auf dem Land, in der Nähe von Thiruvannamalai. Zwei sehr eindrückliche Orte.

Marudam Farm School, so hieß die erste Schule. Zwischen Reisfeldern, Kartoffelbeeten und Kühen liefen wir einen kleinen Weg entlang, bis wir irgendwann Kinderstimmen hörten, die uns bestätigten, dass wir angekommen waren. Leela (aus Israel) und Govinda (aus England), Mitgründer der Schule, luden uns erstmal zum Frühstück ein – alles selbstgemachte Köstlichkeiten aus eigens produziertem Gemüse, Getreide und Milch – und führten uns dann durch die Schulanlage. Die Häuser erinnerten ein wenig an Hundertwasser oder Dalí – auf indische Art jedoch, denn sie bestanden hauptsächlich aus Bambus, Lehm und Stroh. Govinda lebt nun schon seit fast fünfundzwanzig Jahren hier in Tamil Nadu und ist in der Forst- und Landwirtschaft aktiv, in zusammenarbeit mit den lokalen Bauern. Angefangen hat das Projekt mit der Wiederaufforstung des nahe gelegenen Berges. Nach und nach ging es in die Landwirtschaft über und schließlich kam auch eine Schule zustande.
Die Landwirtschaft ist hier, seit der sogenannten „Green revolution“, ein großes Problem. Viele Bauern sind abhängig von großen Konzernen und zu Tode verschuldet, sodass die meisten (wenn sie keinen Selbstmord begehen) versuchen, sich andere Berufe zu suchen oder zumindest ihren Kindern diese Möglichkeit zu geben. Das Ziel der Marudam Farm School ist, mit eben diesen Bauern zusammenzuarbeiten, ihnen zu helfen, weiterhin mit ihren ursprünglichen Methoden zu schaffen und dabei der Erde nicht mit modifizierten Samen und Pestiziden zu schaden. Dazu gehört auch die Schulbildung der Kinder und deren Bewusstsein für Natur und Umwelt.
Wir waren zwar nur ganz kurz an diesem wundervollen Ort, spürten aber trotzdem, wie tiefgründig und allumfassend die Idee des Projektes ist. Sogar das Essen schmeckte besonders gut und gab uns viel Kraft für die Weiterreise.

Die zweite Aufführung fand an dem Integral Education Therapy Centre for special needs children (kurz IETC) statt. Eine Schule für Kinder mit geistiger und körperlicher Beeinträchtigung und außerdem gehörlose und schwerhörige Kinder. Wir waren etwas aufgeregt und gespannt, wie die Kinder reagieren würden. So sind wir mit besonderer Achtsamkeit an die verschiedenen Nummern herangegangen. Die Kinder waren ihrerseits sehr aufmerksam, haben gelacht und waren begeistert dabei. Nach der Show gab es einen kurzen unsicheren Moment der Scheue, der aber bald gebrochen wurde, als wir auf die Kinder zugegangen sind und mit ihnen gespielt haben. Auch die Betreuer waren sehr berührt und am Ende war es schwierig, voneinander Abschied zu nehmen.
Die Stigmatisierung geistig und körperlich beeinträchtigter Kinder ist in Indien noch sehr präsent, erklärte uns später Latha, Physiotherapeutin und Mitgründerin der Schule, während sie uns durch die verschiedenen Räume führte, die bestens ausgestattet waren für alle Bedürfnisse der Schüler, Lehrer und Therapeuten (sechs Jahre lang hat sie in den USA Gelder gesammelt, bevor sie vor drei Jahren endlich mit dem Aufbau der Schule beginnen konnte). Es ist scheinbar sehr schwierig, gegen diese Stigmatisierung anzukommen, auch wenn in Indien die Idee von „Inclusion“ mittlerweile recht verbreitet ist. Inclusion heißt jedoch, dass ein körperlich oder geistig beeinträchtigtes Kind bestenfalls in eine Klasse mit 40 anderen nicht-beeinträchtigten Kindern gesetzt wird, dort natürlich nicht mitkommt und somit gar nichts lernt. Ansonsten werden diese Kinder oft einfach zuhause versteckt. Und so, erklärte uns Latha weiter, kommen immer wieder Kinder in ihre Schule, die 10 Jahre oder älter sind und noch nie eine Schule besucht haben.

So viel zu lernen und zu diskutieren… Man wünschte, man könnte an jedem Ort noch viel länger bleiben. Aber das Motto unserer Reise heißt eben: „heute hier, morgen dort“. Deshalb spielen wir morgen wieder an einem ganz anderen Ort.

12. und 13. Tag in Coimbatore

20.12.2019

Zwei Tage haben wir nun an der Yellow Train School in Coimbatore verbracht. Gespielt haben wir einmal im Kindergarten für die ganz kleinen, einmal für die Schüler (1. bis 10. Klasse) und einmal waren wir der Abschluss der Monatsfeier – es handelte sich nämlich um eine Waldorfschule. Im ersten Moment war es seltsam, sich plötzlich zwischen pastell- und regenbogenfarbigen Bildern zu befinden, genauso wie man sie von Rudolf Steiner Schulen in Deutschland kennt. Dann war es aber auch schön, zu merken, wie organisch die Schule eingerichtet ist und die Gebäude durchdacht sind. Wir wurden von den LehrerInnen herzlichst empfangen und reichlich bekocht. Das tut auch mal gut, wenn man langsam vor lauter Aufführungen und Reisen an seine Grenzen kommt…
Hier einige Fotos von den Shows – die sehr gut liefen! Die Kinder waren wahnsinnig reaktiv und kontaktfreudig.

Mit ausdrücklichem Dank für die Freude, die wir mit ihnen geteilt haben, wurden wir heute wieder verabschiedet.

Fotos (wie immer von unserem wunderbaren Fotografen… der leider selber nie zu sehen ist) Arun Ronny

14. Tag in Gudalur

21.12.2019

Am westlichen Ende des Staats Tamil Nadu sind wir nun gelandet. Nämlich in Gudalur. Rundherum sieht man Berge und Wald – die Fahrt hierhin war lang und kurvig durch das Bergland.
Wir sind zu Gast bei der Ashwini Foundation, eine Organisation, deren Wurzeln tief in der Geschichte der lokalen Stammesvölker liegen.

Es gibt im Tal von Gudalur rund 20000 verbliebene Uhreinwohner, die vier haupt-Stämmen angehören. Vom indischen Staat als „Primitive Stämme“ eingeordnet, wurden sie immer wieder verdrängt, vertrieben, ihrer Ländereien und Rechten beraubt. Sie befinden sich außerhalb des Kastensystems und gehören somit zu den sogenannten „Untouchables“, was das Leben für sie innerhalb der Gesellschaft sehr schwierig macht. Genannt werden sie „Adivasis“, was so viel heißt wie „Tribals“, also Stammesmitglieder.

Das Projekt Ashwini begann im Jahre 1986, als Stan und Mari, die Gründer anfingen mit den Adivasis für ihre Rechte zu kämpfen und ihr Land zurückzufordern. Bald kamen Ärzte dazu, die den Adivasis medizinische Grundversorgung garantierten, wobei es erstmals hauptsächlich um die Gesundheit von Kindern und Schwangeren Frauen ging. Wie dem auch sei, das Projekt entwickelte sich immer weiter und heute trifft man hier auf ein wohl ausgestattetes Krankenhaus, eine Krankenschwesternschule, eine Grundschule für die Adivasi Kinder (bis zur 5. Klasse) u.A. Wer mehr darüber wissen will: die ausführliche (und sehr interessante) Geschichte der Organisation findet man auf der Website http://ashwini.org/new/history/

Wenn man den Weg zwischen den Häusern im Dorf der Adivasis entlangläuft, spürt man die eindringlichen Blicke Einwohner auf sich ruhen. Da ist ein gewisses Misstrauen. Das haben wir auch bei unseren Aufführungen gespürt. Es war eine Frage des Fingerspitzengefühls, die anfängliche Skepsis spielerisch zu umgehen. Zu Beginn der ersten Show, vor den Grundschulkindern, gab es gleich mehrere Kinder, die angefangen haben, zu weinen. Sie wurden von den LehrerInnen auf den Schoss genommen und beruhigt und wir fuhren fort – achtsam und auf die Reaktionen der Kinder bedacht. Nach und nach konnten wir die Lacher herauslocken und schließlich blieben sogar Leute auf der nahe gelegenen Straße stehen, erst neugierig, dann anscheinend von unserer Show gefesselt.
Nachher haben wir mit den Kindern gespielt, Namen ausgetauscht und Fotos gemacht (Selfies sind immer sehr wichtig – und die richtigen Posen dazu!). Manche waren immer noch scheu, aber auch fasziniert.
Später erfuhren wir, dass sie vorher noch nie Clowns gesehen hatten.

Die zweite Show war am Abend, für die SchülerInnen der Krankenschwesternschule, die Ärzte und ein paar Familien aus dem Dorf. Das war eine sehr schöne Aufführung, wieder mit etwas Scheue am Anfang, aber dann sehr viel Spaß, ihrer und unsererseits. Wir spielten bis in die Dunkelheit der Nacht hinein… eine Nacht die uns nun mit Wasserrauschen und Waldgeräuschen in den Schlaf summt.

15. bis 17. Tag in Gudalur – Sittilingi – und das, was dazwischen geschah...

25.12.2019

So schnell werden Pläne über den Haufen geworfen… und so schnell sind ganze Lebenswerke plötzlich weg. Es zerbricht mir das Herz, auch nur dran zu denken, was uns vorgestern passiert ist. Wir sind alle ganz schön betroffen. Vor allem geht es hier aber um Arun (unserem Fotografen).

Sonntag früh noch fuhren wir gemütlich nach dem Frühstück von Gudalur los. Unser Driver sollte uns bis Sittilinghi bringen – eine 8-stündige Fahrt. In einer Stadt namens Mettupalayam machten wir zum Mittagessen halt. Gut gelaunt, aßen wir in einem Restaurant, während der Driver beim Auto blieb.

Als wir mit dem Essen fertig waren, kam der Driver plötzlich aufgeregt zu uns uns sagte etwas von „the car has been hit!“… Wir liefen zum Auto und trauten unseren Augen nicht: eine Fensterscheibe war zerbrochen und die zwei Rucksäcke von Arun waren weg. Darin war all sein Arbeitsmaterial, samt Kamera, Objektive, Computer, Harddisks und LED Lichter. Es ging da nicht nur um das Material (das an für sich schon genug wert war), sondern auch um sein ganzes Lebenswerk. Vor unserer Tour hatte Arun mit Freunden Aufnahmen für einen Dokumentarfilm gemacht, die im Laufe der zwei nächsten Jahre bearbeitet und veröffentlicht werden sollten. Alte Fotos und Erinnerungen. Filme von unseren Aufführungen – Arun wollte eigentlich eine kurze Doku über unsere Reise machen. Das alles war dort gespeichert und nirgendwo sonst. Das ist nun alles weg. Der Driver hatte wohl kurz das Auto alleine gelassen und dem Parkplatz-Aufseher gesagt, er sollte es im Auge behalten. Es war auf den ersten Blick eigentlich ein hoch sicherer Parkplatz! Zwei Security Guards, fünf Kameras – und trotzdem haben es die Diebe geschafft am helllichten Tag in unser Auto einzubrechen!!

Wir haben die Videoaufnahmen angeschaut… wahnsinnig schlechte Qualität. Das Absurde ist, dass man ganz genau sieht, wie drei Männer sich abgestimmt haben, die Aufseher abzulenken, die Scheibe aufzubrechen, und mit zwei großen Rucksäcken mir-nichts-dir-nichts aus dem Parkplatz herauszuspazieren. Aber die fünf Kameras waren anscheinend völlig umsonst. Erstens erkennt man keine Gesichter und zweitens sieht es so aus, als würde die Polizei (an die wir uns natürlich sofort gewendet haben) nichts konkretes für eine effiziente Suche tun. Heute, also zwei Tage später, ist scheinbar immer noch nichts getan worden! Und Arun sitzt hier mit uns in Sittilighi, einem kleinen Dorf inmitten von nirgendwo, und versucht erfolglos mit der Polizei in Kontakt zu bleiben.

Wir haben inzwischen unsere Weiterreise um einen Tag verschoben, nicht nur weil Hannes krank war und wir die Show statt gestern erst heute machen konnten; sondern auch weil wir alle etwas K.O. waren von dem geschehen und den letzten Reisetagen.
Dafür haben wir (Vinzent, Rebekka und Valea) gestern mit den Kids der Thulir Schule einen kleinen Workshop geführt. Heute hatten wir eine sehr schöne Aufführung.
Die Schule ist übrigens sehr klein, aber wunderschön aufgebaut – man würde sich wünschen seine eigenen Kinder in so eine Schule bringen zu können. Es ist, ähnlich wie in Gudalur eine Schule für die Kinder der hiesigen Tribes, die nebst einem Krankenhaus und einer Bio-Bauern-Kooperative zum Thulir Projekt gehört.

Es gibt dieses Mal nur ein paar Handy-Fotos… die Kamera ist ja weg.

Unsere Frage an euch, Clowns-Ohne-Grenzen-Gemeinschaft ist, ob jemand von euch eine Idee hat, was man in diesem Fall machen kann??!!! Denn wir würden Arun wahnsinnig gerne weiterhelfen!

19. und 20. Tag in Kanchipuram

27.12.2019

Langsam sieht man das Ende näher rücken…
Seid gestern sind wir in Kanchipuram an der Kattaikuttu Sangam, eine Schule deren Spezialität Kuttu ist. Kuttu ist eine traditionelle Form von Straßentheater, die es nur hier in Tamil Nadu gibt. Die Aufführungen gehen normalerweise viele Stunden lang – zum Teil die ganze Nacht über (all-night-shows). Zum Kuttu gehören nebst einer sehr karikierten Art zu Schauspielern, Musik, Tanz, Gesang und Rhythmus. Die Geschichten stammen fast alle aus der Mahabaratha.
In der Schule, die bis zur 12 Klasse geht wird die Zeit aufgeteilt zwischen akademischen Fächern und Kuttu-Fächern. Die Kinder kommen von umliegenden Dörfern, wohnen aber hier im Internat. Von der kurzen Zeit, in der wir hier waren, haben wir einen guten Teil mit den Kids verbracht. Sie sind sehr kontaktfreudig und sprühen nur so vor Energie und Neugierde. „Sir! Sir! Come! I want to show you something!“ – „Miss! Miss! Do you want to play?“ Sobald man aus seinem Zimmer rausgeht, hat man ein paar Freunde, die einem Folgen. Zum Essen sitzen wir alle zusammen in der Küche auf dem Boden und selbst da gehen die kleinen Scherze der Kinder weiter.
Unsere (vorletzte) Aufführung heute verlief gut und ruhig. Sie fand in kleiner Runde statt: nur noch 25 Schüler sind heute an der Kattaikuttu Sangam, gegen 50 letztes Jahr. Leider gab es in diesem Jahr viele Probleme, wegen Geld und Schulgesetzen, die sich verändert haben, was dazu geführt hat, dass die Schule sich von vielen Lehrern und Schülern verabschieden musste.
Aber dafür war das Publikum sehr aufmerksam. Es waren theaterkennende Augen, die uns entgegenblickten. Wir spürten, wie unsere Darbietung einerseits kritisch beobachtet, andererseits kennerisch wertgeschätzt wurde. Rebekka und Hannes waren letztes Jahr hier gewesen und hatten drei Monate lang Akrobatik unterrichtet. Deshalb wissen die Kinder auch, wie schwierig unsere Akrobatik-Elemente tatsächlich sind.
Heute Abend wird ein wenig Abschied gefeiert. Vor allem von Arun, unserem treuen Freund und Begleiter, der uns im kalten Winter Europas sehr fehlen wird. Wer weiß, ob man sich für eine nächste Reise wieder trifft…

21. und 22. Tag in Chennai

31.01.2020

…und schon sind wir wieder zurück, auf wohlbekanntem Boden. Gestern (Sonntag) um 12:15 sind wir am Zürcher Flughafen, nach einem recht turbulenten Flug, gelandet. Die Reise ist zu Ende – es wird aber wohl noch eine Weile dauern, bis wir innerlich wieder zurück sind und all das, was wir erlebt haben verdaut haben. Es wird sicher einige Nachklänge geben.

Ich ergreife da gleich die Gelegenheit und kündige schon mal an, dass wir wahrscheinlich ein Crowdfunding starten werden, um Aruns Fotoequipment wieder zurück zu erstatten. Da wir es nicht im Namen von Clowns Ohne Grenzen machen können, werden wir es privat ausschreiben. Aber wir hoffen natürlich auf eine Unterstützung eurerseits – die CLOG-Gemeinschaft ist ja ein grosses und wertvolles Netz!

Aber nun erstmal zu unserer letzten Show in Chennai.
Am Samstag nach dem Frühstück sind wir von Kanchipuram mit dem Auto nach Chennai zurückgefahren, wo Teni und ihre Familie uns schon erwarteten. Schnell noch etwas essen, dann hiess es aufwärmen, vorbereiten und während der Autofahrt schminken. Wir kamen auf einen grossen leeren Platz mit Sandboden. Dort war auf der einen Seite ein kleines Zelt aufgebaut, wo das Programm zum Schuljahresende für die Strassenkinder und -jugendlichen, um die sich die NGO von Teni kümmert, schon in vollem Gange war. Zu dieser NGO gehört unteranderem ein Kinderheim, dass Teni und ihre Familie mithilfe vieler anderer Menschen aufgebaut haben. Die Hilfe für Slum- und Strassenkinder scheint in Form von Netzwerken zu funktionieren. Es ist schwer überschaubar, was da alles gemacht wird. Bildung, Gesundheit, Drogenprävention u.A. – es wird hart gearbeitet, um den Menschen, die auf der Strasse leben, eine Möglichkeit zu geben, ein besseres Leben zu führen.

Für ebendiese jungen Leute haben wir gespielt. Die Spielkonditionen waren schwierig. Der riesige offene Platz, die aufgeregt unruhigen Kinder, der Autolärm im Hintergrund; all das war nicht gerade hilfreich um ein vertrauliches Klima zu schaffen. Aber wir schafften es, das Publikum mitzureissen. Besonders unsere Namen (die ja alle Essens- und Gemüsenamen auf Tamil sind) schienen den Kindern Spass zu bereiten.

Nachher durften wir den Gewinnermannschaften von den letzten Fussballturnieren Pokale überreichen. Welch eine Ehre. Danach wurden wir von der Masse an aufgeregten Kindern überfallen, die uns Hände geben wollten, nach unseren Namen fragten, und Selfies machten.

Das war also (vorerst?) das letzte Mal, dass wir als Dosa, Takkali, Appalam und Chai auf der «Bühne» standen… Schweren Herzens verabschiedeten wir uns auch von Arun, der mit dem Bus wieder in Richtung Mettupalayam fuhr (wo seine Sachen gestohlen worden waren) um dort nochmal mit der Polizei zu reden. Die Koffer voller Erinnerungen, die Herzen voller kinderlachender Augen, die Muskeln voller Müdigkeit, standen wir heute Mittag wieder in Zürich, ganz verloren in der Sauberkeit des schweizerischen Flughafens. An dem nebligen Hauch, der aus unseren Mündern kam, erkannten wir, dass hier der Winter auf uns gewartet hatte.
Somit verabschieden wir uns von euch, und hoffen, dass ihr unsere Reise mit Freuden mitverfolgen konntet!

Wanakkam! – Euer Tamil Nadu Team: Rebekka, Hannes, Vinzent, Valea und Arun

Fotos: Arun Ronny

Gepostet am

18.10.2019