2024 Armenien & Georgien


09.04.2024 - 23.04.2024

Georgia Huber, Stefan Knoll, Alex Strauß & Andreas Schantz (Clowns), Lela Ekhvaia (Tour-Logistik & Übersetzung Georgien) und Linnéa Knoll (Fotografie & Berichte)


Die Reise soll im Kern ein Versuch sein, vergessene Konflikte (Abchasien und Südossetien in Georgien) und „ignorierte Krisen“ wie den Krieg zwischen Aserbaidschan und Armenien um Berg-Karabach zu adressieren.

Itinerary Date :18.04.2024

Clowns ohne Grenzen in Armenien und Georgien– Barev Yerevan!

09.04.2024

Wir sind angekommen und bereit für die nächsten 14 Tage. Wir, das sind Georgia (Varung/Gurke), Alex (Tnoren/Chef), Andi (Sokh/Zwiebel) und Stefan (Khndzor/Apfel) und Linnéa hinter der Kamera.

Ein vermisster Koffer sorgt gleich zu Beginn unserer Reise für große Aufregung. Georgia ohne Kostüm, wie soll das gehen? Alex kramt kurzerhand in seinem Koffer und wird fündig: Passt, sitzt und sieht gut aus! Die Hoffnung, dass der vermisste Koffer doch noch rechtzeitig auftaucht, ist natürlich trotzdem groß.

Der erste Tag wird neben der Kostümsuche auch zum Proben genutzt und das Wohnzimmer wird kurzerhand zur Showbühne umfunktioniert.

Die Kostüme liegen bereit, Instrumente sind gestimmt und die roten Clownsnasen warten auf ihren Einsatz. Wir freuen uns auf eine spannende Zeit mit bunten Begegnungen und strahlenden (Kinder)lachen.

Die verlorenen Orte des Lake Sevan 🌿

10.04.2024

Juhu, was ein Glück!! Der vermisste Koffer von Georgia kommt tatsächlich in letzter Minute an. Da heißt es nur noch schnell Kostüm raussuchen und schon sitzen wir im Auto auf dem Weg zu unserer ersten Show. Wir fahren nach Vardenis, das liegt im Süd-Osten des Landes, nah an der Grenze zu Aserbaidschan. Der Weg führt größtenteils entlang des zweitgrößten Gebirgssees der Welt, dem Lake Sevan, der auf 1900 Meter liegt. Die Landschaft hier ist sehr karg und trist, die zahlreichen Bauruinen als Überbleibsel der Soviet-Ära machen das Bild komplett.

Wir spielen bei der Astghavard NGO for disabled children. Dort werden wir mit offenen Armen empfangen und auf Kaffee und Tee eingeladen. Die Verständigung ist nicht ganz leicht da kaum englisch gesprochen wird aber mit Händen und Füßen und der ein oder anderen Übersetzungsapp gelingt auch das irgendwie. Die etwas angespannte Stimmung ist hier schon gut zu spüren, überall findet man Plakate, wie man sich verhält, sollte man eine Landmine finden. An den Wänden hängen gemalte Kriegsbilder von den Kindern und auch auf den Straßen sieht man vermehrt uniformierte Personen.

Die Leitung der Einrichtung, Melanya, erzählt uns, dass die Kinder aus 26 umliegenden Dörfern zu ihnen kommen, mit einem Lächeln im Gesicht fügt sie hinzu, dass sie sich als „die Großmutter“ aller sieht 🙂 In der Einrichtung haben die Kinder ein breites Angebot an Kreativ- aber auch Therapieangeboten wie z.B. nähen, malen, Teppiche weben oder auch kleine Puppen herstellen. Eine solche bekommen wir zum Abschied geschenkt – unser Tour-Maskottchen.

Die Show findet in einem der kleinen Räume statt, zum Beginn der Aufführung werden hier auch noch letzte Büroarbeiten durchgeführt. Es sind gut 100 Kinder und Erwachsene da, die Stimmung ist gut und am Ende gibt es eine große Fotoaktion, jeder möchte ein Foto mit uns und die Aufregung ist groß. Man merkt, ein solches Event ist hier wirklich was sehr Besonderes für alle Beteiligten.

Die tanzenden Kinder von Berg-Karabach

11.04.2024

Heute geht es in den Norden des Landes, nach Spitak. Die Landschaft ist karg wie gestern, wenn auch nicht ganz so trist. Was besonders auffällt ist, dass es kaum Wälder gibt. Später wird man uns erzählen, dass nach der Auflösung der Sowjetunion die Menschen in den 1990er Jahren weder Strom noch Heizöl hatten und im Zuge dessen die meisten Wälder ringsum abgeholzt wurden, um daraus Brennholz zu gewinnen. Nur langsam gibt es wieder Aufforstungsprogramme, die das Gleichgewicht zurückbringen sollen.

Wir spielen im YMCA Spitak. Dort werden wir von der Leitung Alvard und einer Mitarbeiterin, die ins Englische übersetzt, begrüßt. Als wir unseren Kaffee trinken, werden wir vom Nachbartisch schon von 15 neugierigen Kinderaugen ganz genau beobachtet. Wir erfahren, dass nach dem Konflikt mit Aserbaidschan viele Familien aus Berg-Karabach nach Spitak gekommen sind. Die Aufteilung und Integration in der Gemeinde verlief sehr schnell und viele der Kinder werden hier im YMCA betreut, sei es im Kindergarten oder bei der Nachmittagsbetreuung im Anschluss an die Schule.

Schon während wir uns für die Show umziehen, geht immer wieder die Türe auf und ein neugieriger Kinderkopf kommt zum Vorschein, die Vorfreude ist deutlich spürbar und steckt an. Bei der Aufführung sind ca. 70 Kinder und Betreuer da. Darunter auch sehr viele sehr junge Kinder. Die Luft tanzt vor Aufregung und Neugierde und als die Clowns die Bühne betreten gibt es für einige kein Halten mehr. Da wird mitgetanzt, mitgefiebert, laut gelacht und gekreischt.

Kaum ist die Show zu Ende, wird kurzerhand eine Musikbox reingeschoben und aus der Anlage tönt ein uns sehr bekanntes “heid is so a scheena dog”. In kürzester Zeit entwickelt sich eine ausgelassene Tanzparty, alle sind auf den Beinen und schwingen das Tanzbein. Als dann noch “YMCA” ertönt hält es auch die Leitung nicht mehr aus und tanzt fröhlich mit.

Beim anschließenden Abschlussgespräch bekommen wir von der Leitung eines der schönsten Feedbacks: „Danke für eure so wertvolle Arbeit! Bei jeder anderen Show, die wir hier hatten, haben viele der Kinder zum Weinen angefangen, heute haben sie gelacht und getanzt!”

Andere Tränen ✨

12.04.2024

Für den heutigen Spieltag bleiben wir in Yerevan. Die erste Aufführung ist im House of Hope geplant, einem Haus für alte und arme Menschen, das auch für geflüchtete Kinder und Familien geöffnet wurde. Im September wurde Berg-Karabach nach einer zehnmonatigen Blockade von Aserbaidschan angegriffen, nach tagelanger Tour waren auch hier im House of Hope viele Familien angekommen; manche Frauen haben im Haus eine Möglichkeit gefunden, gegen Entgelt mit zu arbeiten.

Wir werden von Lena begrüßt, sie ist die Deutschübersetzerin in der Einrichtung und begleitet uns durch den Vormittag. Der Leiter der Einrichtung, Movses, ist ein sehr herzlicher, offener Mensch, der viele Geschichten zu erzählen weiß.

Bei der Vorstellung sind 111 Kinder und Erwachsene da. Lautes Lachen von Klein und Groß hallt durch die Räume und erfüllt uns mit einem Gefühl von Freude und auch Dankbarkeit. Im Anschluss werden wir zum Mittagessen eingeladen. Eine reichlich gedeckte Tafel mit allerlei armenischen Leckereien erwartet uns. Wir sind sprachlos, damit haben wir nicht gerechnet. Aber es zeigt uns auch noch mal deutlich, wie gastfreundlich und dankbar die Menschen hier sind und dass immer alles geteilt werden will. In einer der Ansprachen, die Movses hält, bleibt uns ein Satz ganz besonders im Gedächtnis: “Eine Sache hat mich heute ganz besonders gefreut. Die Frauen, die heute zugeschaut haben, vergießen oft Tränen der Trauer um ihre verlorenen Männer, heute haben sie aus Freude über ihre lachenden Kinder geweint”.

Die zweite Show spielen wir im Kinderkrankenhaus in Yerevan. Auch hier werden wir mit offenen Armen von der Leitung der Krankenhausschule in Empfang genommen. Hasmik erzählt uns etwas über die Geschichte ihrer Einrichtung, welche Kinder hier behandelt werden und welche Angebote es gibt. Wir spielen in einem Hörsaal. Der Platz ist begrenzt, die Tische sind festverbaut. Wir werden kreativ und nutzen diese als Bühne. Es sind 77 Kinder, Eltern und Ärzte aus verschiedenen Stationen da und das Lachen lässt den Hörsaal bunt erklingen.

Ein langer und sehr bewegender Tag geht zu Ende, und wir freuen uns auf den morgigen Tag, der schon unser letzter hier in Armenien sein wird.

Vibrierende Verhältnisse

13.04.2024

Auch unseren letzten Spieltag in Armenien haben wir in Yerevan. Über die Kollegen aus Spanien Payasos Sin Fronteras / Pallassos Sense Fronteres / Clowns Without Borders haben wir den Kontakt zu einem der Reception Center in Yerevan bekommen, das vom UNHCR Armenia betreut wird. Etwas außerhalb der Stadt in einer Hochhaussiedlung werden wir in Empfang genommen. Im Gang hängt ein Aushang in 6 verschiedenen Sprachen der uns bereits ankündigt, auch die ersten Kinder treiben sich schon auf den Gängen herum und sind sichtlich aufgeregt und sehr neugierig, wer wir sind. In dieser Einrichtung leben Geflüchtete aus verschiedenen Ländern, darunter Afghanistan, Syrien, Kuba und weiteren 20 Nationen, teilweise sind die Menschen erst vor kurzem in Armenien angekommen, manche jedoch haben bereits eine Aufenthalts-Duldung zugesprochen bekommen. Für die Geflüchteten aus Berg-Karabach ist die Einrichtung nicht zuständig, da diese einen armenischen Pass haben und direkt von staatlichen Stellen unterstützt werden.

Wir spielen auf dem kleinen Vorplatz der Einrichtung; gegenüber wird unter mehr oder weniger ohrenbetäubendem Dröhnen und Vibrieren eines der umstehenden Hochhäuser neu erbaut, wahrlich eine besondere Herausforderung. Jedoch: vor der Einrichtung stehen ein paar alte Bäume. Einer der Geflüchteten, ein älterer Herr, der vor 30 Jahren aus Baku gekommen war, hat in diese Baumgesichter geritzt, diese geben dem sonst sehr trist wirkenden Ort etwas Freundliches, Belebtes.

Zur Show kommen ca. 70 Leute, Klein sowie Groß, ein paar schauen aus ihren Fenstern zu, andere bleiben beim Vorbeigehen stehen. Die Kinder sind sichtlich aufgeregt, einige können kaum an sich halten. Anfangs ist es noch etwas unruhig, man hat das Gefühl, der eine oder andere weiß nicht wohin mit seiner Energie, manche sehen Clowns vielleicht zum ersten Mal. Am Ende sind aber alle in den Bann gezogen, fiebern mit und interagieren mit den Clowns.

Unser letzter Tag in Armenien geht langsam zu Ende, morgen früh geht es weiter nach Georgien. Eine Aufregende Woche liegt hinter uns mit vielen bunten, herzlichen und vor allem bewegenden Begegnungen und Momenten. Jetzt freuen wir uns auf die Zeit in Georgien und sind gespannt, was wir dort erleben.

Reise in die Vergangenheit 👣

14.04.2024

Gamarjoba aus Tiflis! unser erster Tag in Georgien

Mit einem kleinen Bus absolvieren wir die kurvenreich-rasante Walter Röhrl Gedächtnisfahrt von Yerevan nach Tbilissi. Schon bei der Pause sind wir alle etwas grün im Gesicht, als wir jedoch erfahren, dass unser Fahrer Jeside ist, wissen wir, wir sind in besten Händen und nichts kann uns passieren.

Wir hatten beschlossen, in Georgien Orte zu besuchen, an denen wir vor 14 Jahren schon gespielt hatten, um besser zu verstehen, wie sich geflüchtete Menschen in ihr neues Leben finden – oder ob sie das überhaupt wollen, geänderte Umstände annehmen, neue Perspektiven entwickeln.

Die erste Überraschung kommt prompt, das damals eilig an einen kargen Hügel neben der Autobahn gebaute Lager Tserovani ist zwischen den gewachsenen (und gerade blühenden) Bäumen auf den ersten Blick kaum in seinen Konturen zu erkennen, jedoch leben immer noch etwa 3000 Menschen hier die 2008 aus Südosetien geflohen waren. Die zweite Überraschung: nach der Show meint eine der für den Kindergarten Zuständigen, dass tatsächlich einige der Mütter über uns meinten: „Wir können uns an diese Menschen erinnern – schade dass es damals noch keine Handys gab, sonst könnten wir das zeigen.“

Später am Tag spielen wir für die Biliki Society in Gori; eine Organisation, ursprünglich für Straßenkinder gegründet, die mit verschiedensten Programmen und Aktivitäten die im Ort lebenden Menschen unterstützt. Unteranderem fällt darunter Kinderpflege und Unterstützung von Waisenkindern sowie die Stärkung der Gemeinde, allen voran denen, die unter der Armutsgrenze leben.

Festliche Stimmung kommt auf, obwohl das derzeit im Parlament behandelte „Agenten-Gesetz“ für Missverständnisse sorgt – und auf der Tour noch sorgen wird. Wir finden uns schon am ersten Tag in einer sehr komplexen Gemengelage mit der Frage, wer uns einladen wird. Der Wiedersehensfreude und dem Spaß bei den beiden Shows mit insgesamt 300 Zuschauern tut das jedoch keinen Abbruch.

🇬🇪 007 in der Pufferzone

15.04.2024

Das Agentengesetz sieht vor, dass alle NGO’s, die mehr als 20% ihrer Finanzierung aus dem Ausland bekommen, ihre Finanzquellen offenlegen müssen und potentiell als „Agent ausländischer Interessen“ gekennzeichnet werden; dies soll laut Parlament für mehr Transparenz sorgen. Pro-europäische und pro-russische Interessen sind verwoben; warum sollte der weltweite Kampf um Deutungshoheit und Narrative ausgerechnet vor Georgien Halt machen. Das bekommen prompt auch wir zu spüren, in dem tatsächlich Einrichtungen unseren Besuch absagen. Immerhin – andere wiederum wollen unbedingt.

Heute finden wir uns in der Pufferzone wieder, Odzisi ist das letzte georgische Dorf, 2008 rollten auch hier die Panzer, heute stehen 1 km weiter die russischen und ossetischen Soldaten. Holz zum Heizen auf den Hügeln sammeln ist keine gute Idee, bei Verhaftung drohen hohe Geldstrafen. Die Kinder leben in ständiger Angst, da bei militärischen Übungen scharf geschossen wird. Akhalgori, das nächste Dorf, wo Verwandte leben, ist unerreichbar, die Grenzen sind dicht. Niemand will hier bleiben, im Dorf wurde letztes Jahr ein einziges Kind geboren, buchstäblich alle Kinder, die noch hier leben, sind heute bei der Show. Für die Dorfbewohner ist es schlicht nicht zu glauben, dass wir heute wirklich hier sind. Schon sehr lange kommt niemand mehr hierher. Die Freude und Begeisterung ist riesig!

Später am Tag besuchen wir Preseti, ein Lager an einen Berghang gebaut. Wir zeigen der Erzieherin im Kindergarten Bilder, auch hier waren wir vor 14 Jahren schon. Sie ist überrascht und erkennt alle – „der Mann auf diesem Bild ist leider schon gestorben“ und „der hier hat gerade angefangen zu studieren, der ist schon fertig – und der hat gerade geheiratet..“ Die Jungen meint sie, haben die Anbindung an die alten Dörfer verloren und diesen Ort als ihr zu Hause akzeptiert. Auch hier haben die Kinder einen Riesenspaß an den Clowns.

Zum Abschied dürfen wir beim Tanzunterricht der Jugendlichen zuschauen. In den energetischen und faszinierenden Tänzen geht es immer um Krieg. Und.. wer weiß, ganz am Ende aller Kriege, vielleicht auch ein klein bisschen um die Liebe.

Ararat meets Kazbek - 5000er unter sich 🏔️

16.04.2024

Ein weiterer Tag in Georgien 🇬🇪…

Waren wir neulich noch am Ararat in Rufweite der türkischen und iranischen Grenze, sind wir nun am Fuße des Kazbek, einen Steinwurf von der Russischen entfernt. Alleine dieser Umstand lässt darauf schließen, dass sich hier auf kleinem geographischem Gebiet immer schon große politische und wirtschaftliche Interessen begegnet sind. Selten friedlich.

Auf der alten georgischen Heerstraße, deren Verlauf wohl schon seit zwei Jahrtausenden als Durchgangsroute dient, müssen wir teils im Schrittempo über die bis zu 2400m hohen Pässe fahren, um hierher zu kommen; Gewaltige Bergwelten geben Zeugnis, wer hier das Sagen hat, Wintersportorte für die indischen Gäste werden von durch Lawinenabgängen beschädigten Straßen durchquert, von einem bis zum anderen Horizont wartende Lastwagenkolonnen bilden die Verbindungsadern durch den Kaukasus.

Hier oben, zwischen den bis zu 5000m hohen Bergen, spielen wir heute erst unsere größte und danach unsere kleinste Show. Die Kulisse ist surreal bis sensationell. in Stepanzminda kommen beide Schulen des Orts auf dem Sportplatz zusammmen und über 300 Kinder und Erwachsene fiebern und lachen mit den Clowns mit und erbitten nach der Show mindestens 30000 Selfies. Hierher kommen zwar viele Touristen, kulturelle Veranstaltungen jedoch sind absolute Ausnahme. Nach der Show werden wir vom Bischof von Kazbegi zum Tee gebeten, er erzählt uns von der Gründung einer der Schulen, die er vor vielen Jahren veranlasst hatte, und von den zahlreichen überwundenen Hürden und erzielten Erfolgen die es braucht, um den Menschen hier oben wichtige Hilfestellung bei verschiedensten Problemen zu geben.

Später dann, in Kanobi, haben wir fast so viele Kühe als Zuschauer wie Kinder. Und Mütter, die richtig Bock auf schräge Clowns haben. 30 Familien leben hier, noch vor zehn Jahren war das Dorf fast verlassen – der Bischof und weitere Engagierte sorgten mit verschiedenen Initiativen und Erleichterungen (bspw. Gas fast zum Nulltarif) dafür, dass Menschen nach Kanobi und andere Dörfer zurückkehren. Und hier bleiben wollen, im Vertrauen auf eine schöne Zukunft.

Unser vorletzter Tag in Georgien 🇬🇪: Die singenden Herzen von Qedeli 🎶💗

17.04.2024

Für unseren vorletzten Spieltag geht es ganz in den Osten des Landes, nach Kachetien, nah an der Grenze zu Russland und Aserbaidschan.

Nach einer sehr lustigen und aufgeweckten Show im Stadtpark von Tsnori unterhalten wir uns noch lange mit Nana, der heimlichen Bürgermeisterin von dem Ort, einer kleinen Stadt im Herzen Kachetiens. Nana fühlt sich ein bisschen so, sagt sie, und sie tritt auch so auf, weltgewandt, engagiert, herzlich und auch ein wenig störrisch, in dem Sinne, die lokalen Verwaltungsstrukturen „zu pieksen“, um Projekte in Bewegung zu bringen. Ein großes Vergnügen, ihr zuzuhören, wenn sie begeistert erzählt, wieviele Ideen sie mit ihrem Team vom “Knowledge Café” umsetzt – vielfach eher für ältere Menschen und erwachsene Bedürftige, aber immer wieder auch für Kinder. Um Ideen ist sie dabei nicht verlegen; ihre Aktion „Spende einen Ziegelstein“ für das neue Begegnungszentrum (in jeden Ziegel wurde der Name des Spendenden eingraviert) sorgte im ganzen Land für Furore. Menschen wie Nana sind es, die vielen eine Hoffnung geben.

Am Nachmittag steht uns ein emotionaler Höhepunkt unserer Tour bevor; der Wieder-Besuch der Behinderten-Einrichtung von Qedeli. Auch hier waren wir vor 14 Jahren schon, auch hier leben einige Menschen, die wir noch von damals kennen, auch die Leiterin und ihr Mann. Auch sie sind aufgewühlt, weil niemand den Weg und das Ziel kennt, den das Land gehen wird, mit dem Agenten-Gesetz, und überhaupt. Für die zwei Stunden unseres Besuchs verfliegt das, die Vorfreude und Stimmung sind enorm, die Bewohner voll auf Sendung, lachen und feiern und tanzen wild mit den Clowns, und geben als Dankeschön ihrerseits ein halbstündiges Konzert mit georgischen Liedern. Jedem europäischen Konzertsaal würdig.

Immer wieder: Es braucht nicht viel, um großartige Ideen und Projekte in die Tat umzusetzen. Ein bisschen Mut, Glück und den Moment, in dem wir beginnen, es zu tun.

Unser letzter Tag in Georgien 🇬🇪: Tiflis, 5. Mai 2038 🗓️

18.04.2024

Wir fragen Lela, wie Georgien in 14 Jahren sein wird. Sie antwortet: „deutlich näher an Europa, einige Probleme werden wir nicht mehr haben… dafür vielleicht neue Herausforderungen.“ Die Wette gilt – wir stellen uns amüsiert vor, in weiteren 14 Jahren einmal mehr für die uns liebgewonnenen Menschen zu spielen.

Vielleicht ist das auch gar nicht so absurd; die Zeit birgt oft genug das Relative und schenkt recht gern das Surreale. Unseren Abschied beginnen wir in einer Siedlung in Tiflis, in der vor gut 30 Jahren Geflüchtete aus Abchasien unterkamen. Damals kam es zu schweren bewaffneten Kämpfen zwischen Georgien und Abchasien, nachdem diese die Unabhängigkeit erklärten. 250 000 Menschen mussten aus dem umkämpften Gebiet fliehen, viele davon nach Georgien.

Heute wirkt das so, als ob sich hier in den 30 Jahren nicht einmal ein Kieselstein bewegt hätte, geschweige denn Sanierungen oder Reparaturen auf der Tagesordnung stehen. Wenn Geflüchtete so wie hier in Hochhäusern quasi schon in dritter Generation leben, scheint das so, als wären sie komplett vergessen worden und mittlerweile mit ihrer Umgebung verschmolzen. Dies wohlgemerkt äußerst vergnügt über unser Erscheinen und die Freude der Kinder.

Als Dankeschön für die viele Hilfe auf der Tour spielen wir unsere letzte Show in Lela´s Einrichtung Association Life Chance; der Schwerpunkt der Organisation besteht in der Betreuung von jugendlichen Waisen, die nicht nur logistische Hilfe für ihre Anliegen bekommen, sondern auch verschiedene Fortbildungsangebote wahrnehmen können. Wie schön, dass sie und die anderen Erwachsenen es sich nicht nehmen lassen, genauso Spaß an der Show zu haben wie die Kinder.

So gehen aufregende und intensive 14 Tage zu Ende und noch in der Nacht steigen wir in den Flieger heimwärts. Das Herz voll mit anrührenden Begegnungen und Momenten und dem glücklichem (Kinder)Lachen im Ohr.

Gepostet am

25.10.2023