Wir sitzen wieder im UNHCR-Auto und fahren voraussichtlich 2 Stunden nach Torbat-e-jaam, Zeit, Informationen aufzuholen. Gestern war es viel zu spät um auch nur einen einzigen Buchstaben verfassen zu können.



Wir sind mittlerweile in Mashhad, 900km nördlich von Kerman.
Mashhad ist die 2.größte Stadt Irans, mit ca 2,5 Millionen Einwohnern. Hier steht der Heilige Schrein des Imam Reza, eine Pilgerstadt für shiitische Moslems.
Am Sonntag sind wir hier angekommen, haben zum Amusement der Angestellten unser Hotel bezogen. Nachdem wir uns alle installiert hatten, hatten wir die Riesenfreude unseren Freund Behnam Moharrek vom UNHCR zu begrüßen. 2014 hatten wir die Ehre, ihn in Kerman kennenzulernen, letztes Jahr besuchte er unseren Clownskurs, den die giz in Gaziantep für die syrischen NGO-psychosocial-support Menschen veranstaltete. Heute ist er wieder unser Begleiter.
Doch einen Tag zurück:
Gestern begann der Tag für Reza mit Interview mit Walter, zeitgleich sprachen wir wieder unser Stück durch, strafften die Längen, gaben mehr Raum für die Sachen, die die Kinder lustig finden, ein häufiger Nachkorrekturvorgang auf Reisen. Um 11 Uhr holte uns Frau Ramazan Zadeh ab. Wir hatten sie am Abend zuvor getroffen, für notwendige Informationen zu den Einrichtungen und um das Procedere für den folgenden Tag, also gestern, durchzusprechen. Sie gründete Khaneh Fereshtegan (dt. Haus der Engel) für Kinder jeden Alters mit unterschiedlichsten schwierigen Vergangenheiten.
Wir kamen an, nachdem wir ein Missverständnis ausgeräumt hatten, saßen wir mit ca 30 Mädchen und 15 Angestellten im Riesenwohnzimmer, tranken Tee, aßen köstliche Datteln und lernten einander kennen. Endlich! Bislang kamen wir immer an und mußten aus Zeitmanagementgründen immer gleich losspielen, und entweder mußten danach wir oder die Kinder gleich weiter. Das geht natürlich, aber schöner ist es, wenn man vorher und nachher Zeit haben kann. Wir spielten also im Wohnzimmer unsere Show.







Als Hepp, ohne sich den Kopf an der Decke anzuhauen, auf der Bergsteigerleiter stand, wurde die Vorstellung plötzlich durch den Besuch eines Herren mit einer Dame unterbrochen. Die Kinder standen alle auf, er nahm Platz, wir spielten weiter. Im Anschluß gab es eine nicht enden wollende Foto- und Autogrammsession.





Es stellte sich heraus, daß der Herr der Chef of Statewelfare von Mashhad war. Er amüsierte sich königlich und sagte beim Abschied, daß er uns in Zukunft 100% unterstützen wird, daß wir seine ausdrückliche Genehmigung haben, alle weiteren Institutionen zu besuchen: "I can give You a huge list."
Wir durften mit allen zusammen Mittag essen, und hatten viel Zeit für Begegnungen, lernten viele persische Wörter von unseren engagierten kleinen Lehrerinnen.
Das Mißverständnis am Anfang zeigte uns wieder mal, wie vollkommen verloren wir ohne Übersetzung sind. An dieser Stelle möge unserem Engel Reza gedankt sein, für seinen unfassbaren, unendlichen Einsatz für uns, für die Sache der Clowns ohne Grenzen, zum Wohle der Menschen in Krisensituationen.....
Zurück ins Hotel, Requisiten reparieren, etc. Um 17.30 Uhr gings zum
Imam Javad Hospital for Disabled people.
Die erste Information war, wir spielen dort unsere Show, doch schnell war klar, es befinden sich weit mehr Menschen in den Betten, als in der Lage sind, zur Show zu kommen, also gingen wir erstmal los.



Es ergab sich, daß wir, noch in unseren ganzen Winterklamotten mit den Instrumenten durch die mit Glaswänden verbundenen 7 Stationen, à 10-15 Betten, die Kante an Kante standen, gingen und die Herren jeden Alters besuchten, jedem Einzelnen begegneten. Eigentlich ein Wunder, daß keine Rauchwolken aus unseren Klamotten aufstiegen.... bei der äußeren und inneren Hitze...
nach ca 1,5 Stunden zugen wir uns um, und spielten unsere Show mit unglaublich kompakter Energie für ca 35 hauptsächlich ältere mehrfach behinderte Damen und den ca 15 Personen umfassenden Pulk von Menschen, der uns begleitete und bestaunte. Im Abschluß hatten wir auch noch mit jeder der Damen im Publikum und in den Zimmern Einzelkontakt.





Es ist doch immer wieder ein Wunder, was Musik, Berührung und aufrichtige Begegnung bewirken, bei allen Anwesenden. Ich war wieder mal unendlich dankbar für meine langjährige Erfahrung als KlinikClown und meine 9 Jahre Theaterarbeit mit den blinden und mehrfach Behinderten der sww München!
Und ich war/bin unendlich dankbar für meine großartigen Kollegen Moni und Andreas, die ich, auch wenn ich sie nicht sehen konnte, immer hörte und spürte. Nicht zu vergessen Walter, der uns mit weitem Herz und Augen und Kamera begleitet!
Nach dem Abendessen mit unseren vielen Begleiter/Innen, einer wahren Wäschewaschorgie trafen wir uns spät beim Chai zur täglichen Feedbackrunde in unserem Wäsche-Kostüme-Requisiten-Proben-Chaoszimmer.
Tiefe Gespräche, die wir aus Vernunftgründen ob der bevorstehenden Kürze der Nacht dennoch bis zum Ende aber nicht ausufernd führten.
Jetzt sind wir bald da, die Socken die romantisch am Autofenster zum resttrocknen hängen, sind bald wieder an den Füßen, in den Schuhen, Hosen, unter Rock, Bluse, Hijab, Frack, ready for the next load of Impresssionen, Emotionen....
Danke, daß ich hier sein darf, danke an die Engel in all den Institutionen, die jeden Tag mit Hingabe ihren Dienst tun, daß die, die keine Chance in dieser Welt, in diesem Leben hätten, trotzdem ein Leben in Würde mit Freude haben können!
Susie.