Der letzte Showtag hat uns heute Morgen in ein Feriencamp an einer Schule in Sukth i Ri geführt. Den Kontakt hat wieder unsere fleißige Unterstützerin Ledia von „Save the Children“ hergestellt. „Save the Children“ unterstützt das zweiwöchige Feriencamp an der Schule mit unterschiedlichen Aktionen u.a. mit Spiel, Sport und einer Show von „Clowns ohne Grenzen e,V,“. Für das Feriencamp sind laut der einzigen anwesenden Betreuerin, die auch Lehrerin an der Schule ist, 90 Kinder angemeldet. Etwa 50 davon waren heute da. Wir wurden auch ganz begeistert und erwartungsvoll empfangen und durften uns in der Schule umziehen. „Ihr könnt alle Klassenzimmer nutzen!“ war das freundliche Angebot, während die Gitter zum Haupteingang zugeschoben wurden. (Es sollte sich noch herausstellen, warum die Gitter am Eingang keine schlechte Idee waren.) Das ließ sich Niko nicht zweimal sagen und zitierte uns bereits „clownifiziert“ in ein Klassenzimmer für ein paar Gruppenporträitfotos. Nachdem die Dokumentationsarbeit getan war, machten wir uns musizierend und tanzend auf den Weg zu unserer Bühne – einem schattigen Plätzchen auf dem Sportkieselsteinplatz. Neben diesem eher ungemütlichen Platz zum Austoben haben wir so gut wie nichts, was Raum zum Spielen bieten könnte, entdeckt. Umso begeisterter waren die Kinder und ein paar Jugendliche, als wir mit der ersten Nummer begonnen haben. Sie zeigten vollen Einsatz beim „Hello“-Spiel und schafften eine dichte und immer dichter werdende Atmosphäre. Während der nächsten Nummern mussten wir deshalb immer wieder den Bühnenbereich erweitern und die Kinder ein paar Schritte zurück bitten, was nie lange gehalten hat. Schließlich wurden wir nahezu umzingelt. Jeder wollte aus nächster Nähe einen Blick auf die Clowns erhaschen – irgendwann blieb es dann nicht nur bei den Blicken sondern es kamen Versuche dazu Keulen, Jungfrauenfüße und Luftballons aus dem Showkoffer zu stibitzen. Mit erhöhter Aufmerksamkeit spielten wir die Show zu Ende machten uns auf den Weg zurück in die Schule. Das ist allerdings leichter gesagt als getan, wenn ein paar Jungs einen partout nicht gehen lassen wollen, auf den Instrumenten rumtrommeln und an Hosenträgern oder Hüten zerren. Mit vielen freundlichen aber bestimmten „Jo Jos“ (albanischen „Nein Neins“) haben wir es in die Schule geschafft, konnten unsere Fans vor der Eingangstür abwimmeln und das rettende Gitter schließen. Außerhalb der Schule hatte derweil unser Fahrer Günther mit einer Meute zu kämpfen, die unbedingt ein paar Andenken ergattern und den Showkoffer aus dem Bus schütteln wollte. Wo die Betreuerin derweil war? Keine Ahnung – aber verständlicherweise war sie bei einem Betreuungsschlüssel von 50:1 bestimmt etwas überfordert mit den vielen Kindern, die in den Ferien ein bisschen Aktion wollen. Wir haben uns schließlich von der Hausmeisterin und nach zwei/drei Selfies mit den Jungs schnell in den Bus gesetzt. Das Tor zur Ausfahrt haben netterweise zwei Jungs für uns „aufgeknackt“ und nachdem sie den Kofferraum unseres fahrenden Autos nicht mehr aufbekommen haben, ließen sie uns ziehen.

Auch wenn die Show sehr anstrengend war, waren wir im Endeffekt mit unserer Show wieder genau am richtigen Ort. Einem Ort an dem ein humorvoller Umgang miteinander, die Freude am Spiel und ein Portion kulturelle Bildung auf fruchtbaren Boden fällt. Dieser ist nur leider noch sehr steinig und Bedarf viel Bewässerung und intensiver Düngung mit Spiel- und Kulturangeboten, die Spaß machen. Der Großteil der Kinder hat unsere Show auch ohne aktives „Bespielen“ der Clowns sehr genossen, hat viel gelacht und einen ganz besonderen Vormittag erlebt. Dran bleiben heißt die Devise – für uns, für „Save the Children“ und für alle Zuständigen des albanischen Bildungssystems. Lasst uns weiter spielerische und kulturelle Erfahrungsräume für die Kinder schaffen. Die letzten neun Tage zeigen, wie gut es Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen tut, einmal der Realität entfliehen zu können, die Dinge mal nicht ganz so ernst zu nehmen und mit allen gemeinsam herzhaft zu lachen!

Liebes Albanien, es bleibt spannend und ich komme immer wieder gerne auf eine Partie vorbei!
Michi

Und wie so oft, Zaungäste

Die etwa einstündige Heimfahrt führte uns wieder durch die spannende Welt des albanischen Straßenverkehrs in der noch das Recht des stärkeren und schnelleren regiert. Nach gerade mal zwanzig Jahren privaten Autobesitzes herrscht auf den Straßen ein eigenwilliger Mix aus eindeutigen Verkehrsregeln inklusive Beschilderung und einem kollektiven Verständnis von Vorfahrt – oder halt nicht Vorfahrt. Eine Anleitung: Willst Du in Albanien irgendwo ankommen, solltest Du die anderen Verkehrsteilnehmer möglichst ausblenden, Dein Ziel fixieren und auf die Strecke auf möglichst gerader Linie zurücklegen. Verkehrsschilder sind hierbei nur als Empfehlung zu sehen. Solltest Du diese aus Versehen dennoch ihrer Bedeutung nach beachten, weisen Dich Deine Kollegen auf der Straße mit einem freundlichen Hupen daraufhin, Dich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren. Genauso kommen täglich tausende albanische Fußgänger, Rad-, Auto und Motorradfahrer sicher ans Ziel. Verpasse es auch nicht, am lustigen Ampelspiel zu beteiligen, für das die albanische Regierung extra Sekundenzähler über den Lichtsignalen installiert hat, welche die Zeit bis zum nächsten Lichtzeichenwechseln herunterzählen. Das Spiel funktioniert so: Wer als erstes hupt, wenn die Ampel auf Grün geschaltet hat, hat gewonnen. Viele Albaner sind echte Meister und hupen schon im selben Moment des Lichtwechsels. Beeindruckend! Wer sich in diesem Spiel zu den Fortgeschrittenen zählen kann, hat auch kein Problem die kleinsten Lücken zu nutzen, um andere Verkehrsteilnehmer zu überholen, Rechtsabbiegerspuren zum Linksabbiegen zu nutzen und deutsche Tourbusfahrer so zu schneiden, dass dieser sich zum Wohle seiner Mitfahrer freiwillig hinten anstellt. Aber keine Sorge – auch für Albanien-Anfänger ist gesorgt. Dafür stehen rund um die Uhr Polizisten an den Straßen, die nicht nur albanische Kraftfahrzeugführer herauswinken – vermutlich, um ihnen ihren aktuellen Punktestand mitzuteilen – sondern Dir auch helfen, Dich zurecht zu finden. So hatten wir einmal das Problem, nicht zu einem Auftrittsort zu kommen, weil dieses runde rote Schild mit dem weißen Balken in der Mitte als das bei uns verbreitete „Einfahrt verboten“-Schild interpretiert haben. Ein netter Polizist sowie ein freundlicher Albaner haben uns erklärt, dass das nichts zu bedeuten hat und wir ruhig andersrum in die vermeintliche Einbahnstraße fahren sollten. Alles in allem ein Verkehrssystem in dem jederzeit jeder auf den anderen achtet – bzw. achten MUSS!

Mitten auf der Autobahn, und teilweise zu dritt nebeneinander

Helmpflicht, die Verkehrsüberwachung geht mit gutem Bespiel voran.

Die Abbiegespur auf der Autobahn

Ach übrigens: Autobahnausfahrten erkennt man in Albanien an tiefen Schlaglöcher und fehlender Fahrbahnmarkierung. Und auf die Autobahn aufgefahren wird im 90°-Winkel, damit die nachfolgenden Autofahrer einen auch gleich sehen und in das Verkehrsspiel aufnehmen können. Meistens verleihen die neuen Mitspieler ihrer Freude mit lautem Hupen Ausdruck.

Und der Beschleinigungsstreifen
Wenn wir uns auf unseren Fahrten nicht gerade mit Verkehrschilderrätselraten beschäftigt haben, begutachteten wir die äußerst facettenreiche Architektur Albaniens. Diese besteht zum einen aus sehr liebevoll und individuell gestalteten Häuschen – viele davon im Stil verzauberter Märchenschlösser – und zu anderen aus jeder Menge unfertiger Bauten, bei denen nur Fußboden, Decken, tragende Säulen und Treppen ohne Geländer fertiggestellt wurden. Warum das so ist – konnte uns bisher noch keiner erklären. Fehlende Genehmigungen, mangelnde finanzielle Mittel, keine Lust mehr – das könnten alles Gründe sein …

Hunderte dieser Bauruinen in jedem bereisten Landstreich