Anreise in Bursa
5. Tag – 28. Mai
Zusammenpacken und pünktlich um 9 Uhr ins Auto von Ugur steigen. So begann unser Tag. Wir waren so flott, dass wir sogar noch eine Stunde früher den angepeilten Bus nach Bursa vom Busbahnhof in Istanbul erwischten.
Allein die Fahrt dorthin fühlte sich schon anders an, weil außer uns Clowns, Manfred (Fotograf) und unser Fahrer niemand mehr im Auto saß. 
Petra, Tijen, Merve, Adem, Enis,… alle sind sie nun wo anders unterwegs und unsre Wege haben sich nach doch kurzer Zeit wieder getrennt. Das, was wir miteinander geteilt haben, war jedoch so groß, das die Lücken, der freie Platz im Auto noch größer erschien als ohnehin schon.
Diesmal führte uns ein anderer Weg nach Bursa. Länger. Bei der letzten Anreise nach Bursa fuhren wir länger Boot, weniger auf der Straße und waren 3 Stu. früher dort. Heute waren es 6 Stunden, die wir von Haustür zu Haustür benötigten. Mehr als von mir morgens noch in meinem jugendlichen Sinn angenommen. Istanbul wollte und wollte nicht aufhören. So groß ist diese Stadt. Es ist wirklich unfassbar. 
Nach 2 Stunden Busfahrt kamen wir auf unserem Boot an, das uns über den Bosporus fuhr. Wir lüfteten („lütfen“ten … lütfen = bitte – auf türkisch) auf Deck unser Haar und die Gedanken. Die Herren zogen ihre Hüte etwas tiefer, um ihn nicht aus Versehen bei einem vorbei kommenden Windstoß zu verlieren.

Nach der 40 minütigen Bootsfahrt waren es also nochmals gute 1 1/2 Stu. durch eine unglaublich schöne, grüne Landschaft mit Kühen, Störchen, Olivenhainen bis wir schließlich an Bursas riesigem Busbahnhof ankamen. Nach 5 Schritten auf Bursas Boden erkannte ich von weitem Murat, der bei unsrer letzten Reise nach Bursa gemeinsam mit seiner Frau Hilary ein Engel auf Erden war und uns für die kommenden Tage gemeinsam mit Firas (er kann englisch) und Akram (er französisch) die Organisation, den Fahrdienst sowie die Übersetzung übernimmt. 
In Murats Auto befand sich noch ein Stecken fürs Tellerdrehen, den wir vor 1 1/2 Jahren bei ihm vergessen hatten. Als erstes überreichte er mir diesen zurück… Ich hab mich so gefreut!

Andreas und Stefan fuhren gemeinsam mit Firas im Bus zu unsrer Unterkunft, die Damen und Manfred sowie unser Gepäck fanden bei Murat Platz.
Auf der Fahrt tauschten wir „alte“ Geschichten von „damals“ aus, lachten gemeinsam über Erinnerungen, die wir in nur 2 Tagen im Oktober 2014 geschaffen hatten, sprachen über die aktuelle Situation, über das Gefühl, dass sich über die meisten Türken bzw. in der Türkei lebenden ausbreitet.

Stefan erzählte, dass sie auf der Fahrt vom Busbahnhof zu unserer Wohnung Firas erzählten, dass wir zum Einen unsre bisherigen Namen (Ayran, Ekmek, Semit, Köfte) in CousCous, Humus, Salata, Falafel wandelten, da wir bemerkt haben, dass die meisten v.a. eben syrischen Kinder auf die eher türkisch angehauchten (Essens-)Namen nicht so reagiert haben. Als Stefan auch noch seine Zählkünste 1, 2, 3 (Achtung: Lautschrift… woached, tnehn, dlaate) auf arabisch vorführte, war Firas sichtlich berührt von der Mühe die wenigen Brocken arabisch auszusprechen. Überhaupt haben wir das hier bisher immer wieder in Begegnungen mit Syrern erlebt, dass sie sich so sehr darüber freuen, wenn man seine wenigen arabischen Kenntnisse mit ihnen teilt. Da funkeln die Augen plötzlich viel mehr und ein Lächeln miteinander ist so einfach geschafft.

Firas und Akram sind vor 6 Monaten in die Türkei aus Syrien geflohen und haben ihre Frauen und Kinder dabei. Was sie erlebt haben können wir uns nicht vorstellen.

Genau gegenüber unsrer Wohnung befindet sich das Bursa Office von Syrienhilfe e.V. – dort werden im Moment ca. 30 Frauen Türkischunterricht gegeben, Ansprache, Fürsorge, Kleidung und das Notwendige geleistet.
Ein unglaublich warmer Empfang mit typisch syrischem Essen, Spezialitäten aus Damascus, Homs, Aleppo wird uns von 3 Frauen im Office bereitet. Wir sitzen zusammen, versuchen uns mit Händen, Füßen, Zetteln, Englisch, Französisch, Türkisch, Arabisch zu verständigen und haben viel Freude miteinander. Es ist so unglaublich spürbar, dass wir uns alle freuen miteinander sein zu können, trotz sprachlicher Barrieren. Die können weg gelächelt und ausgehalten werden. Immer wieder hören wir, wie sehr sie sich freuen, dass wir hier sind.
Wir erkunden unsere Nachbarschaft. Unser 1. Spielort auf einem Schulgelände Morgen liegt nur 200 m entfernt. Nachdem wir vormittags „frei“ haben, beschließen wir gemeinsam mit Murat einen Walkact vorab zu veranstalten, um in der Nachbarschaft auf uns aufmerksam zu machen. 
Wir wollen nichts unversucht lassen, um die Anzahl der Kinder und Erwachsenen im Publikum zu erhöhen.

Zum 1. Mal auf einer Clowns-Reise haben wir als Unterkunft Wohnungen zur Verfügung, in denen wir uns selbst versorgen können. Der Kühlschrank wurde von Murat zuvor liebevoll befüllt. Wir sitzen auf unserem Balkon und sprechen über bisherige Erlebnisse, Gespräche, Eindrücke, Gefühle,… es ist und tut gut, sich immer wieder zusammen zu setzen und miteinander auszutauschen. 
Die Gedanken, und es sind nicht immer einfache, ähneln sich doch. So hat man immer wieder die Sicherheit nicht allein damit zu sein. 
Danke.
Miriam