Die Sonne geht hinter den Bergen auf und der Fluss „Fan i Madh“ zieht im Sonnenschein glitzernd seine Bahnen durch Albaniens beeindruckende Berglandschaften. Kleine Wellen hüpfen fröhlich von Biegung zu Biegung, unter wackeligen Brücken hindurch und Felsvorsprünge hinunter. Durch Steinwände und Erdhügel zwängen sich tausende Wassertropfen, um sich gemeinsam Gefälle von bis zu 100 Metern hinunter zu stürzen. Manche davon benässen die Reifen eines von der langen Reise mittlerweile staubgrauen Mini-Busses mit vier gut gelaunten Clowns, einem albanischen Mitarbeiter der Missions-Station von Schwester Gratia sowie einem äußerst versierten Fahrer an Bord. Dieser manövriert das Gefährt elegant durch die Serpentinen, Schlaglöcher und Steinbrocken, die die Straße durch die Idylle säumen.

Wir sind unterwegs zur Schule in Gjegjan die mitten in den Bergen Kindern von der 1.-12. Klasse die Möglichkeit gibt, sich kostenlos ausbilden zu lassen. Die Qualität der Ausbildung ist allerdings umstritten, da die Schule sich um zu viele verschiedene Klassenstufen mit wenigen Vertretern der jeweiligen Altergruppen kümmern muss. Unser Fahrer Pavlin, der ebenfalls in den Bergen um Shkodra wohnt, hat sich deshalb entschieden, seine Kinder in der Stadt und nicht in den Bergen zur Schule zu schicken. Auch die Schönheit der Gegend täuscht gerne über die prekären Verhältnisse, in denen die Menschen hier leben hinweg. Armut und Arbeitslosigkeit trieben die Menschen weg von hier in die großen Städte, in denen das Leben meist nicht einfacher ist.

Genauso strahlend wie die Sonne empfing uns das gemischte Publikum aus über 200 Kindern und Jugendlichen auf einer Tribüne vor dem Volleyballplatz, der für heute Vormittag unsere Bühne sein sollte. Die Zuschauer bedachten unser Spiel sitcom-mäßig im gefühlten 10-Sekunden-Takt mit Applaus und Gelächter, was uns trotz erster Ermüdungserscheinungen nach sieben Tage Tour zur Höchstleistung auflaufen ließ. Neben fröhlichen Grundschulkindern hatten wir vor allem auch die Jugendlichen im Boot, die mitfieberten und mitfühlten. Topa musste böse Blicke von einem Jugendlichen ertragen, als er Nuhatje den Modellierballon auf die Finger schnalzen ließ. Und Pité bekam – vielleicht ein bisschen aus Versehen – eine Rose von einem Jugendlichen angeboten. Doch Pité entschied sich am Ende doch für seine Deti, die er nun schon zum 15. Mal auf dieser Tour bezirzen durfte. Ein frenetischer Applaus mit Standing-Ovations begleitete uns zurück in die Garderobe alias Computerraum der Schule.

Nach kurzen Pläuschchen mit den Lehrern und Schülern stiegen wir wieder in unseren Mini-Bus, der uns wieder schlängelnd und holpernd durch die wunderschönen Landschaften heraus aus der Idylle zurück in die Ebene – in die Stadt Shkodra – brachte.

In Shkodra fuhren wir geradewegs zum Stadtdomizil unseres Fahrers, der sich schon sichtlich über das Wiedersehen mit seiner Familie freute. Kurzerhand setzte er uns in seinem Stammrestaurant ab, die uns mit kalter Cola versorgte, während er kurz bei sich zu Hause vorbeischaute. Erfrischt von Cola und Familie machten wir uns auf den Weg in ein Waisenhaus um die Ecke, das uns von der Organisation „Save the Children“ vermittelt wurde. Als wir mit Restschminke vom vorherigen Auftritt vor der Tür standen, dämmerte es der etwas überraschten Leitung des Waisenhauses recht schnell, dass da was war mit einem Termin. Nur hatte sie nicht heute mit uns gerechnet. Spontan und improvisationsbereit, trommelte sie die teilweise bereits in Schlafanzügen vor dem Fernseher eingemummelten Kinder im Alter von drei bis zehn Jahren auf dem Hof zusammen. Unter den etwa 20 Kindern waren viele ohne Eltern aber auch sogenannte „soziale Waisen“, um die sich die leiblichen Eltern aus verschiedensten Gründen nicht kümmern können und die hier ein liebevolles Zuhause bekommen. Mit großen erstaunten Augen verfolgten die Kinder tatkräftig die Show, halfen Pité und Topa beim Suchen von Bällen, Hüten und Clowns und rangen wild winkend um einen kleinen Platz auf der Bühne mit den Clowns, wenn es an der Zeit war, dass Zuschauer in der Show aktiv werden durften. Das führte sogar soweit, dass wir kurzzeitig zwei Ukulelenspieler, drei Schlagzeuger und einen Flötisten neu im Team begrüßen durften, die den Instrumenten experimentierfreudig ungeahnte Töne entlockten. Da wir die Instrumente noch für vier Shows in Albanien benötigen, haben wir doch wieder auf das Stammteam zurückgegriffen und sind musizierend wieder in der Garderobe verschwunden. Sobald aber die Nasen abgelegt waren besuchten wir die Kinder nochmal in ihren kleinen Wohnzimmern und bereiteten ihnen mit unseren Postkarten nochmal eine große Freude, die sich an den leuchtenden Augen und den herzliche Umarmungen ablesen ließ. So süß und so lebensfroh, wie die Kinder waren, so schön und wichtig ist es, dass es solche Einrichtungen für die Kinder gibt – und so viel Spaß macht es, ihnen mit unseren Shows Aufmerksamkeit und Glücksgefühle zu schenken.

Mittlerweile sind wir bei Schwester Christina in Shkodra angekommen, bei der wir letztes Jahr unsere Tour starteten. Wir wurden herzlichst in Empfang genommen, bestens verpflegt und mit vielen neuen Geschichten bedacht. Unser Quartier im Kinderhaus ist gemütlich und wir werden hier nochmal Energie auftanken für den Endspurt und ein paar schöne Shows in Shkodra.

Gute Nacht und bis morgen,
Michi aka Pité