Premiere in Spandau
Heute ist der große Tag!!! Seit März leite ich die Regiogruppe, wir haben zusammen einen Antrag geschrieben uns bis Projektbeginn im August einmal im Monat zum Proben getroffen und jetzt, nach 2 vollen Arbeitswochen Intensivprobe ist es soweit. Die Regiogruppe Berlin darf sich zeigen.
Vorbereiten, schminken, letzte Abrechnungen tätigen. An Aufbau im Stillen ist nicht zu denken. Schon eine Stunde früher sitzen Kinder da. Wir beschließen, den Aufbau als gemeinsames Entre und schnellen Abgang zum eigentlichen Entre zu machen. Und endlich endlich können wir starten.

Wir sehen in ca. 120 strahlende Kinderaugen. Einige Mütter, Babys und sogar Jugendliche lassen sich auch begeistern. Da wir mitten im Wohntrack auf dem Spielplatz spielen, gucken uns viele Frauen hinter verschlossenen Fenstern oder manche bei der Hitze sogar bei offenen Fenster zu.
Sowohl vor der Bühne als auch hinter der Bühne ist viel los. Immer wieder verirren sich Kinder nach hinten, weil wir vor dem Klettergerüst spielen. Mit stoischer Ruhe regelt Superman auch das Leben hinter der Bühne. Und dann in der dritten kleinen Nummer passiert es. Charlotte bleibt stecken über Olgas Kopf, auf Stühlen liegend!!! Ihre Schweizer Wanderschuhe haben sich verhakt.
Olga dreht sich trotz mehrmaliger Anfrage von Charlotte nicht, später erfahre ich ,dass sie nicht konnte, Madame Tissue scheint nicht die Sachen ihrer untergebenen Clowns regeln zu wollen, obwohl Charlotte meint ein glucksen gehört zu haben. Fiorello prustet an seiner Gitarre los. Einzige Chance: Charlotte schreit nach Superman. Er kommt und macht das Chaos noch perfekt in dem er auf Charlotte und Olga draufklettert. “ Superman., meine Schuhe sind verhakt ,bitte hilf mir!!!! Schreit Charlotte mit tiefsten Schweizer Akzent verzweifelt. Und endlich, Superman nimmt seine Aufgabe wahr und rettet Charlotte!!! Zum Glück, so kann das Stück doch noch weiterlaufen und die Premiere bis zum Ende stattfinden. Was für eine Premiere. Am Ende werden wir hinter der Bühne überrannt von Kindern und SUPER hat alle Mühe sie von ihrem ausgestopften Popo abzuhalten, was sie uns danach ein bisschen pikiert erzählt. An Madame Tissue hängen ganz viele Mädchen die auch Vertikatuch machen wollen und Moldavia sucht verzweifelt Ihre Seifenblasen, die dann wieder auftauchen, um den Kindern noch eine Freude zu machen. Zu all dem Trubel steht Fiorentina da und staunt was es nicht alles gibt. Charlotte zum Schluss mit zwei Kronen auf dem Kopf, wird von einer Horde Mädchen bedrängt, die auch so schöne Kronen haben wollen.
Alles in allem eine wunderbare Feuertaufe mit einem herzlichen Dank an die Einrichtung,die uns so rührend betreut hat und selbst den Baum noch für den Vertikaltuchnummer zurechtschnitt. Ahoi, die Berliner sind da und werden weiter mit der Produktion durch die Flüchtlingseinrichtungen von Awo Mitte e.V. touren Diese Woche noch zweimal und dann wieder voraussichtlich im November.

Barbara

Berlin.
Donnerstag, den 15. September, 14.40 Uhr.
30 Grad Celsius. Ungewöhnlich für Berlin im September.
Ich mache mich auf den Weg zum Heim und frage mich, was uns dieses Mal erwartet. Die Security-Männer am Eingang freuen sich, als ich mich melde und sage, dass ich zu den Clowns gehöre.

Auf dem Weg zum Umkleideraum treffe ich auf Spiderman. Er ist ungefähr 4 und spricht noch kein Deutsch. Ich versuche ihm zu erklären, dass bald Superman kommt.
Ich lerne Gerardo kennen. Er ist Erzieher und erzählt uns ein paar Sachen über die Kinder. Wir fangen mit dem Aufbau im Hof an, und manche Kinder schauen zu oder sprechen uns an.
Wir merken, dass der Wind stark ist. Also müssen wir unsere Requisiten fest sichern.
Ich baue einen Mikrofonständer auf. Ein Mann kommt und will helfen. Er erzählt mir, dass er Oudspieler ist. Ich leihe ihm meinen Charango. Leider können wir uns nicht länger unterhalten. Ich wünsche mir, er hätte seine Oud dabei. Auf einmal kommen ein paar Kinder in unseren Umkleideraum: Superman wird erkannt (er hat vor drei Jahren hier einen Auftritt gehabt). Sie freuen sich sehr und sind überhaupt nicht aufdringlich, als wir sagen, dass wir uns zurückziehen müssen. Wir proben ein paar Szenen und genießen ein schönes Aufwärmen, geleitet von Barbara.
Und es geht los!
Die Stimmung ist unglaublich. Das gibt uns sehr viel Energie und Inspiration. Im Publikum sind etwa 100 Kinder, viele Männer, einige Frauen, Bewohner des Heims und einige Betreuer. Manche Familien schauen von der Seite oder aus dem Fenster zu. Viele singen sofort mit, kommentieren alles, lachen und freuen sich. Ich schaue durch die Paravents und sehe ein paar Frauen, die Lachkrämpfe beim Bauchtanz von Clown Süper und Clown Charlotte kriegen. Die Ballerinas kommen. Eine kindliche Stimme aus dem Publikum sagt: „Das ist kein Ballett.“
Der Wind macht mit bei der Show. So fliegen unsere Noten weg und werden Teil der Nummer. Manche Requisiten kriegen ein eigenes Leben.
Alle klatschen und sind sofort bei der Musik dabei. Zum Schluss tanzen wir zusammen, und die Kinder kommen, um sich alles aus der Nähe anzuschauen. Unsere Stimmung kann nicht besser sein.
Als ich rausgehe, unterhalte ich mich lange mit einigen jungen Männern, die ich vor dem Auftritt kennengelernt habe. Sie kommen aus Syrien. Wir reden über Mate-Tee und verabreden uns sofort, das nächstes Mal gemeinsam zu trinken. Also muss ich wiederkommen. Ich erzähle, dass zwei von meinen Urgroßeltern aus Homs kamen. Einer der Männer auch. Wir machen Witze und sagen, wir seien verwandt. Ich erzähle, dass wir Clownsworkshops anbieten werden. Sie versprechen mir mitzumachen.
Ligia

3. Aufführung in Spandau, wir halten zusammen! Magie!
Der Clownsnachmittag beginnt um 14 Uhr für mich mit einer SMS einer Clownin, deren Bus nicht kam und sich verspäten wird und die dann die Einrichtung nur schwer findet. Bezeichnend, Erstaufnahmeeinrichtungen liegen oft im Industriequartier, weit weg vom Leben, schwierig zu finden.
Dann Bauminspektion!!!! Ich hatte mir einen Baum für unsere Vertikaltuchartistin herausgesucht, der zwischen Turnhalle und Einrichtung auf dem Weg lag. Und ja es geht, und wir brauchen auch keine Leiter, aufgrund der Klettererfahrung von Clown Olgas Mann und seinem 50 Meter Seil, lässt sich das Vertikaltuch sicher befestigen mit einem Tennisballwurf über einen dicken Ast.
Jupee und auf zu neuen Herausforderungen. In der Turnhalle in der wir um 16 Uhr spielen sollen spielt ganz laut arabische Musik aus der Box. Es sind noch keine Menschen da, außer denen, die vorbereiten. Es hallt extrem, wir beschließen quer zu spielen und bauen mit Bänken und Stühlen eine Bühnensituation zusammen mit unseren Paravans. Da das Fest nicht zu beginnen scheint, verschieben wir unsere Show noch eine halbe Stunde nach hinten.
Zum Glück wird dann um 16 Uhr der Kuchen ausgeteilt und wir fangen eine halbe Stunde später an, angesagt auf arabisch durch die engagierte Mitarbeiterin der Awo Mitte. Es sind mittlerweile 120 -150 Zuschauer da.
Wir haben das Gefühl uns mitten auf dem Marktplatz zu befinden, es wird laut mit den einzelnen Darbietungen mitgegangen und mit geklatscht. Ein kleines Kind lässt sich so begeistert, dass es von Anfang an mittanzt und mitspielt. Neben den zahlreichen jüngeren Zuschauer sind auch viele Mütter und junge Erwachsene voll mit dabei. Beim orientalischen Tanz, der nie klappt, weil der Musiker immer die Musik verwechselt, wischt sich eine Mama mit Kopftuch vor Lachen die Tränen aus den Augen, während Super zu Rockmusik orientalisch abrockt. Zum Schluss führen wir die Kinder über den Platz mit Musik zurück zum Heim und kommen am Baum vorbei, an dem Madame Tissue noch ihre Künste am Vertikaltuch preisgibt.
Wir sind in den drei Aufführungen als Regiogruppe Berlin durch das Projekt „lachen verbindet“ zusammengewachsen, gehen durch dick und dünn theatralisch miteinander, meistern die Schwierigkeiten die sich stellen. Wir sind eine tolle Truppe und das merkt man auch in der Show. Wir freuen uns unsere Tournee im November durch die AWO Einrichtungen Mitte fortzusetzen und unsere Nachhaltigkeit nächstes Jahr in den Workshops in den bespielten Einrichtungen zu etablieren. Die Einrichtungen freuen sich schon auf uns. Die Notwendigkeit wiederzukommen und mit Spaß unsrer Arbeit auch als Ausdrucksmöglichkeit weiterzugeben wurde uns in der ersten kurzen Tournee nochmals klar vor Augen geführt.

Barbara