Ich hab mich mittlerweile daran gewöhnt, mein Aufwärmtraining um 7.30 Uhr, vor dem Frühstück zu machen. Dadurch wird der Tag nicht gerade kürzer und der Tag heute war ganz schön lang:
Ich sag mal so: Es ist jetzt 22.00 Uhr und es fällt schwer, sich an die Stationen von heute zu erinnern.

Nach dem üblichen Frühstück mit Fladenbrot, Gurke, Tomate, Oliven, Schafskäse, Rührei und Chai (der fantastische schwarze Tee, wir trinken eigentlich von morgens bis abends nur Wasser und Tee), war also die erste Show für 10.00 Uhr angesetzt. In der ersten Schule war Miri schon im letzten und vorletzten Jahr und daher schon bekannt, wie ein bunter Hund.
Wir haben mittlerweile eine ganz gute Routine und können auch die vielfältigsten Ausfälle des Publikums, seien es handgreifliche Begeisterungsstürme, versuchte Aneignung von Clownsreliquien oder akustische Anschläge auf unsere Trommelfelle, stets gut parieren und können mittlerweile fließend auf arabisch bis fünf zählen.
Heute aber gab es eine, wenn ich nicht irre, Weltpremiere für Clowns ohne Grenzen: Denn heute hatte unser türkischer Nachtportier Hassan (in Wahrheit ist er Schauspieler und Model, und das sieht man ihm ohne Umstände an) den ersten Gastauftritt mit uns zusammen und präsentierte einige der berühmtesten Kunststücke aus der Welt der Magie. Der Keks war ein Riesenerfolg.

Die am Vortag angekündigte Mittagpause viel weitgehend aus, weil wir beinahe einen zweiten Termin übersehen haben. 13.30 Uhr daher die zweite Show, weit draußen, am Rande der Stadt, noch hinter dem Friedhof, aber friedlich, im Sinne von ruhig, war es auch hier nicht. Unsere Vorstellung endete sozusagen im Stage Diving und trug vor allem Miri einige freundliche blaue Flecken ein. Selbst die Bauarbeiter auf dem benachbarten Hochhausrohbau stellten die Arbeit ein, um zuzusehen, wie unsere Geschichte ausgeht.

Von dort ging es direkt zur nächsten Schule mit einem Haufen wilder Kleinkinder. Hier galt es in erster Linie, mit pädagogischem Fingerspitzengefühl die wilde Horde in Schach zu halten. Wir haben gekämpft und vielen anschließend alle erschöpft in die Autos.

Zum Abendessen wurden wir von Hussein zu sich nach Hause, nach Antakya eingeladen. Seine Schwester hat uns ein wahres Festmahl mit vielen vegetarischen und zoologischen (das heißt mit Hühnchenfleisch) bereitet. „Akbar Shukran“ dafür, wie wir Deutschen zu sagen pflegen, wenn wir nicht mehr als sieben Wörter arabisch können.
Auf dem Weg dorthin hielten wir auf einem Berg, von dem aus wir über ganz Hatay blicken konnten. Ein gewaltiges Lichtermeer im Tal und pünktlich zu unserer Zigarettenpause dort oben, setzte der Gesang des Muezzin ein, der für fünf Minuten über der ganzen leuchtenden und blinkenden Stadt lag. Es war unglaublich beeindruckend.
Damit darf ich mich für heute mit einem herzlichen „Massalame!“ verabschieden, denn morgen gehts ja schon wieder um sieben Uhr los. Ans Meer!