Was für ein Tag! 
3 Shows für 2 syrische Schulen, 1 syrisches Waisenhaus – alles in allem knapp 900 Kinder.

8:45 Uhr (+/-) Abfahrt zur Orientschule für syrische Kinder.
Letztes Mal haben wir ebenfalls für diese Schule gespielt. Allerdings sind sie in ein größeres Schulgebäude umgezogen. Bei Ankunft wurden mir von ein paar Lehrerinnen Küsse zugeworfen und „Ooooh, Falafel,… you beautiful… ahalan w sahlan!“ zugerufen.

Gegenüber dieser Schule liegt eine Schule für türkische Kinder. Beide zusammen schätzungsweise 1.200 Schüler. Die Idee, die türkischen Kinder einzuladen und dass sie einfach rüber kommen ging leider nicht auf.

Die ca. 650 syrischen Kinder wurden von einigen Lehrern in Zaum gehalten, es wurde laut gerufen/geschrieen, die Kinder zuerst dort, dann wieder da oder doch da drüben platziert, um Herr über die aufgeregten Kinder zu werden.
Der Spielwinkel erstreckte sich für uns übers Eck auf geschätzte 100 m Spannweite. Wir mussten richtig laut und groß agieren – gegen die Sonne.

Nach der Show hatten wir große Mühe wieder in den 1. Stock ins Büro des Direktors zu gelangen. Dort warteten die Lehrer mit ihren eigenen Kindern für Fotoaufnahmen. Hier noch ein „Sura“, da noch eins, hier noch wirklich das Letzte,.. nur dort noch eins… noch eins,… eins noch….

Ein kurzes Interview noch für einen lokalen Sender, kurze Impressionen auf englisch sagen, im Hintergrund die Kinder, die unsre Namen, wie auch die komplette Show über immer und immer wieder riefen… Falafel, Falafel, Salata, Salata,… Wir fühlten uns wie Popstars. Im Gegensatz zu ihnen, erkennt man uns jedoch lediglich, wenn wir im Kostüm sind. Ein Glück.

Wir mussten weiter, denn die 2. Schule wartete bereits auf uns. In Samsulie, ca. 20 km von Reyhanli entfernt, .
Hussein fand irgendwie den Weg dahin. Immer wieder telefonieren, in eine Sackgasse fahren, umdrehen, vorbei an einfachen Häusern, Pfützen, über Schlaglöcher, rechts, links, umdrehen, doch links, rechts,… und dann warn wir auch schon da.
Eine kleine Schule, mitten in einer abgelegenen Straße aus Sand und besagten Schlaglöchern.

Ca. 200 Kinder warteten, Aufregung machte sich breit, Kinder rennen zu uns, wieder weg, wieder her,… wir waren schon im Kostüm, jedoch ohne Nase und checkten kurz die nahezu „perfekten Bodenumstände“ für Philipp ab. Schnell entschieden: ja, da hinten im Eck geht’s! 
Requisiten präparieren, Kleber auf die Stirn, Seifenblasen auffüllen, Sattel auf Hochrad schrauben – auf die Plätze, fertig, los!

Wahnsinn! Auch hier der Geräuschpegel. Teilweise so laut, dass es in meinen Ohren übersteuerte. Wirklich! Das Crashbecken an meinem Akkordeon hört sich selbst bei voller Kraft voraus im Vergleich an wie eine kleine Schnacke am Ohr.

Direkt nach der Show zogen wir den riesigen aufgeheizten Menschenskinderpulk hinter uns her und wichen aufgrund des Platzmangels auf dem etwa 40qm großen Gelände auf die Straße aus, und die Kinder hinterher. Das Rufen unsrer Namen nahm kein Ende…

Schwer konnten wir uns nur lösen. Kaum in Husseins Auto sitzend, war der Wunsch nach kurzer Ruhepause für die Rückfahrt nach Reyhanli bei mir ganz oben. Nase ab. Augen zu. Atmen. Lächelnd. Glücklich.

Essenspause im Hotel bevor wir um 16:15 Uhr zum 2. syrischen Waisenhaus in Reyhanli fahren. Es liegt so versteckt in einer Ecke Reyhanlis, dass ich nicht mehr alleine raus gefunden hätte.
Es wurde schon dunkel. 
Etwa 30 Kinder zwischen 2 und 12 Jahren leben hier. Alle haben ihre Väter im Krieg verloren. Teilweise leben die Mütter der Kinder, können sich jedoch nicht um ihre Kinder kümmern.
Ein paar Kinder aus der Nachbarschaft luden wir ein mitzukommen.

Wir spielten die letzte Show sehr ruhig und behutsam, bei dunkelblauem Himmel, warmen Lichtern auf der überdachten Dachterasse des Hauses. Der Ausblick auf Reyhanli war traumhaft. Obwohl einige Kinder sehr klein und das Licht eher bescheiden war, tauten die Kinder schnell auf, kicherten, ein Junge sprang irgendwann auf und hüpfte beinahe durch die komplette Show durch.
Wir kürzten spontan etwas ab, da die Kinder sehr aufgeweckt und kaum noch auf den Plätzen zu halten waren.

Das Fotoschuuuting danach war so entzückend, die Mädchen strahlten, strichen mir über den Kopf, das Haar, den Arm, den Unterbau, Küsschen hier und da, Hände um den Hals, Umarmungen, „I love you, Falafel!“
Als ich von mehreren Mädchen und Jungen zwischen 2 und 5 Jahren zum Foto in die Knie bin, sah ich in jedes Augenpaar, hatte Hände überall an mir, sah soviel Freude und Traurigkeit gleichzeitig. Da hab ich gemerkt, dass das mit dem Abgrenzen jetzt gerade nicht so möglich ist…