4. Tag Reyhanli/Türkei

Ausgeschlafen! Erstmals seit unserer Ankunft. Gestern Abend noch ein kleines Fußballspiel in der Arena angeschaut. Die Gelbhemden haben 12:5 gewonnen. Unterwegs gab es eine Polizeikontrolle. Wir selbst wurden übrigens am ersten Tag auf dem Weg von Hatay nach Reyhanli vom Militär kontrolliert.
Heute morgen hatte ich immerhin eine knappe halbe Stunde für ein kleines Aufwärmtraining, während wir auf Hussein und unseren Tourbus warten. Begleitet hat uns heute außerdem Tom, ein Journalist aus Hamburg, der für die ZEIT eine Dokumention über Barada Syrienhilfe e.V. dreht. 
Unser erster Auftritt heute also in der neuen Schule Al Amal, die Barada vor einem Jahr am Stadtrand von Demiküprü eröffnet hat (Anmerkung von Miriam: hier wurden wir von den Grünhelmen an unserem letzten Tag zum Richtfest eingeladen), direkt an einem netten Fluss gelegen, dessen Namen ich vergessen habe, der vom Libanon daherkommt oder dahinfließt. Weiß ich auch nicht mehr. Wir spielen auf dem Schulhof, der noch eine holprige, lehmige, eingezäunte  Brachfläche ist, die aber natürlich im weiteren Ausbau asphaltiert, mit Bäumen bepflanzt und mit Beeten ausgestattet werden soll. Aber für diesmal war der Boden eine krasse Herausforderung für die Hochradnummer. 
Weil wir mittlerweile unseren Bühnenvorhang bei einem unserer zahllosen Gastspiele verloren, vergessen oder vergrault haben und auf der weiten Fläche eh keine Möglichkeit wäre, ihn aufzuhängen, hatten wir die Idee, dass wir die Kinder damit beschäftigen, aus den kleinen Feldsteinen einen Bühnenkreis zu legen, um einerseits eine Spielfläche zu definieren und andererseits die Kinder noch einen Augenblick beschäftigt zu haben, um unsere Showvorbereitungen ungestört zu Ende bringen zu können. 
Neben den syrischen Kindern von Al Amal kamen noch fünf Schulklassen aus der türkischen Nachbarschule, erkennbar an ihren roten Schuluniformen. Nach der Vorstellung wurde unser 15-sitziger Tourbus wieder zum Schulbus in den ca. 50 Kinder hineingestapelt wurden, um sie nach Hause zu kutschieren. Wenn das das Jugendamt wüsste!
Wir trockneten unsere vollkommen durchgeweichten Kostüme über dem Stacheldrahtzaun und aßen lecker Pide zu Mittag. 
Anschließend ging es mit zwei Pkws weiter nach Kumla, zu unserer größten Schule bisher. Wieder eine Show, auf dem diesmal asphaltierten Schulhof, mit etwa 500 begeisterten Zuschauern. Immer wieder kam es zu kürzeren Unterbrechungen, weil die Lehrkörper ihre Schützlinge, die uns immer näher auf die Pelle rückten, wieder auf Distanz schieben mussten. Wir haben deshalb ein bisschen gekürzt und so wurde es ein recht knackiges Event. Anschließend durfte ich den Herrn Direktor auf die Backe küssen und es gab Nescafé mit Milch und Zucker im Rektorenzimmer, wo das Rektorentöchterchen am Dienstcomputer spielte, und einen Schokowaffelriegel und ein Silikonkaugummi ohne Geschmack zum Abschied .
Und wieder hören wir Geschichten von Erlebtem was uns unter die Haut geht.
Soweit für heute. Und für morgen haben auch endlich mal etwas Obst im Tourgepäck. 
Heute werden wir wohl unsere erste ruhige Nacht haben, denn erstmals findet heute keine Hochzeitsfeier bei uns im Hotel statt. 
Gut, die Feier von gestern ging auch nicht so lang, weil wohl der Falsche mit der Falschen tanzen wollte (wie berichtet), was dazu führte, das nach lautstarkem Gerangel und Polizeiintervention alle im Regen nach Hause fuhren. Tja, man heiratet nur einmal. Danach war’s schön ruhig. Also, auch für heute wünsche ich gute Nacht.
Noch ein kleines Bonmot zum Schluss: Die beiden Kolleginnen sind gerade dabei, das Video von heute auf Facebook hochzuladen und überlegen, ob sie der Überschrift noch ein Emoticon beifügen sollen. Das gibt viel Extraklicks meint Scarlet. Und wenn ja, dann welches? Frage also von Scarlet:“ Hast du da so Gefühle?“ – „Ja, schau mal,“ meint Miri, „hier hab ich sarkastisch, fröhlich, traurig, verschmitzt oder verrückt.“ 
Ist doch gut, dass wir noch Gefühle haben.