Es ist gegen 18.30 Uhr, wir sitzen in unserem neu entdeckten Lieblingscafé in Mashhad, um die Ecke des Hotels, im Book Café, und lassen den Tag wie jeden Abend Revue passieren. Unsere ebenfalls allabendliche Kleiderwäsche haben wir bereits erledigt, jetzt ist Seelenpflege angesagt.
Die Café-Betreiber haben uns wiedererkannt und bringen den Mokka mit Clownsgesichtern. Wir sitzen lange, ernsthaft, vergnügt, laut lachend, bittersüß betrübt beieinander.

Die Clownsgesichter auf dem Kaffee sind ein typisches Beispiel für die Überraschungen, die uns jeden Tag erwarten: zunächst zögerliche, dann stürmische Herzlichkeit, Freude über die Gäste aus der Ferne und der Wunsch zur Begegnung auf allen Seiten – ob mit oder ohne Farsi.
Wir waren erst eine Stunde zuvor mit unseren UNHCR-Partnern aus dem Flüchtlingscamp Tombat-e-Jaam zurückgekehrt, zu dem wir morgens halb 9 aufgebrochen waren. Die Ankömmlinge werden in der “Guest City” mit goldenen Lettern empfangen, wir wurden vom Camp Manager herzlichst begrüßt, nahmen am Konferenztisch in seinem Büro Platz und bekamen Chai und Kekse. Im intensiven Austausch erzählte ihm Susie, was wir tun und was unsere Ziele sind, die gereichten Flyer und Berichte wurden aufmerksam studiert, schließlich stecke da viel Arbeit drin, sagte er. An der Wand im Büro sind uns dabei die 40 Regeln des Imam Reza ins Auge gefallen.

Die Info, dass wir heute kommen, scheint auf dem Weg zu ihm untergegangen zu sein, aber er bemühe sich, alles Nötige zu veranlassen und Jungs und Mädchen aus der Schule kommen zu lassen. Wir durften in der Moschee spielen, nicht im Vorraum, sondern wirklich mitten drin, im Gebetsbereich der Männer, da sei der meiste Platz. Alles ging ganz fix, da standen wir schon im Gebetsraum, der Mullah ging vorüber, grüßte uns freundlich und die ersten Kinder strömten herein. Wir gingen uns in einem Hinterzimmer umziehen. Beeindruckt von der spontanen Zügigkeit und unserer heutigen Bühne kamen Hepp, Happ und Hup schließlich mit Ukulele, Rhythmus-Eiern und Tamburin um die Ecke und fanden sich vor ca. 350 Kindern und ihren Lehrerinnen, Camp-Verantwortlichen und Bafia-Vertretern wieder. Voller Energie entdeckten wir abermals unsere olympiahaften (Nicht-)Talente, schwangen Ringe, Hula-Hoop und Band, musizierten, tanzten auf dem Seil, erklommen Berge, jonglierten Allerlei, jagten und kitzelten uns – wie immer eben, aber mittlerweile in der 5. Version und wir werden immer noch besser. Schließlich haben wir auch diesmal wieder alle Disziplinen mit Clowns-Bravour gemeistert und packten unter Fanfaren unseren Koffer.

Und danach? Ein aufgeheizter Pulk Jungen fand sich zum Gruppenfoto, danach die Mädchen: im Meer schaukelte es Susie und mich hin und her, selbst Andreas wird heute nach und nach umringt, seine kleine gelbe Ukulele hat es den Kindern angetan, die Mädchen rücken vorsichtig näher. Die Jungs räumen in weiser Voraussicht derweil den Platz. Auch hier ähnliche Szenen wie so oft: In der Begegnung ein Augen-Blick, ein Lächeln, eine Albernheit und die Großen kommen zum Selfie zusammen, ein drittes, ein viertes Foto und kein Ende in Sicht, Umarmungen und Küsschen links-rechts mit den Frauen, never ending shaked hands und ein Deutsch-Englisch-Farsi mit Hand und Fuß mit den Mädchen. Die Freude über das Miteinander vorher und jetzt ist riesig, die Anspannungen sind längst gefallen.

Wohin mit all diesem Erlebten und Gefühlten? Beim Abschied von den Verantwortlichen in die gegenseitigen Dankesworte, dem Ausblick gerne wiederzukommen und dafür rechtzeitig Bescheid zu geben, damit alles (noch) besser organisiert werden kann; ins Auto für die Rückfahrt, unser reizender Fahrer Mohammad liebt die Musik, wir auch, noch aufgeheizt wird spontan wieder gesungen, geklatscht, gesitzt-tanzt, welch unbezahlbare Momente; und am Abend kommt alles wieder zusammen in unseren Gedankenaustauschtopf.

Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man meinen, wir träumten. Und irgendwie tun wir das ja auch, Monate, Wochen bevor wir unterwegs sind – und plötzlich ist’s real, ganz nah, so unvorstellbar. Man ist eben auch immer Clown für sich selbst (mein Susie-Lieblingszitat), entdeckt, erkundet, begegnet ganz neugierig einander und der Welt. Für uns und hier das Selbstverständlichste.