Persönlicher Reisebericht von Andreas
25.08.2014
Jetzt sitze ich im ICE nach Neuruppin. Es ist 6.02 Uhr in der früh. Vor ein paar Tagen erinnerte mich Alex unser Präsident, dass der Reisebericht von unserer Tour Anfang Mai dieses Jahres noch fehlt……gute Gelegenheit zum Schreiben. Am Horizont warten rosa Schäfchenwolken auf die Sonne.
Es war nicht leicht einen Termin zu finden. Wir trafen uns zum erstenmal im April 2013. Sechs Leute auf der Suche nach einem Termin für eine Reise durch Deutsche Flüchtlings- Lager, Heime, Erstaufnahmeeinrichtungen, Unterkünfte oder wie man diese Plätze immer auch nennt. Die nächste Schnittstelle, die sich in unseren Kalendern für das Projekt D-Tour fand war ein Jahr später. Claudia Engelhardt kümmerte sich um die Tourplanung. Langsam nahm unsere Fahrt Gestalt an, begleitet von vielen bürokratische Hürden und organisatorischen Fragen. Ein neues Stück brauchte es auch noch. Die Proben waren auf März 2014 angesetzt. Im Winter tauchten die ersten vagen Ideen dazu auf. Ein langer entspannter Vorlauf. Schließlich entstand nach kurzen und intensiven Proben ein Stück über das Warten: „Vier Clowns kommen nacheinander auf die Bühne mit ein paar Alltagsgegenständen. Keiner kennt den anderen oder spricht dessen Sprache. Die Anfangssituation unserer Geschichte entspricht der Grundsituation von Flüchtlingen, wenn sie hier ankommen. Die Clowns spielen Georgia Huber, Miriam Brenner, Stefan Knoll und ich.“ Der dritte Mann und die sechste Person im Team war Manfred Lehner unser Photograf. Es war die dritte Reise für mich mit Georgia, Manfred und Stefan für die Clowns ohne Grenzen e. V. – 2010 reisten wir nach Georgien, dort spielten wir in Flüchtlingslagern und Waisenhäusern. 2012 ging es nach Dehli und Mumbai, wo wir verschiedene Kinderhilfsprojekte besuchten. Miriam war für den Verein schon viel unterwegs. Für Claudia war es die erste Reise.
Am 28. April fuhren wir in aller Frühe als Team los und kamen als bereichertes Team am 4. Mai wieder in München an.
Gibt es etwas zu berichten von dieser Reise, was nicht schon im Blog steht?
Vielleicht ein paar Tips für Leute, die ähnliches vorhaben. Wir hatten mitunter das Problem in den Einrichtungen und Unterkünften, dass die Menschen vor Ort nichts von unserem Kommen wußten, somit gab es weit weniger Publikum als potentiell möglich. Flyer und Plakate als Vorankündigung helfen wenig, auch wenn sie in hundert Sprachen verfasst sind. Die gehen im Alltag einfach unter. Am besten hilft ein gut orientiertes und beliebtes soziales Team vor Ort, welches kurz vor dem Auftritt alle Leute zusammen holt. Die Kinder sind oft erst ab vier im Haus in Gemeinschaftsunterkünften, da sie sich davor eventuell im externen Hort befinden. Spontane Besuche sind so gut wie unmöglich, selbst wenn sie langfristig genehmigt sind vom Chef, wie in Eisenberg. Ohne das richtige Papier kamen wir am Wachposten einfach nicht vorbei. Ob und was wir photografieren dürfen, und auch veröffentlichen, mußten wir in jedem Haus einzeln abklären. Von „nur die Clowns dürfen aufs Bild“ bis hin zu „Alles“ war alles dabei.
Oft sind in den Häusern keine geeigneten Orte für größere Veranstaltungen vorhanden. So spielten wir in Räumen von der Größe einer Puppenstube bis hin zur Stadthalle in Eisenberg oder auch mal Openair unter unterschiedlichsten Bedingungen.
In der Show mußten wir auf vorhandene Sprachen verzichten, da unser Publikum eine bunte Mischung aus verschiedensten Teilen dieser Erde darstellte. Durchwegs wunderbare und wache Zuschauer mit viel Sinn für unsere Darbietung. Ein näherer Austausch mit den Asylsuchenden nach den Aufführungen war meistens wegen fehlender gemeinsamer Spracherkennung nicht möglich. Dafür gab es ausführliche Photosessions und Nasenbemalungen.
Mit unseren Ansprechpartnern in den Unterkünften ergaben sich oft lange und offene Gespräche über die schwierige Situation unserer Gäste aus allen Herren Ländern. Mich berührte vor allem der aufrichtige Einsatz von vielen Verantwortlichen und das „bürgerliche Engagement“ von einigen freiwilligen Helfern. Wer sich dem Schicksal der Flüchtlinge nicht verschließt ist unweigerlich betroffen von diesem.
Weiterhin ist es deutlich, dass sich die Situation nicht entspannen wird. Immer mehr Menschen auf unserer Erde sind auf der Flucht vor Krieg, Diskrimination, wechselnden klimatischen Verhältnissen und moderner wirtschaftlicher Ausbeutung. Wenn wir nicht uns oder die anderen einmauern wollen, werden wir am besten mehr und mehr lernen zu teilen. Unsere Kultur, die ihre Wurzeln vor allem bei den alten Griechen und im Christentum findet, hat dafür die besten Voraussetzungen. Das Gastrecht war im alten Griechenland eines der wichtigsten Rechte und im neuen Testament findet man genug Beispiele für großzügiges Teilen. Jedenfalls halte ich es für wert sich in die Situation von Menschen auf der Flucht hinein zu versetzen. So leicht verläßt niemand seine Heimat, seine Familie….
Inzwischen ist es 9.59 Uhr, die Sonne scheint in Braunschweig und bald steige ich um.
Zum Ende nochmal vielen herzlichen Dank an Alle großen und kleinen Spender, die uns die Möglichkeit bieten, uns mit unseren Möglichkeiten so einfach und direkt einzusetzen.
Andreas Schantz / Reiseleitung