2020 Griechenland


11.10.2020 - 16.10.2020

Susie Wimmer und Max Meier (Clowns), Thanasis (Logistik), Erik Marquardt (Logistik), Tessa Kraan und Franziska Grillmeier (beide Fotografin)


Itinerary Date :15.10.2020

Lesbos 1. Tag

11.10.2020

Auf Initiative von Frau Katrin Göring-Eckardt, die im September die obdachlosen Menschen des abgebrannten Flüchtlingslagers Moria auf der griechischen Insel Lesbos besucht hatte, fahren wir, Max Meier und ich, Susie Wimmer schnellstmöglich nun an diesen Ort.

Es sind seit dem Feuer bereits einige Wochen vergangen, nichtsdestotrotz ist die Lage weiterhin nicht leicht fassbar. Man kann nicht sagen, daß bereits für das Nötigste gesorgt ist, denn es fehlt im neuen Lager z.B. immer noch Wasser, obwohl der UNHCR in Kooperation mit allen möglichen unterstützenden Menschen und Institutionen sehr schnell dieses neue Lager errichtet und mittlerweile für ca 7000 Menschen ein Dach über dem Kopf geschaffen hat. Die anderen ca 5500 Menschen (zuletzt wohnten etwa 12500, im Juni 21000 Menschen in dem Lager, das für ca 2800 ausgerichtet war) sind teils in Wohnorte auf der Insel, aufs Festland oder in EU-Länder gebracht worden, oder sind irgendwie, irgendwo verschollen.

Es mutet ein wenig absurd an, über ziemlich volle Flugzeuge zu berichten, hektische Touristen, viele Volunteers, die sich in den zahlreichen NGOs engagieren. Die allgemeine Hilflosigkeit im Umgang mit Corona zeigt sich auch im Flugbetrieb: Man weist die Reisenden immer wieder auf die zu beachtenden Hygieneregeln hin, übt sich in komplizierten Ein- und Ausstiegsprocederes, um sich dann letztendlich doch eng an eng im Zubringerbus, beim Handgepäckverstauen und schließlich im Sitz bei seinen Mitreisenden in der bekannten Nähe wiederzufinden…..

In Mytilini angekommen warten wir nur wenige Momente bis Thanasis, unser Local Hero, mit dem wir über einen weiteren dt. EU-Parlamentarier Erik Marquardt Kontakt bekommen haben erscheint. Er steigt aus dem Auto aus und es ist sofort klar um was für ein Kaliber von Mensch es sich handelt. Diese Art Mensch gibt es in verschiedenen Versionen zum Glück überall, wo es Katastrophen gibt. Ohne diese unglaublich bestinformierten, vernetzten, universierten Hilfsengel wäre die Menschheit vermutlich schon lange zu Grunde gegangen, unermüdliche Arbeiter im Einsatz den Menschen zu helfen, die sich am Rande des Lebensfähigen immer knapp vor dem Abgrund befinden.

Auf dem Weg zu unserer Unterkunft erzählt er uns, daß der heute romantisch anmutende Küstenstreifen zum Flüchtlingskrisenbeginn orange gefärbt war von den unzähligen Rettungswesten. Die lange gerade Straße, die wir befahren ist ähnlich der, auf die die geflohenen Menschen nach dem Moriafeuer geflüchtet sind.

Wir machen noch einen Schlenker über eines seiner Herzensprojekte: Dieses kleine Lager auf privater Basis für ca 100 Menschen soll am nächsten Morgen von der Polizei geräumt werden. Die Idee ist, zum Abschied nochmal eine schöne Aktion, eine Clownsshow für die Kinder zu machen, und man hat sich vorgenommen auch die Polizei äußerst freundlich und höflich zu empfangen. Um 9 Uhr ist das offizielle Meeting mit der Polizei, wir werden sofort danach Bescheid bekommen.

Zuhause angekommen haben wir auch gleich noch Hausaufgaben in Form von offiziellen Antragsmails an verschiedene Behörden zu erledigen.

Zum Meeting um 21 Uhr mit Erik Marquardt kommen wir durch die Hilfe eines plötzlich erschienen afghanischen Flüchtlings. Auf dem Weg erzählt er uns kurz seine unglaubliche Geschichte und Max fühlt sich an Fabio Gedas Buch »im meer schwimmen krokodile« erinnert, außer daß M. keine Romanfigur ist, sondern real.

Erik treffen wir nicht, wir sehen ihn nur aus der Ferne, pausenlos an mehreren Mobilgeräten gleichzeitig agierend und zwischenzeitlich mit den vielen Hilfsorganisationsmenschen live kommunizierend.
Wir gehen nachhause und bereiten uns so vor, daß wir am nächsten Tag egal zu welcher Uhrzeit binnen weniger Minuten start- und showklar sind, denn genaue Infos haben wir nicht.

 

Ein Mann und eine Frau lächeln für ein Selfie in einem Haus. Beide tragen Hemden mit einem Cartoon-Gesichtslogo; der Mann trägt außerdem eine braune Mütze und einen Schnurrbart, während die Frau eine Brille trägt. Da nicht erwähnt wird, dass sie "seltsam" gekleidet sind oder rote Nasen haben, gibt es in diesem Text keinen Hinweis darauf, dass sie Clowns sind. Es bliebe also bei der umgeschriebenen Fassung: Ein Mann und eine Frau lächeln für ein Selfie in einem Haus. Beide tragen Hemden mit einem Cartoon-Gesichtslogo; der Mann trägt außerdem eine braune Mütze und einen Schnurrbart, während die Frau eine Brille trägt. Eine gepflasterte Straße führt am Meer entlang, gesäumt von Straßenlaternen und geparkten Autos. Absperrungen trennen die Fahrbahnen, und Clowns stehen zwischen den Bäumen, die den Gehweg säumen, unter einem klaren blauen Himmel mit vereinzelten Wolken. Die Sonne geht über dem Meer unter und wirft ein helles Licht und lange Schatten von Bäumen entlang einer Straße mit geparkten Autos in der Nähe. In der Szene sind seltsam gekleidete Menschen oder Menschen mit roten Nasen zu sehen, die Clowns sind. Rechts steht ein Laternenpfahl, und die Szene wird von einem schwarzen Rahmen eingerahmt.

Lesbos 2. Tag

12.10.2020

Die 1. gute Nachricht des Tages:
Das Camp „Piqba“ wird nicht geschlossen…zumindest nicht in den nächsten 2 Tagen… kurzes Aufatmen…

Eine junge Holländerin überbringt uns die frohe Botschaft und nimmt uns gleich mit zum frühstücken…
Sie ist als freischaffende Fotografin hier, hilft aber auch überall mit, wo es was zu tun gibt… wie so viele hier…
Dann erklärt sie uns auch was passieren wird….um 11:40 fahren wir mit ihr, unserer Fotografin, und unserer helfenden Hand Thanasis, ohne den wir total aufgeschmissen wären, in das kleine Camp, das er 3 Jahre lang mitgeleitet hat und schauen uns erstmal die Situation von innen an…

gesagt getan…
Wir lernen einen der anderen „Leiter“ kennen, Joachim aus Chile!
Es arbeiten dort unter anderem mehrere griechische NGOs zusammen…in horizontaler nicht in vertikaler Hierarchie, was ihnen allen ganz wichtig ist!
Er erzählt uns über ihre unglaubliche Arbeit und wir fragen nach…
Quasi 90% der Bewohner kommen aus Afghanistan…es gibt einen Kindergarten mitten in einem kleinen Pinienwäldchen…(es könnte fast idyllisch wirken wenn man es schaffen würde auszublenden wo wir gerade sind…) in dem vor Corona auch griechische Kinder gemeinsam mit den Flüchtlingskindern gelernt, gelacht und gespielt haben….jetzt dürfen sie nicht mehr kommen!

Beim Rundgang werden wir auch auf eine Malerei auf dem Boden aufmerksam, ein Willkommensgruß auch für die räumenden Polizisten… übersetzt so viel wie „wir geben nicht auf…“ generell ist alles sehr bunt , überall finden sich Zeichnungen und Basteleien von Kindern…
Ja das ist ein Ort wo gelebt wird…wo die Menschen Liebe, Zuneigung und Anerkennung bekommen…endlich mal wieder!
…sich wenigstens ein wenig „Zu Hause“ fühlen dürfen…an einem fremden Ort…auch wenn alles hilfsmässig zusammengeschustert und improvisiert ist…das macht nichts!

Man merkt es sofort…so viel Herzblut steckt hier überall…so viel Engagement von so vielen so wundervollen Menschen!

Schon Ende September wurde offiziell die Räumung verkündet…seitdem herrscht eine ständige Furcht vor dem Tag an dem es wirklich passieren wird und die Drohung, die alles überschattet, wahr gemacht wird…und all die Arbeit, all das Kämpfen und sich Einsetzen zunichte gemacht wird…
Deshalb ist die Stimmung auch äusserst gespannt…
Beklemmung und Hoffnung wechseln sich ab…

Dann stehen wir plötzlich in der klitzekleinen Waschküche…die vor einigen Monaten für einen kurzen Moment von einem DJ zur Überraschung und grossen Freude aller, kurzerhand zur Diskothek umgewandelt wurde!
Ja dem Einfallsreichtum und Improvisationstalent sind keine Grenzen gesetzt!!!
An der Wand hängt ein gemaltes Bild von Clowns, umringt von Kindern…aha! Die schwedischen Kollegen und Sabine Choucair waren da!
Dann steht endlich der Plan…Wir ziehen uns in dem Kleiderspendenausgaberaum (ach die deutsche Sprache!) um…und legen los…

Es gibt eine wilde und laute Parade um alle einzusammeln und zum auserkorenen Spielort zu lotsen…
Wir bauen gleich ein paar Worte „Farsi“ von unserer letzten Iran Reise mit ein, was zu grosser Belustigung führt und gleich die 1. Brücke bildet…naja vielleicht sind es auch unsere Kostüme…
45 min Gelächter, staunende, weit aufgerissene Augen, Begeisterung, Fröhlichkeit und Unbeschwertheit begleiten uns durch unsere Show…
Wenigstens für einen Augenblick sind nicht Furcht und Sorge die beherrschende Kraft, sondern die Lebenslust hat gewonnen, die Spielfreude ist übergeschwappt!
Dazu braucht es für diese wundervollen Kinder ja eh nur den geringsten klitzekleinsten Schupps!

Ein Volunteer bedankt sich nochmal und beteuert wie wichtig unser Besuch war….in den letzten Tagen haben viele Kinder heftig geweint aus Angst wieder vertrieben zu werden…
Pitschnass und ausgepowert aber überaus glücklich ziehen wir uns um…
Was für ein riesen grosses Geschenk diese zauberhafte Stimmung gemeinsam kreieren und erleben zu dürfen!!!!

Als wir uns verabschieden gibt es gerade eine Versammlung der Helfer um das Vorgehen in den nächsten Tagen zu besprechen…denn die Gefahr ist nicht gebannt…Löschflugzeuge ziehen über unsere Köpfe hinweg…

Dann geht es weiter…Thanasis will uns zum verbrannten Camp Moria bringen.
Auf dem Weg dorthin fahren wir am neuen Camp vorbei, vor dessen Eingang sich endlose Menschenschlangen bilden…Es darf nur eine Person pro Familie raus (von 08:00- 20:00) und alles wird kontrolliert!
Es gibt immer noch kein fliessend Wasser und keine Facilities…
Die 2 Reihen Dixiklos erscheinen wie ein schlechter Witz!

Als wir ankommen haut es uns fast um…
Gähnende Leere, eine unheimliche Stille und der Geruch nach Verbranntem empfängt uns und raubt mir schier den Atem!
Ein Meer an verrussten Containern und geschmolzenen Plastikflaschen, Zeltskelette und schwarze verkokelte Olivenbäume so weit das Auge reicht!
Bettler spazieren durch die Ruinen und suchen nach Brauchbarem…
Und mitten drin 2 Clowns die sich an der Hand nehmen…
Trotz Kloss im Hals und Gänsehaut versuchen wir das Beste zu geben!
Wir sind gekommen um Fotos für die Kampagne #leavenoonebehind zu machen…Kontraste aufzuzeigen…vielleicht auch Hoffnung zu machen!
And der Wand mit Stacheldrahtzaun ein Graffiti Spruch: „The Graveyard of Humanity“

Auf dem Rückweg werden wir von der Polizei angehalten…aha wir hatten uns schon gewundert, dass wir so einfach dort herumspazieren dürfen…
Was wir denn dort gemacht hätten….Thanasis erklärt auf griechisch…wir verstehen nichts…
Die Situation wird etwas brenzlig als wir unsere Pässe herzeigen sollen… Die liegen natürlich im Hotel!
Nach einigem hin und her dürfen wir im Notebook nach den Kopien suchen…Das ist aber lieb! Finden sie aber nicht…
Ähhhhhh…eine skurrile und auch etwas lustige Situation entsteht, als wir uns durch die 1000enden Bilder durcharbeiten…
Ah da ist Susie aber wo ist der Max???Ja wo ist er denn der kleine Max?
Irgendwann wird es den Polizisten zu doof und sie lassen uns von dannen ziehen…zum Glück sind wir ja Clowns und noch im Kostüm!
Wir haben es geschafft sie zu Tode zu langweilen und anscheinend geht keine „besondere“ Gefahr von uns aus!
Puhhhh…

Ab ins Hotel, Orga für den nächsten Tag, Kostüme waschen, Requisiten herrichten, duschen, Spaziergang, essen, schlafen…
Ein sehr eindrucksvoller und bewegender Tag geht zu Ende…
Das Gefühl, dass sich die Reise jetzt schon gelohnt hat, lässt uns in einen tiefen Schlaf sinken!
So gespannt was noch alles auf uns wartet!

Max

Kinder sitzen im Freien und beobachten einen Clown, der vor einem gelben Gebäude unter einem strahlend blauen Himmel mit Wolkenfetzen zu einer Gruppe spricht; im Hintergrund sind Bäume und Wandmalereien zu sehen. Ein Clown mit Pelzmütze, gemusterter Weste und rosa Hose posiert spielerisch im Freien unter blauem Himmel, mit Bäumen und einer weiteren Person im Hintergrund. Eine Gruppe von Kindern und Erwachsenen sitzt auf einer Bank im Freien und beobachtet einen Clown mit Hut und kurzen Hosen. Ein anderer Clown, der orange gekleidet ist, steht in der Nähe. Die Freifläche ist von Bäumen und Gebäuden umgeben. Zwei Clowns stehen vor einem Gebäude. Der eine, mit orangefarbener Jacke und grüner Mütze, trägt Boxhandschuhe und tut so, als würde er boxen, während der andere, mit pelzbesetzter Mütze und Hosenträgern, die Hände in die Hüften stemmt und einen spielerischen Gesichtsausdruck macht. Ein Clown in bunter Kleidung und grünem Kopftuch tritt mit langen weißen Bändern vor einem Gebäude mit Graffiti und Wäsche auf, die an einem Treppengeländer hängt. Das Sonnenlicht wirft Schatten auf die Szene. Ein Kind berührt spielerisch die rote Clownsnase eines Clowns, der eine Pelzmütze und ein Kostüm trägt, während ein anderes Kind in der Nähe steht. Sie befinden sich im Freien unter hohen Kiefern, und im Hintergrund ist ein Wohnmobil zu sehen. Eine verbrannte Landschaft mit verbranntem Boden, verkohlten Bäumen und Überresten von Gebäuden. Inmitten der spärlichen Vegetation und eines beschädigten Drahtzauns sind einige Clowns zu sehen. Im Hintergrund sind Hügel und verstreute Häuser zu sehen. Ein Clown mit zerzaustem Haar und Schnurrbart steht im Freien und trägt ein weißes T-Shirt und einen Umhängeriemen. Hinter ihm sind Bäume, blauer Himmel, verstreuter Müll und eine orangefarbene Metallstruktur zu sehen. Ein trockener, felsiger Abhang mit verkohltem Boden und spärlichen braunen Sträuchern überragt eine Siedlung aus weißen Zelten und kleinen Bauten, in denen sich Clowns - einige "seltsam" gekleidet und andere mit roten Nasen - bewegen; im Vordergrund ist ein metallener Zaunpfahl gekippt. Eine karge, felsige Gegend mit verbrannten Bäumen und verstreuten Trümmern, die von den Brandschäden zeugen. Nur wenige Gegenstände und behelfsmäßige Strukturen sind unter den verbrannten Überresten zu sehen, unter einem klaren blauen Himmel. Seltsam gekleidete Menschen und andere mit roten Nasen - Clowns - bewegen sich zwischen den Ruinen.

Lesbos 3. Tag

13.10.2020

Der Wind weckt uns. Nach dem Frühstück probiere ich mit ihm ein wenig wie die Bänder der Schlußnummer in ihm handzuhaben sein könnten.

Ein bißchen ist unser Dasein hier auch so: Es gibt Umstände oder Zustände und wir gehen mit ihnen um, passen uns an, versuchen etwas Erbauliches draus zu machen. Plötzlich die Nachricht, daß uns die Verantwortlichen vom Lager Kara Tepe sehen wollen. Wir sind sofort auf Zack, sehen offiziell gut und seriös aus, haben neben ordentlichen Unterlagen über unsere Arbeit auch unser ganzes Show-Equipment dabei, man weiß ja nie.

Thanasis, der Local Angel bringt 2 geschniegelte Clowns an den Lagereingang: ‚Hello, we are the Clowns Without Borders from Germany, nice to meet You, …‘ The Lager-Authority: ‚How do You know I‘m nice, You don‘t see my face with this mask.‘ Das war dann auch der längste Satz, denn er mußte eilig weg, wies noch andere Umstehende an, uns alles zu erklären. Die nächstlängste Aktion war das Eintragen und auch gleich wieder Austragen aus dem Besucherbuch.

Der Plan: Um 16 Uhr sollen wir hier im Amphitheatron für 37 der ca 250 Kids unsere Show spielen, da können diese corona-abstandsgerecht sitzen, und so auch an den folgenden 2 Tagen, bis alle Kinder die Show gesehen haben werden.

Nachdem wir kurz den Ort besichtigt haben, sind wir auch schon wieder weg und voller Vorfreude.
Es mutet alles sehr easy und unkompliziert an, doch ist dies nur dem Umstand der unfassbar goldenen Kontakte unseres Heros zu verdanken.

Andere Menschen, die für Hilfsorganisationen vor Ort sind, berichten, daß sie es in Monaten nur ein einziges Mal oder noch gar nicht hineingeschafft hatten. Und auch die unterschwellige aber deutliche Anweisung an weitere Begleitende, nicht im Lager rumzulaufen kommt deutlich an.

Uns zuhause vorbereitend sind wir etwas unsicher, ob 16 Uhr Ankunft oder Spielbeginn bedeutet. Wir einigen uns mit Thanasis auf einen Mittelwert, er kann uns sowieso nur hinbringen, muß dann weg, und wir sind froh seine wenige kostbare Zeit nicht überzustrapazieren.

Das Amphitheatron ist bis 17 Uhr besetzt, gefühlt alle 250 Kinder sind da, an uns, um uns, mit uns. Wir einigen uns, daß wir uns drinnen umziehen können und dann draußen auf dem Fußballplatz spielen.

Immerhin kamen wir mit mehreren Unterbrechungen 3/4 durch die Show durch, nachdem Seppi Deppo beim Boxkampf umnietet, gibts kein Halten mehr. Alle Kinder sind mit im Spiel, an uns, um uns, mit uns, retten Deppo und überhaupt …. es ist einfach herrlich, wir alle haben Riesenfreude an- und miteinander, das Ende geht einfach unter oder über ins freie miteinander Sein.

Ich bin dankbar um die Energiehandhabungstechnik, die ich bei Ale Duarte gelernt hab, so bleibt die unbändige Energie und Spiellust der Kinder einigermaßen handhabbar, an Abstandhalten ist schon lang nicht mehr zu denken, überleben heißt die Devise und die Kinder sind im Grunde sowieso alle ein Haushalt….

‘Wir bringen die Kinder wieder mit ihrer Freude, Phantasie und Leichtigkeit in Verbindung und stärken so ihre Resilienz‘ heißt es oft in Vorträgen, das war wieder mal der Beweis: So viel Kraft, Energie, Wildheit und Freude in den Kindern egal welcher Herkunft zu sehen und zu spüren, an diesem Ort, unter diesen Bedingungen, da darf man wieder mal lernen, daß es schön ist, einen Plan zu haben, die Götter lachen schließlich auch gerne über uns, und Kontrolle ist eine Illusion.

Nach einem langen von ganz vielen Kindern begleitetem Gang zum Ausgang, tragen wir uns wieder aus dem Gästebuch aus, „are You coming again tomorrow?“ Ja klar, wir spielen ja dann morgen unsere Show für die nächsten im Corona-Abstand sitzenden 37 Kinder im Amphitheater…..

Die traurige Abendnachricht: Das Privatlager Pikpa soll am nächsten Morgen endgültig geräumt werden.

Eine lebhafte Aufführung unter freiem Himmel mit Menschen, von denen einige Clowns sind, die in seltsam aufwändige Kostüme gekleidet sind oder rote Nasen tragen, die begeistert hüpfen und die Arme hochreißen, während andere auf einer Wiese unter strahlend blauem Himmel zuschauen oder mitmachen. Eine Gruppe von Kindern sitzt im Gras und beobachtet draußen zwei Clowns. Der eine Clown hält einen Regenschirm und streckt ihn in die Höhe, während der andere die Arme hebt. Ein großer Baum und ein blauer Himmel sind im Hintergrund zu sehen. Eine Gruppe von Kindern beobachtet zwei Clowns, die im Freien auftreten. Ein Clown jongliert mit Keulen, während der andere ein Diabolo benutzt. Im Hintergrund sind Bäume und ein Zaun zu sehen. Das Foto ist in schwarz-weiß gehalten. Eine Gruppe von Menschen, darunter als Clowns verkleidete Kinder und Erwachsene, tritt an einem sonnigen Tag im Freien auf, wobei mehrere Teilnehmer springen und ihre Arme in die Luft heben. Im Hintergrund sind Bäume und Laternenpfähle zu sehen.

Lesbos 4. Tag

14.10.2020

…“und wir warten…ständig irgendwo, verschwenden so viel Zeit,
und wir warten…wir fragen uns wann ist es endlich so weit,
und wir warten…es macht uns mürbe und es macht uns schläfrig…
und ab und zu warten wir sogar mal vergeblich…“

Die Zeilen eines Hip Hop Songs kommen mir beim Schreiben in den Sinn…. Ja, es geht uns auch so …oder so ähnlich… die geflohenen Menschen sind Warteprofis, wir nicht. Wir befinden uns eher in einer komischen Mischung aus kaum auszuhaltender Aufgekratzheit, immensem Bewegungsdrang und völliger Gelähmtheit! Wir können nichts tun…ausser eben…warten…auf die Nachrichten von „Pikpa“… Alle unsere neuen Freunde sind jetzt dort um die Menschen des Lagers bei der Räumung zu unterstützen! Und wir?!Wir bangen mit ihnen…Trinken einen Kaffee nach dem anderen…sprechen mit Erik ein bisschen über Politik…Lauschen gespannt seinen spannenden, teils verstörenden Schilderungen zu den europäischen Aussengrenzen…Sind unruhig…laufen im Zimmer auf und ab…schmeissen uns aufs Bett …Ok durchatmen…so ist es eben…akzeptieren lernen…“Ohmmmmmmmm“…Sie wissen…wenn sie uns brauchen sind wir da!

Mehr können wir im Moment eben einfach nicht tun…Die Koffer stehen schon längst fertig gepackt und warten ungeduldig darauf endlich in die Hände genommen und aus dem Zimmer getragen zu werden! Sollen wir nicht doch rausgehen…irgendwas machen? Diese ungewollte und ungeliebte Untätigkeit aber auch!!! Aber was wenn jemand anruft und wir doch schnell kommen sollen?! Also doch wieder…warten…und zum Glück trifft der letzte Satz des Liedtextes nicht auf uns zu… Es war nicht vergebens!!! Endlich klingelt das Telefon…wir springen auf!

Thanasis…sein freudiges Lachen schallt in meinem Ohr…„Pikpa“ wird nicht geräumt, nicht bis 31.12. …Wahnsinn!!! Wie wundervoll…Ok…er holt uns gleich ab…Ja und dann gehts plötzlich wieder so schnell wie der Wirbelwind…Und schon sitzen wir im Auto mit Thanasis und einer Journalistin aus Portugal…Sie will sich auch unsere Show anschauen…na klar!

In Kara Tepe angekommen…treffen wir Franzi, auch sie Journalistin, aber aus Deutschland! Wir legen los und die Kinder, die gestern schon da waren, fiebern wieder mit, als wenn sie Deppo und Seppi zum 1. Mal sähen…Macht also nix in 2 aufeinanderfolgenden Tagen die gleiche Show für das gleiche Publikum zu spielen…Es läuft prima auch wenn, oder gerade weil, alles noch früher aus dem Ruder läuft…ein unglaubliches Geschenk wenn man nicht an der Ordnung festhalten will und muss!!! Das jubelnde, grölende und prustende Publikum (ca. 100 leute davon 75 kids) kann sich einfach nicht mehr bändigen und muss selbst mitmischen……herrlich… Sie so in ihrer Kraft, ihrer Neugier und ihrem Tatendrang zu spüren!!! Was will man mehr?! Gibt es eine grössere Liebeserklärung ans Leben?!

Während Deppo die Kleinen und Grossen in der Kunst des Bänder Bändigens unterrichtet, gibts noch eine kleine improvisierte Keulennummer für die Jugendlichen, die gerade vom Fussball zurückkommen….damit haben sie wohl nicht gerechnet! hehehe…

Insgesamt ein wahrlich wahres Fest und ca. 2 Stunden später haben wir es geschafft…uns doch noch zu lösen und sitzen noch im Kostüm (an umziehen war nicht mehr zu denken…) auf der Rückbank im Auto. Wir haben alle verliehenen Objekte zum Ausprobieren vollkommen intakt wiederbekommen, eskortiert bis zum Lagerausgang – keine Frage, Vertrauen ehrt und verbindet. „Are You coming again tomorrow?“

Am Abend in der NGO-Lokalität feiern alle glücklich den neuerlichen Aufschub der Pikpa-Räumung bis Jahresende.

Zwei Clowns in farbenfrohen, schrulligen Kostümen treten energisch im Freien auf. Der eine Clown trägt eine orangefarbene Jacke und einen grünen Rock, während der andere Clown in rosa Shorts kniet und eine Klopapierrolle hält, auf der Luftschlangen herumfliegen. Ein Clown in farbenfroher, skurriler Kleidung und mit einem Fuchshut unterhält Kinder und einen Erwachsenen vor einem Gebäude mit Graffiti und aufgehängter Wäsche, während alle zusehen und lächeln. Ein Clown in einer orangefarbenen Jacke unterhält ein Kind im Freien; das Kind ist von hinten zu sehen, mit Gebäuden und Treppen im Hintergrund. Ein Clown mit roter Nase, Hut und buntem Outfit jongliert mit seinen Händen und Füßen in einem Außenbereich in der Nähe einer Treppe und einer bemalten Wand mit Stöcken. Verschiedene Haushaltsgegenstände liegen verstreut herum. Zwei Clowns interagieren im Freien. Der eine trägt orangefarbene Shorts und Hosenträger und steht mit dem Rücken zur Kamera, während der andere in einem orangefarbenen Blazer und mit roter Nase nach vorne schaut. Hinter ihnen ist eine Clownsmalerei zu sehen. Ein Clown, der eine pelzige Mütze, eine gemusterte Weste und rote Shorts trägt, hält sich im Freien zwei weiße Bälle über die Augen und tut spielerisch so, als hätte er große runde Augen.

Lesbos 5. Tag

15.10.2020

Voller Freude sind wir pünktlich zur Abfahrt bereit. Hektischer Anruf von Thanasis, er findet den Autoschlüssel nicht, wir nehmen ein Taxi zum MSF-Hospital.

Das Krankenhaus der Medecins sans Frontieres, der Ärzte ohne Grenzen liegt in der Nähe des abgebrannten Morialagers, und kann auch erstmal nicht verlegt werden. Das heißt, es befindet sich nun an einem einsamen, verlassenen Ort, wo rundum nichts ist. Die Distanz zum neuen Lager ist nicht unbeträchtlich.

Hier arbeiten viele Menschen unterschiedlichster Herkunft. Ich muß an Gründungsmitglied Heiko Mielkes Satz denken:
„Wäre ich Arzt, wäre ich bei Ärzte ohne Grenzen, ich bin Clown, also bin ich bei Clowns ohne Grenzen“. Jeder versucht sein Bestes zu geben.

Sie haben nur ein Kind im Hospital, also spielen wir vor der Ambulanz für das weit verstreute, wartende Menschengemisch und der rumstehenden Ärztinnen und Ärzte, Schwestern, Pfleger, etc. Weil wir mit Mundschutz spielen müssen, fällt unsre beste Nummer, Seppi klaut Deppo die Zauber-Tischtennisbälle und versteckt sie in seinen Backentaschen, flach. Macht nichts, wir bringen uns dadurch etwas aus dem Konzept, was immer wieder zur Erheiterung des Personals führt. Am Ende sagen uns die Ärztinnen und Doktoren, daß sie wohl selbst am allermeisten gelacht hätten und das bitter nötig gehabt hätten. Danach fiel ihnen das Arbeiten deutlich leichter. Vielleicht brauchen ja doch Erwachsene viel mehr einen Clown als Kinder, …. manchmal….. Jedenfalls erreicht uns ihr ausdrücklicher Dank nochmal später per Telefon.

Anschließend finden wir mit vereinten Kräften den verlorenen Autoschlüssel.

Wir überlegen, ob wir nun am Nachmittag in Kara Tepe wieder die gleiche Show für die gleichen Kinder in noch einem anderen Kostüm spielen sollen und entscheiden uns, lieber im neuen Outfit zu improvisieren und einfach mit den Kindern zu sein, Spiele, Sachen/Lieder aus der Show zu spielen, und offen für die Begenung und den Moment zu sein, bewußt ohne jegliches Material. Das gelingt mal super und auch nicht, kurz zögern wir, weil diverse NGOler kommen, weil sie gehört haben, daß unsre Show lustig sei, aber wir bleiben dabei einfach mal pur mit den Kids zu sein, wann hat man schon so einen Luxus…

Wie immer begleiten uns nach anderthalb Stunden die Kinder zum Ausgang und warten bis wir abgeholt werden.
„Are You coming again tomorrow?“ Dieses Tomorrow nicht, aber wir hoffen, daß das nächstmögliche Tomorrow nicht so weit weg sein wird!!!!!

Ein Abschiedsessen mit Resummee und Erläuterung der Fortsetzungs-Möglichkeiten, die sich schon angekündigt haben.
Das Packen mutet seltsam an.
Für dieses Mal haben wir immerhin 5 Shows für ca 540 Menschen, davon 395 Kinder gespielt, wobei wohl 300 Leute immer die gleichen waren….. Man kann sagen, es war auch ein miniminiminiWorkshop für 30 Kids und ein kleines Foto/Filmshooting für #leavenoonebehind.

Am nächsten Tag klappt die Rückreise reibungslos, im Kopf bleiben die Bilder der endloslangen Schlangen vor dem Eingang des neuen Flüchtlingslagers, im Herzen die große Freude und Erleichterung der Betreiber von Pikpa, und immer wieder die strahlenden Augen der Kinder. Möge es bald tomorrow sein!!!!

Herzlichen Dank an Thanasis für sowieso alles, Tessa Kraan und Franziska Grillmeier für die Fotos, Erik Marquardt und Katrin Göring-Eckhardt für die Initiaitive und verständnisvolle Unterstützung, und vor allem allen helfenden Menschen, vor Ort, die sichtlich auf ihren Schultern und Rücken viel tragen und mit ihren großen Herzen unglaubliche Energien freisetzen.

Susie und Max

(Bilder von Tessa Kraan in Moria)

Zwei Clowns mit Boxhandschuhen kämpfen vor einem Graffiti-Wandbild mit dem Wort EUROPE auf einer mit Stacheldraht überzogenen Betonwand. Gelbe Farbe läuft über das Wandbild und durchkreuzt symbolisch das Wort. Zwei Clowns posieren vor einer Betonmauer, auf die in schwarzer Farbe HUMAN RIGHTS gesprüht wurde. Stacheldraht überragt die Mauer, und auf dem Boden darunter liegen Trümmer. Der Himmel ist klar. Ein Stacheldrahtzaun überragt eine Betonmauer mit einem großen schwarzen Graffiti mit der Aufschrift HUMAN RIGHTS GRAVEYARD. Zwei Clowns stehen an beiden Enden der Mauer. Die Szene findet an einem klaren Tag im Freien statt. Zwei Clowns in bunten Kostümen malen in schwarzer Farbe die Worte HUMAN RIGHTS GRAVEYARD auf eine mit Stacheldraht überzogene Betonmauer. In der Nähe liegen Müll und Plastik auf dem Boden verstreut. Zwei Clowns stehen auf einem Hügel und überblicken ein verbranntes, verwüstetes Gebiet mit verstreuten Trümmern, während in der Ferne eine Siedlung zwischen Bäumen unter einem bewölkten Himmel zu sehen ist. Ein Clown mit Helm und Rucksack trägt eine in eine blaue Decke eingewickelte Person über einen Feldweg in einer verbrannten und verwüsteten Landschaft mit verkohlten Bäumen und verstreuten Trümmern. Zwei Clowns stehen inmitten der verkohlten Überreste eines zerstörten Gebiets, umgeben von verbrannten Trümmern, verbrannter Erde und den Überresten von Gebäuden und Bäumen nach einem Brand.

Gepostet am

02.11.2020