Unsere erste Reise nach Bulgarien: Bulgarien ist eines der ärmsten Länder der EU, aber auch des gesamten Balkans. Arbeitslosigkeit und Armut haben ganze Landstriche entvölkert. Dabei sind Roma-Familien am meisten von der Armut betroffen. Durch die hohe Korruption, extreme Diskriminierung der Roma und das Fehlen einer Sozialpolitik wird Bulgarien als das „Armenhaus Europas“ bezeichnet. Viele von Armut betroffene Mütter (oft Roma) verkaufen ihre Kinder ins Ausland oder geben sie in Kinderheimen oder Anstalten ab.
Itinerary Date :16.04.2024Bulgarien 2024 - nächste Woche geht es los!
07.04.2024
Als „Warm up“ hat das Team in einem Münchner Ankerzentrum gespielt. Die rund 80 kleinen und großen Zuschauer*innen waren voller Freude dabei! Gut vorbereitet kann es nun los gehen! 👍🏻
Das Team bestehend aus Gittl Ernst, Clara Sachs, Michael Dietrich, Benedikt Gradl und Mia Rohrbach startet am 10.04. nach Sofia. Auf dem Tourplan stehen viele Orte in denen Armut zum Alltag gehört.
„Wir machen uns auf den Weg, um den Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen nicht nur ein Lachen, sondern Aufmerksamkeit, Wertschätzung und neben roten Nasen auch offene Ohren zu schenken. Wir wollen dazu beitragen, die Welt vor Ort ein bisschen bunter zu machen und auch nach unserem Besuch, die Erinnerungen der Menschen mit Freude zu füllen. Zudem wollen wir mit unserer Berichterstattung die Situation der oft vergessenen Nachbarn (Luftlinie etwa 1.300 km) ins Bewusstsein rufen.“
Wir wünschen euch eine gute Reise!
Begleitet unser Team hier auf Facebook, auf Instagram oder hier auf unserer Homepage!
Der frühe Clown reist nach Bulgarien
10.04.2024
Früh am Morgen klingelte heute der Wecker, denn bereits um 7 Uhr morgens trafen wir uns am Flughafen. Einchecken, Sicherheitskontrolle und ab ins Flugzeug. Pünktlich landeten wir in Sofia und wurden mit strahlendem Sonnenschein und babyblauem Himmel begrüßt. So mögen wir das, denn das Wetter für die Shows war neulich noch schlecht angesagt.
Der Anblick unseres Mietwagens gefiel uns allen sehr, doch schon die Fahrt aus der Tiefgarage war spannend. Die sichtbaren Rohre an der Decke, streiften unsere Autoantenne hörbar, aber auf unsere Nachfrage beim Vermieter, ob sich das denn höhentechnisch ausgehe, meinte dieser nur: „everything is perfectly fine“. So wars dann auch und unser erstes Reisemotto war geboren.
Da wir ein bisschen zu früh an unserer Unterkunft ankamen (die Zimmer waren noch nicht alle bezugsfertig) und unsere Mägen eh schon in den Kniekehlen hingen, suchten wir uns erstmal eine Gelegenheit zum Mittagessen. Gleich um die Ecke wurde unser Hunger gestillt und so konnten wir satt, gut gelaunt und voller Elan im Anschluss die Online Schulung „Childprotection“ von Concordia absolvieren. Morgen werden wir für Concordia 3 Shows spielen.
Einen Kennenlern-Besuch bekamen wir heute von Sarkis, National Director Bulgaria von Mission ohne Grenzen (Spieltage Samstag, Sonntag und Montag). Da Sarkis selbst leider nicht bei den Auftritten dabei sein kann, wollte er uns doch kennenlernen, und wir konnten viele Dinge erfragen, klären und auch unsere Clownsnamen stehen.
Die Show sind wir natürlich auch nochmal durchgegangen, mit Pauken und Trompeten und zur Belustigung der um uns herum wohnenden Menschen. Von Dächern und Balkonen wurde uns zugesehen und verbal applaudiert. Wir sind bereit für morgen.
Jetzt gab es noch ein Abendessen, das jeden von uns müder werden ließ und so fallen wir nun alle todmüde ins Bett und freuen uns auf den Start der Shows morgen.
Bulgarien, wir sind da!
Gittl Ernst
#clownsohnegrenzen #clownswithoutbordersgermany #clowns #bulgaria
Eine bunte Mischung an Menschen
11.04.2024
Fertig angezogen fahren wir unserem ersten Auftritt entgegen. Fakulteta: Wir wissen, dass wir uns in die größte Roma Siedlung der Stadt begeben. Als wir in die Richtung fahren, ändert sich das Gesicht der Stadt. Wolkenkratzer aus Beton weichen selbstgebauten Häusern aus Holz, Stein und allem, was sich findet, um es sich möglichst wohnlich, trocken und warm zu machen. Wie viele Menschen hier leben – am Rande der Millionenstadt – ist schwer zu schätzen, denn es gäbe diejenigen, die gezählt werden und diejenigen, die auch hier wohnen. So berichtet man uns.
Wir wissen, dass heute 250 Zuschauende in einer Schule auf uns warten.
Vor der Schule treffen wir Donika, die uns heute durch den Tag begleiten wird.
Sie arbeitet bei Concordia, einer NGO – die sich seit vielen Jahren um Roma kümmert. Sie erzählt uns, dass sie erst seit einem Monat hier in der Siedlung stationiert sind.
Die Kinder und Jugendlichen sind voll dabei und es ist wunderbar – wie die Vorstellung der Clowns uns den ersten (von vielen) Magic Moments beschert. Denn die Namen, die wir sorgsam für unsere Clowns gewählt haben, bringen die gewünschte Wirkung. 250 Menschen rufen uns unsere Namen entgegen! Ahhh endlich geht es los. Endlich sind wir da. Und wie wir uns ganz sicher sind: Am genau richtig Ort, bei den genau richtigen Kids und wir voll in unserem Element!
Die zweite Show spielen wir auf einem öffentlichen Platz im Viertel Orlandovtsi, gegenüber eines Social Centers. Diese Kinder sind interaktiver. Sie freuen sich. Sind voll dabei. Die Kinder sitzen auch am Geländer der kleinen Bühne. Mittendrin statt nur dabei ist das Motto und wir freuen uns über viele staunende, lachende Kindergesichter. Wunderbar ist es zu sehen, wie auch die Erwachsenen sich in unsere Show hineinfallen lassen und herzhaft lachen.
Donika hat auch den Gründer des lokalen Circus Projektes Miniart eingeladen. Er ist zu unserer Show gekommen. Nachdem klar ist, dass es nur 5 Gehminuten entfernt ist – folgen wir gerne seiner Einladung für eine kurze Pause. Der Austausch mit lokalen Künstlern und Clowns ist wunderbar und wir erfahren mehr über die langsam wachsende Clowns Szene in der Stadt. Sehr gut! Wir könnten noch lange reden – aber die dritte Show ruft.
In Zaharna fabrika (das ehemalige Gelände einer…richtig Zucker Fabrik). Hier treffen wir auf den Bezirksbürgermeister, der erst kürzlich einen großen Spielplatz neben der CONCORDIA Stadtteileinrichtung eröffnet hat. Er berichtet, dass hier drei Viertel aneinandergrenzen und die Bewohner*innen kaum Kontakt miteinander hatten. Nun treffen sich alle am zentralen Platz in der Mitte. Ein Ort der Begegnung – der Grenzen aufweicht. Klar passen wir da perfekt. Und die Sozialarbeiter*innen freuen sich – denn durch unseren Einsatz können sie ihr Projekt bekannter machen. Wir spielen die Show vor 80 bunt gemischten Menschen, die gemeinsam mitfiebern und lachen.
Dovizhdane Mia
📷 Pictures by Clara Sachs
Bulgarien durch die Linse
12.04.2024
Wir lassen den Großstadtverkehr Sofias hinter uns und fahren früh am Morgen Richtung Süden, nach Kyustendil. An uns zieht eine grüne Landschaft vorbei, am Horizont schneebedeckte Berge und überall blühen Obstbäume. Obwohl es erst Frühling ist, erwarten uns heute 28 Grad Celsius, was für diese Jahreszeit in Bulgarien viel zu warm ist.
Nach 1,5 Stunden Fahrt sind wir an unserem Zielort angekommen, wo uns die Ansprechpartnerinnen Anny und Alex von der Cedar Foundation Bulgarien erwarten. Die Stiftung setzt sich für Menschen mit Behinderung ein, stellt betreute Wohnräume zu Verfügung, führt ein Therapiezentrum und möchte vor allem eins: Sichtbarkeit für Menschen mit Behinderung schaffen, so dass sie in Bulgarien immer mehr und mehr ein Teil der Gesellschaft werden.
Als Fotografin freue ich mich, dass wir heute auch das Publikum fotografieren dürfen. Durch Vorabsprachen haben wir gemerkt, dass es (nicht wie bisher für mich sonst) sehr einfach ist, Foto- und Videogenehmigungen zu erhalten. Die Entwicklung, dass hier in Bulgarien sehr auf Persönlichkeitsrechte des Publikums geachtet wird, dass ein Bewusstsein dafür geschaffen wird, freut mich. Und zum Fotografieren und Dokumentieren gibt es dennoch genug…
Die erste Show findet in einem betreuten Wohnhaus statt, in dem manche Bewohner*innen schon seit 2005 leben. Die Angestellten sind ihre Familie und diesen engen Bezug merkt man sofort. Aufgeschlossen und neugierig wartet das Publikum darauf, dass Pasta, Bob und Torta in den Garten eintreten und verfolgen die Show mit vielen herzlichen Lachern. Dabei zeigt ein junger Mann den Clowns wie man am besten durch den Spieltunnel kriecht und am Ende dürfen wild die Teller gedreht werden.
Nach einem gemeinsamen Mittagessen, dass einen intensiven Austausch mit den Kooperationspartnern bot, ging es in das stiftungseigene Therapiezentrum, wo im Schatten der Hausmauer schon das Publikum wartete – also nichts wie los und schon eröffneten die muszierenden Clowns die nächste Show! Nach ein paar Minuten ist die anfängliche Ungewissheit seitens des Publikums verflogen und eine Frau beschloss auch direkt, mit auf „die Bühne“ zu gehen und Teil der Show zu werden. Pasta, Bob und Torta bekamen von ihr klare Ansagen und kamen nicht umhin, selbst mitzulachen. Zum Abschied wurden fleißig die Hände geschüttelt und das Publikum wollte uns gar nicht mehr gehen lassen – und gerne wären wir auch noch länger geblieben, wenn wir nicht hätten weiterfahren müssen.
Vieles haben wir jetzt schon gesehen, erlebt und gelernt und ich freue mich auf die vielen weiteren Momente, die ich in den nächsten Tagen mit dem Fotoapparat einfangen darf.
Clara
📷Pictures by Clara Sachs
Wuselig durch Stadt und Land
13.04.2024
Wo sich die Eidechsen auf dem Asphalt sonnen, Ziegen über die Straße hopsen und Schafsherden mit ihren Hirten die Straße säumen … fanden wir heute eine riesige und eine beschauliche Bühne für die drei Clowns und ihre Späße. Bei der Suche, besser gesagt der sorgsamen Vorbereitung, waren uns die Sprachtherapeutin Irena und der Familienhelfer Emil behilflich, die uns über die deutsche Hilfsorganisation Mission ohne Grenzen vermittelt wurden.
Angekommen in der kleinen Stadt Simitli fanden wir uns auf der Mega-Stadtplatz-Bühne wieder, die wir in aller Bescheidenheit hinter uns ließen und uns lieber auf Augenhöhe mit den Kindern auf dem sonnenbeschienenen Vorplatz einrichteten. 210 Kinder, Jugendliche und Erwachsene eilten zu uns, bildeten vorerst einen straßentheatertauglichen Halbkreis und staunten über die bunten, musizierenden Menschen, die da um die Ecke bogen. Laut Irena kommt das hier wohl selten vor, dass Clowns die Stadt besuchen. Das interaktive Spiel von Pasta, Torta und Bob lud die jungen Menschen schnell dazu ein, die Bühne mit uns zu teilen, sich gemeinsam mit uns auf die Jagd nach Bällen, Mücken und Seifenblasen zu machen. Es wurde freudig wuselig, bunt glitzernd, geräuschvoll fröhlich. Der Stadtplatz wurde zum Spielplatz.
Nach einer kurzen Pause bei Wasser und Kaffee in der kleinen Ortschaft Krupnik, unweit von Simitli, in der gerade kollektiv der Zaun einer örtlichen Kirche gestrichen wurde, färbten wir unsere Nasen, Lippen und Bäckchen rot, um uns anschließend musikalisch zum Auftrittsort zu zupfen, zu flöten und zu tröten. Dort erwarteten uns auf schattigen Plätzchen rund um den kleinen Kirchplatz 120 Ortsbewohner*innen jeden Alters und verschiedener Ethnien. Wir standen mal wieder im Mittelpunkt, den wir während der Show gerne mit den Zuschauer*innen teilen. Und wer lieber, so wie der kräftige Bürgermeister, vom Rande aus beobachtet, wird von Bob als verzauberte Katze bespielt. Warm ist es auch hier, so dass wir, eine kürzere Version unserer Show spielen, um die Kreisläufe von Kind und Clown durch deren Kreis-Läufe nicht allzu sehr zu strapazieren.
Nach dem gemeinsamen Essen mit den Organisator*innen der heutigen Vorstellungen, bekamen wir noch eine Führung durch Emils örtliche Einrichtung, von der er mit seinem Team Gemeinschaftsprojekte für alle Menschen im Bezirk organisiert und so zum Austausch einlädt und Begegnungen ermöglicht. Schön, dass wir heute so spielerisch bunt unseren Teil dazu beitragen konnten – auch fernab der großen Stadt.
Deshalb hat uns die anschließende 1 ½ stündige Autofahrt auch noch weiter Richtung Süden geführt, hindurch abwechslungsreiche, hügelige, bergige, grüne, karge, durch Industrie abgebackerte aber auch von Hand beackerte Landschaften – bis nach Gotse Delchev, wo wir morgen drei Vorstellungen geben dürfen.
Michi
📷Pictures by Clara Sachs
Ein Feuerwerk aus Lachen schallt durch den Rohbau
14.04.2024
Ich hoffe ich kann von meinem Filmmaterial vom Tag in Goce Delcev irgendwas brauchen…Ich darf das Team von Clowns ohne Grenzen als Filmemacher begleiten und bekomme alle 15 Shows hautnah mit.
Aber ich konnte heute manchmal die Kamera vor Lachen einfach nicht gerade halten. Oder ich hab lauthals mit den Kindern los geprustet und die Tonspur versaut. Was will man machen. Lachen ist nun mal das Feuerwerk der Seele. Versuch das mal aufzuhalten.
Apropos Feuerwerk. Der heutige Tag war ein Feuerwerk. Ein Feuerwerk der Stimmung, der Lacher, der Atmosphäre.
Nach einem schlichten, aber sonnigen Tankstellen-Frühstück ging es gemeinsam mit Ventsislav, unserem Ansprechpartner von „Mission ohne Grenzen“, seiner Frau und seinen Töchtern, die bravourös gedolmetscht haben, in den Stadtpark von Goce Delcev. Hier war Show #1 des heutigen Tages angesetzt.
Die Clowns entschieden sich gegen die gefühlt 2-Meter hohe Bühne und den Platz in der prallen Sonne bei 29 Grad. Stattdessen erhielt der Schattenplatz unter den Bäumen den Zuschlag. Und die Wahl war gut: Die 250 Personen konnten im Schatten sitzen und stehen, die Erwachsenen hatten hinter den Kindern gut Platz. Und dann schallte eine Woge aus Clownsmusik und Kinderlachen durch den hübsch angelegten Stadtpark. So manch ein Kind kraxelte auf das nahe Klettergerüst oder auf die Schultern von Mama oder Papa um dieses bunte Spektakel noch besser zu sehen. Nach dem die letzte Showrakete verflogen war folgte ein wildes Treiben mit Selfies, High-Fives und Komplimenten.
Beim Mittagessen mit Ventsislav und seiner Familie lernten wir viel über unseren Kooperationspartner Mission ohne Grenzen, aber auch über den berühmten bulgarischen Jogurt. Und ein ehemaliger Postbote aus Ebersberg (bei München), der wieder in die bulgarische Heimat zurückgekehrt war, schaute auf ein kleines „Hallo“ bei uns am Tisch vorbei.
Fulminant ging es in den Nachmittag. Im Stadtpark von Musomishta, das nur wenige Minuten von Goce Delcev entfernt liegt, spielten Pasta, Torta und Bob ihre zweite Show des Tages. Unter Gelächter und Gekreische der Kinder und unter zustimmendem Schmunzeln der Erwachsenen („Dobre!“) wurde gejagt, gepiesackt und geknutscht.
Leider blieb nach der Show nicht viel Zeit für den persönlichen Austausch, denn die dritte Show des Tages folgte auf dem Fuße. Und diese Stunde wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben. Die Location war der Rohbau einer Kirche in einem Roma- Viertel. Eine der Ehrenamtlichen wollte sich schon dafür entschuldigen – ob wir denn wüssten, dass wir nun fast ausschließlich für „Gipsys“ spielen würden.
Anfangs rutschten nur eine Handvoll Kinder in der ersten Reihe aufgeregt auf ihren Stühlen herum, doch – als hätten sie das Stimmen der Ukulele hinterm Bus als Aufruf gehört – strömten immer mehr Kinder und Erwachsene durch die kleine, unbefestigte Zufahrtsstraße die Anhöhe hinauf. Es waren so viele, dass die Stühle gar nicht mehr reichten, noch Bänke und Kisten hereingetragen werden mussten, dass die über 100 Leute alle in dem staubigen Rohbau einen Platz fanden. Und das Wort „Feuerwerk“ beschreibt die Stimmung während dieser magischen 45 Minuten auch nur bedingt. So voller Energie, Leben und Lachen waren diese unfertigen, rohen Betonwände.
Noch nie zuvor habe ich Kinderaugen so gebannt glänzend einer einfachen Theatershow folgen sehen. Nie zuvor hat mich eine Lawine aus ungebremstem, ungefiltertem Lachen, die bis in die kleinste Ritze des Raumes dringt, so sehr erwischt, dass ich selbst vergessen habe, warum ich eigentlich da bin. Nie war mir deutlicher, was es heißt, dass Lachen eine Sprache ist, die alle verstehen und einen Raum erfüllt. Was da in diesem Rohbau in Goce Delcev heute passiert ist, war mehr als ein Feuerwerk der Freude. Es war ein nachhaltiges Erlebnis. Ein kleiner Magischer Moment. Für die Kinder, die Erwachsenen – und die Clowns.
Bene
📷Pictures by Clara Sachs
Miteinander, Untereinander, Durcheinander
15.04.2024
Die Zeit fliegt nur so dahin und ich bin ganz beseelt von meiner ersten Clown-Reise. Natürlich hatte ich eine Vorstellung, wie es sein mag, doch die Realität und diese Energie nun selbst zu erleben, kann man kaum in Worte fassen.
Unser Tag 6 begann wieder in Blagoevgrad und ich erwachte heute morgen mit einer ziemlich verstopften Nase und Erkältungserscheinungen. Oh nein! Das kann ich nun wirklich nicht brauchen, aber „the show must go on“ und so dopte ich mich mit allem was die Apotheke hergab.
Nach einer kurzen Autofahrt trafen wir heute wieder auf den Familienhelfer Emil von „Mission ohne Grenzen“ in dem kleinen Ort Simitli, einem Vorort von Blagoevgrad. Dort angekommen warteten die Menschen bereits im Hof auf uns, um den großen Baum herum saßen auf Stühlen und Bänken eine bunte Mischung an Menschen. Unser Publikum bestand aus Kindergartenkindern, Schulkindern, Menschen mit Behinderungen, neugierigen Nachbarn und Bewohnern des ansässigen Altersheim.
Jetzt hieß es nur noch, Nase auf und schon zogen wir musizierend tanzend ein und wurden mit großen staunenden Augen und lachenden Gesichtern empfangen.
So unterschiedlich die Menschen waren, so eins waren sie doch, was ihre Freude an unserem Spiel und Ihr Lachen betraf.
Während der Show kamen immer wieder neue Kindergartenkinder hinzu und standen mit offenem Mund vor uns und starrten wie gebannt auf Bob, als dieser miauend oder bellend vor ihnen stand. Insgesamt konnten wir ein Publikum von über 100 Leuten zählen und eine Riesenseifenblase schwebte am Ende über alle hinweg in den blauen Himmel hinein. Ein magischer Zauber war auf dem Hof zu spüren und glückselig verabschiedete sich einer nach dem anderen mit einem breiten Lächeln im Gesicht.
Direkt im Anschluss ging es zu einem Männerwohnheim für Männer mit Behinderungen.
In einem sehr schönen kleinen Garten durfte gespielt, gealbert und gezaubert werden. Die Männer im Alter von 30 – 70 Jahren fieberten mit, lachten laut und einige der Herren hielt nichts mehr auf den Stühlen und so wurden sie einfach Teil unserer Show. Die BetreuerInnen waren zuerst irritiert und dann höchst erfreut über unsere Interaktionen und Freude am gemeinsamen Spiel und vor allem, daß wir uns auch in keinster Weise irritieren ließen. So konnte der ein oder andere kurzerhand mit großer Freude durch den Tunnel robben, wurde zum fantastischen Zauberer und / oder zum großen Tänzer. Am Ende unserer Show tanzten und musizierten wir gemeinsam.
In diesem Moment hätte ich mir 6 Arme und Hände gewünscht, damit jeder meine Hand halten kann. Die galanten Gentlemen waren hin und weg und wirbelten uns ihre übersprudelnde Freude entgegen und viele Worte, die wir leider aufgrund von Sprachbarriere nicht verstanden.
Glücklicherweise sprechen Augen und das Leuchten war eindeutig.
Doch die Worte des Übersetzers haben wir verstanden: „It is so important that your are here to bring them joy“. Und genau das ist es doch, Freude schenken und sich wohlwollend und respektvoll begegnen, um eine gute gemeinsame Zeit zu haben.
Freudestrahlend hielten einige unsere Postkarten an ihr Herz und werden die Albernheiten von Pasta, Bob und Torta hoffentlich noch lange in Erinnerung behalten.
Die Fahrt zurück nach Sofia nutzen wir, das weltberühmte Rila Kloster, welches weich und wunderschön in die waldbedeckten Gebirgshänge des Rila-Gebirge eingebettet ist, noch zu besuchen. Schmale kurvige Straßen führten uns vorbei an märchenhaften Flussläufen und Wasserfällen, durch weich gezeichnete Landschaften und Felder. Die Rapsfelder leuchten vor der immer sichtbaren Bergkette des Rila-Gebirges, das uns mit schneebedeckte Gipfeln und zackigen Felsformen ein mittlerweile vertrautes Bild darstellt.
Und so ging ein weiter wundervoller Tag zu Ende, der auch mir noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Jede Show, jede Begegnung, jede Berührung und jeder Blick ist einmalig, etwas besonderes.
Gittl Ernst
📷 Pictures by Clara Sachs
Spiel ohne Grenzen
16.04.2024
Ein letztes Mal geht es heute mit roter Nase los, zurück in ein bekanntes Viertel, eine große Roma-Siedlung am Rande der Stadt Sofia. Um 9:30 Uhr sind wir wie verabredet an dem Caritas Kindergarten, jedoch sind erst wenige Kinder vor Ort. Nach Rücksprache mit der Leitung ziehen wir kurzerhand mit einem Lautsprecher durch die Straßen von Fakulteta. Immer mehr Kinder und Mütter schließen sich uns an. Wir trauen unseren Augen nicht, als plötzlich ein Schwein inmitten der vielen Straßenhunde vor uns auftaucht, das sich glücklicherweise nicht auch unserem kleinen Umzug in den Hof des Kindergartens anschließt.
Am bunten Wellblechzaun haben wir unseren Banner aufgehängt, Koffer auf und los gehts. Bob, Pasta und Torta haben reichlich Unterstützung und finden dank dieser auch noch in der 13. Show immer neue Möglichkeiten und Wege in ihrem Spiel. Bei den Interaktionen mit den Zuschauenden greifen wir nur zu gerne neue Impulse auf und so ist es auch für uns immer wieder neu und überraschend, welche neuen Wendungen sich ergeben. Es wird uns nicht langweilig, die Show immer und immer wieder zu spielen, denn es ist nie, und wir betonen nie, die Gleiche. Jede ist auf ihre Art besonders und einmalig.
Und so war es auch heute.
Gestern erreichte uns die Nachricht, dass eine Show für heute abgesagt wurde. Ein Anruf bei Sarkis von „Mission ohne Grenzen“ genügt und schon zaubert er einen neuen Spielort hervor. Die Kinder einer Schule in Sofia freuen sich lautstark über unser Erscheinen. „Clowni, Clowni“ dringt es vom Schulhof herüber in unsere provisorische Umkleide und schwuppdiwupp finden wir uns auf einer kleine niedrige Holzbühne wieder vor Kindern, die geradezu vor Ideen sprudeln. Die Zeit fürs gemeinsame Spiel war leider viel zu kurz, doch die nächsten Zuschauer erwarteten uns schon.
Ab in den Bus, das verschwitzte Make-up auffrischen und weiter geht es.
Die letzte Show auf dieser Reise findet in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen statt. Wir tasten uns langsam vor. Spielen erstmal ruhig und spüren hin, was es braucht.
Und so ist es bei einer Clowns-Reise, die eine Show ist laut und groß und die nächste langsam und ruhig.
Mit Handkuss wurden wir begrüßt und so herzlich ging es weiter. Ein letztes Mal hallt das schallende Lachen in uns nach, als wir zurück zum Bus gehen.
Was für eine schöne letzte Show.
Eine umwerfende Zeit liegt hinter uns. So voller Eindrücke und Emotionen. Wenn Bene (der Filmemacher der uns begleitet) uns fragt wie es sich anfühlt, das Alles. Das clownen vor Menschen, die sonst vielleicht nicht so viel zu Lachen haben. Wie es ist, dass jetzt alles vorüber ist. Dass wir nach Hause fliegen. Tja. Es ist schwer in Worte zu fassen.
Wir sitzen zusammen und besprechen die letzten Tage. Highlights…viele Highlights. In einem sind wir uns einig: Wir kamen als Fremde und gehen als Freunde. Bulgarien – wir kommen wieder.
Gittl & Mia
📷 Pictures by Clara Sachs