2022 Bosnien


21.04.2022 - 01.05.2022

Katrin Rohlfs & Susie Wimmer


Endlich geht es für uns nach Bosnien. Begleitet uns hier in unserem Blog und auf Facebook!

Itinerary Date :29.05.2022

Tag 1

21.04.2022

Veliko i Gigantsky, aka groß & riese sind in Sarajevo/Bosnien angekommen.
Im Gepäck ein neues Stück und reichlich Workshopinhalte für all die Menschen, die in den Einrichtungen/unseren Spielorten für die jungen Menschen sorgen, die ohne Hilfe so nicht (über)leben würden.

Bewähren durfte sich das Stück bereits am Vortag der Abreise: Katrin Rohlfs und Susie Wimmer spielten es für die geflohenen Kinder und Mütter und Großmütter aus der Ukraine, die in der Neuherbergstrasse (welch n/omen) in München vorübergehend Unterschlupf gefunden haben. Ca 50 Große und Kleine und Mittelriesige schauten vergnügt von allen Seiten dem Kampf der beiden mit den Widrigkeiten des Showlebens zu.

Wir konnten uns vor dem Auftritt einen kurzen Einblick über die Situation der Menschen dort verschaffen. Das schließt auch alle die mit ein, die dort ihr Bestes versuchen und geben, um die unfassbare Situation ein bißchen erträglicher für alle zu machen, ein bißchen Halt zu geben, um etwas Handlungsfähigkeit zu ermöglichen.

MIt einer kleinen Miniparade durch die Container sammelten wir unser Publikum ein, und staunten, wie viele Menschen auf winzigstem engsten Raum unweigerlich zusammen leben, zusammenleben können müssen.

Nun sind wir hier in Sarajevo, bei unserem ersten Einkaufsgang passierten wir viele Häuser, an denen man noch die Einschußlöcher des vergangenen Krieges sehen kann, hier vergangen, dort begonnen. Für manches wünscht man sich eine baldige Vergangenheit….

Blicken wir in die unmittelbare Zukunft, sehen wir morgen um 6.30 Uhr 2 Clowns und ihre fabelhafte Begleiterin/Organisatorin/local angel Erminia ins Auto steigen und nach Tuzla fahren, wo wir 2 Shows spielen und übermorgen einen Workshop geben werden.

Auch begleitet von den Menschenketten, die die Kinder der Montessorischule Gilching für die Kinder hier gebastelt haben, ganz im Sinne des Clowns ohne Grenzenmottos:
Eine Idee von Kindern für Kinder, entstanden aus einer Brieffreundschaft spanischer und damals jugoslawischer Kinder.

Tage 2+3: Tuzla

23.04.2022

Unser Kooperationspartner auf dieser Reise ist die «Stiftung Wings of hope», eine bayerische NGO, die sich mit einem internationalen Netzwerk und Projekten in der ganzen Welt für die Verarbeitung von Traumata einsetzt. Gewalterfahrungen, Krieg und Flucht bringen häufig einen Verlust von Vertrauen in die Gesellschaft und in die Welt mit sich und verursachen tiefe seelische Verletzungen. Unverarbeitete Traumata führen zu neuer Gewalt.

«Wings of hope» möchte ein Bewusstsein für das Thema Gewalt und seine Folgen für die Gesellschaft wecken. Die NGO pflegt ein grosses internationales Netzwerk zur Heilung von Traumata, gibt Traumafortbildungen und bietet Forum für einen Dialog zwischen jungen Menschen aus aller Welt (www.wings-of-hope.de).

Die bosnische Partnerorganisation ist der Bürgerverein Progres (www.progres-bh.ba).
Auch über 20 Jahre nach dem Bosnienkrieg sind seine Nachwirkungen noch deutlich zu spüren. Die ethnischen Gruppen haben sich verfestigt. Besonders junge Menschen sind perspektivlos. Die Arbeitslosenquote ist hoch, die Ausbildung unzureichend, die Gehälter niedrig und das Leben teuer. Immer noch verlassen viele Menschen das Land, um woanders arbeiten und Geld verdienen zu können. Progres leistet eine multiethnische Jugendarbeit und bietet Unterstützung zur Hilfestellung für Menschen mit traumatischen Erfahrungen.

Ermina arbeitet seit zwei Jahren für progres. Sie erwartet uns am frühen Morgen beim Hotel.
Nach zweieinhalbstündiger Fahrt durch allerschönste Hügel-Tal- und Flusslandschaft gelangen wir nach Tuzla in das «Koraki nade», ein Zentrum für Menschen mit Behinderung.

Wir werden herzlich empfangen und bekommen gleich eine Führung durch das Haus und den schönen Garten. In dieses Haus kommen Kinder und Erwachsene ein bis zweimal pro Woche und erhalten Therapien und Förderangebote. Wir sind von der Ausstattung beeindruckt: Einem therapeutischen Schwimmbad, Räume für Logopädie, Psychotherapie, Physiotherapie und zum Gestalten und Werken. Im Garten werden Kräuter gezogen und es gibt viel Platz zum Spielen.

Das Team begrüsst uns mit Neugierde – denn sie werden auch beim Workshop dabei sein. Im Laufe des Tages erfahren wir, wie mühsam es ist, das Haus zu erhalten und immer wieder wird gebangt, ob die Regierung Geld gibt und ob genug ausländische Förderer gefunden werden.

Nach dem Rundgang geht es schon los mit der Performance. Wir spielen zweimal, für die Vormittags- und für die Nachmittagskinder. Die Fröhlichkeit und das Lachen steigert sich zunehmend, besonders am Nachmittag ist eine starke Gemeinschaft voller Heiterkeit zu spüren.

Veliko und Giganski haben nicht nur die Kinder für sich gewonnen, auch das Team geniesst den Moment. Der Höhepunkt ist am Schluss, als ein ahnungsloser Mitarbeiter in den Raum kommt, vom Publikum aufgefordert verwirrt auf die Bühne kommt, Veliko schwungvoll hochhebt und in seinen Armen hält.

Nach der Show gibt es viel Kontakt zu den Kindern. Überrascht stelle ich fest, dass ein Junge im Rollstuhl mit spastischen Lähmungen nicht nur Englisch, sondern auch ein paar Sätze Deutsch kann.
Mit unserer wunderbaren Gastgeberin Ermina verbringen wir einen schönen Abend in der Altstadt von Tuzla. Hier gibt es drei Salzseen (derzeit ohne Wasser), die im Sommer als Urlaubsort sehr gut besucht sind. Da gerade Ramazan ist und Ermina fastet, wollen wir pünktlich um halb acht essen. Kurz vorher füllt sich das Restaurant zunehmend und nach einem Feuerwerksknall werden die leckeren cevapi serviert.

In der Nacht verschlafen Susie und ich ein Erdbeben. Das Epizentrum war in Mostar, wo wir in wenigen Tagen sein werden. Immerhin hatte das Beben die Stärke 6. Die Besorgnis ist in den Gesichtern zu lesen, als wir das Team von «Koraki nade» treffen.

Mit den ersten Spielen des Workshops werden die Sorgen erstmal zur Seite geschoben. Schnell entsteht Freude, Spass, Lachen, Bewegung, Begegnung und Miteinander. Im Team ist jede:r dabei, Zweifel und Skepsis werden überwunden, die Gruppe spürt und erlebt sich und lernt nebenher noch, ihre Gedanken auf das Positive zu lenken, die Bedeutung der Clownsnase, begibt sich in verschiedene emotionale Befindlichkeiten und wilde Körperpositionen.

Nach drei Stunden ist eine grosse Erfüllung und sehr viel Happiness zu erleben. Voller unterschiedlicher neuer Erfahrungen geht jede:r nach Hause und wir fahren wieder zurück nach Sarajevo.

Katrin

Tag 4: Breza

24.04.2022

In 8 Monaten ist Weihnachten, hier war heute das orthodoxe Osterfest.
Trotzdem kamen 19 sehr junge Menschen und Grundschullehrerinnen zu unserem Workshop heute morgen. Wieder gaben wir unser Bestes, einige Clownsaspekte für sie und ihre Arbeit nutzbar zu machen.

Unsere Gastgeberinnen von ’Desnek‘ hatten alles super vorbereitet.
Desnek ermöglicht dank dem ehrenamtlichen Engagement dieser jungen Powerladies allen Kindern der Gegend, aus allen sozialen Schichten kommend sich künstlerisch auszudrücken und/oder einfach miteinander zu sein. Es wird sehr viel Wert auf einen respektvollen und wertschätzenden Umgang miteinander gelegt, das ist deutlich spürbar.

Wieder einmal waren wir überrascht, wie viele Leute unglaublich gut deutsch sprechen, wäre unser bosnisch nur ein Bruchteil davon so gut ….. jedes Mal, wenn wir versuchen ein neues Wort zu lernen geht es sofort unter im Meer der vielen Eindrücke und Gedankengänge, und wenn das Gedächtnis dann endlich seinen Job tut, löst die unzulängliche Aussprache immer wieder große Heiterkeiten aus …. hmmm ?

Ruckzuck nach dem Workshop bereiteten wir uns auf die erste der beiden Shows vor. Wir staunten nicht schlecht, wieviele Kinder und Angehörige sich in den schön dekorierten Saal quetschten, es dürften an die 200 gewesen sein. Mein (Susie) persönliches Highlight war, als die Kleinsten in den vorderen Reihen zu unserem seriös vorgetragenen Jodler ausgelassen tanzten… wie schön!
Gleich im Anschluß sollten wir die zweite Show spielen, allerdings waren ‚nur‘ 2 neue Kinder gekommen, und ein paar andere blieben noch, so starteten wir mit unserer Show und bogen aber bald in Improvisation und Spiel mit den Kindern ab. Wieder einmal gab es göttliche Clownsgeschenke, als sich zum richtigen Zeitpunkt die Eingangstür von selbst öffnete und ….. eintrat: So gab es auch noch herrliche Monsterepisoden, die die Kinder höchst vergnügt bestimmten.
Wir traten den Heimweg an, voller Denkanstöße und neuer Ideen.

Wieder einmal geht unser Dank an all die wundervollen Menschen, die solche Plätze schaffen und erhalten, an Ermina unsere unermüdliche Übersetzerin, Wegweiserin, Organisierfee (danke für Dein einziges freies Wochenende!), und an all die Spenderinnen und Spender, die unsere Arbeit unterstützen und ermöglichen: mnogo puno hvala!

Tag 5+6: Mostar

26.04.2022

Los Rosales – Zentrum für Menschen mit besonderen Bedürfnissen

Eine frühmorgendliche Fahrt durch das umwerfend schöne Land: Von Sarajevo nach Mostar. Der Regen vergangene Nacht machte die Luft heute blitzklar. Schneebedeckte Berge blinzeln uns zu.
Wir kamen im Center Los Rosales gerade rechtzeitig für einen Kaffee. Los Rosales ist ein Förderzentrum, in das Kinder mit Behinderung ab Kindergartenalter tagsüber kommen. Etwa 10 Kinder bleiben auch montags bis freitags über Nacht. Es gibt einen Kindergarten, eine Grundschule und fünf Werkstätten für erwachsene Menschen mit Behinderung.

Ein paar Fragen+Antworten, dann gings gleich zur ersten „Show“ in den Kindergarten. Nach ca. 30 Sekunden war klar, dass es hier um was ganz andres geht: Die 10 Kinder im Alter von ca. 3 oder 4 Jahren mit ihren vielfältigen geistigen Behinderungen und ihre 4 Betreuerinnen brauchen entspannte Zuneigung, Aufmerksamkeit, fröhliches Dauer-Loslassen von allen Konzepten, Plänen, Vorhaben, innere Ruhe und Freude über jede kurze geglückte Kontaktaufnahme. Später bei der Nachbesprechung mussten wir nochmal herzhaft über uns selber lachen, bei der Vorstellung, es gäbe da irgendeine Clownsvorstellung zu geben ….

Wir kommen singend in den Raum … schon gibt es kleine Hände, die nach der Gitarre greifen. Ich führe sie sanft in meiner Hand, wir spielen gemeinsam die Akkorde, während wir weiter singen. Ein Junge tanzt mit mir, wir wiegen hin und her, ich singe. Unser Vorhang dient zum Verstecken spielen. Susie spielt mit den Kindern mit Bällen und auch Ermina ist zur Spielpartnerin geworden. Plötzlich kommt eine Erzieherin mit unserer Mütze und rot gemalter Nase. Susie begrüsst sie als Chefin. Die Zeit verging viel zu schnell, wir mussten uns in die Turnhalle beeilen, wo schon ca. 50 Menschen unterschiedlichster Altersgruppen auf uns warteten. Auch hier passten wir unser Programm den aktuell gespürten Notwendigkeiten an, improvisierten eifrig, so dass alle in guter Laune rechtzeitig um 12 ihren Heimweg antreten konnten.

Mostar ist wunderschön. Wir verbringen den Nachmittag in der schönen Altstadt, bewundern die berühmte steinerne Brücke. Im Krieg wurde das wunderschöne Bauwerk zerstört. Die Brücke verbindet den christlichen und den muslimischen Teil der Stadt miteinander. Aber niemand weiss so genau, welcher der Stadtteile christlich und welcher muslimisch ist… Wir strecken unsere Füsse in das türkis-kristallene kalte Wasser und beobachten die Brückenspringer.

Am nächsten Tag kommen die betreuten Erwachsenen zur Performance. Die Stimmung ist fröhlich und heiter, die Zuschauer fiebern mit, helfen Giganski aus der Klemme und wiegen sich zur Musik.
Anschliessend werden wir durch die Einrichtung geführt. Wir sehen den Musiktherapieraum und die Werkstätten und im inklusiven Restaurant gibt es einen Kaffee. Im Workshop mit den Mitarbeiter:innen stärken wir die Gruppe mit viel guter Laune, Lachen, Selbstwahrnehmung, Teamspielen, positivem Denken und Erlaubnis nicht perfekt zu sein.

Susie und Katrin

Tag 7+8: Foča

28.05.2022

Eine Stadt in der Republika Srpska, ca. 70 km südöstlich von Sarajevo, ein superschöner Tag!
Die Fahrt dorthin: ein Traum! Weniger ein Traum, die Tatsache, daß in dieser wunderschönen bergigen Landschaft immer noch reichlich Minen vom Krieg liegen. Schilder weisen darauf hin. Da wird einem sofort wieder bewußt, daß unbeschwerte Spaziergänge in der herrlichen Natur nicht überall eine Selbstverständlichkeit sind.

Nach gut 1,5 Std. sind wir bei Tračak Nade angekommen, einer Einrichtung für Menschen aller Alterstufen mit besonderen Bedürfnissen: Sofort eine herzliche Begrüßung und allerlei Erklärungen zum Haus. Auch heißt es, daß der Workshop am kommenden Tag ’hier’ stattfinden würde – wir befinden uns im sogenannten Wohnzimmer, ein voller Raum, ca 5x5m für ca 20 TeilnehmerInnen, den Tisch und die Stühle kann man ggf. wegräumen. Nicht die Einrichtung, sondern dieser Raum ist gemeint, wir könnten aber auch nebenan ins Spielzimmer: Ca. 6 x 6m, immerhin mit Fenster und Licht. Die Gedanken wollen springen, jedoch eilt es bereits ein wenig, und wir gehen zum Museum, in dem sich auch ein schönes Theater befindet.

Auf dem Weg treffen wir schon unser erstes Kindergartenpublikum, und sputen uns in Kostüm und Schminke. Ein grandioser Ort um für ca 120, dann 50, dann 100 Kinder mit und ohne Behinderungen und deren Begleitenden 3 Shows zu spielen. Man kommt aus der Freude und dem Händeabklatschen und dem gemeinsamen Tanzen gar nicht mehr raus.

Dazwischen renoviert man kurz das Make-up, das Bühnenbild (eine rote Wäscheleine), gibt der Theaterverantwortlichen ein Interview, für das der begeisterte Hausmeister extra Sitzmöbel und Tisch in den Hof schleppt. Man packt den Requisitenkoffer wieder neu, vergißt aufs Klo zu gehen und es geht rund bis nach unzähligen Fotos das letzte Kind verschwunden ist.
Während wir zusammenpacken versichert uns die begeisterte Einrichtungsleiterin, daß es überhaupt kein Problem ist, einen größeren Raum für den Workshop zu finden, das Theater ist leider (zum Theaterglück) bereits vergeben.

Wir fahren zurück nach Sarajevo und freuen uns schon auf die erneute Fahrt morgen, bereiten den Workshop vor, und fallen nach dem Abendessen in die Federn.
Um entspannte 9.45 Uhr fahren wir wieder nach Foča, sammeln unsere Teilnehmenden bei Tračak Nade ein und fahren zum Workshoport:
Die giganski Turnhalle des Ortes, deren Akustik nicht unbedingt für die Erklärung feiner Körperübungen und Emotionswahrnehmungen geeignet ist – die Redezeit verdoppelt sich durch das Übersetzen ja auch immer noch. Aber es hatte reichlich Platz für insgesamt 21 Menschen aus Fočas Kindergarten, Grundschule und Tračak Nade. Die Zeit war urschnell vorbei und das Abschlußfeedback sehr berührend.

Wir hatten den Eindruck, daß es sehr viel Freude, Bestärkung, Bedankung, Unterstützung, Anerkennung u.v.a.m. bedarf. Anspannung und Erschöpfung sind sichtbar und deutlich spürbar, der Dank war riesengroß.

Man möchte da bleiben und einfach weiter Shows spielen und workshoppen …. Fortsetzung möge folgen!

East Sarajevo

29.05.2022

Es ist bereits der 30.4.2022, wir sitzen im Flugzeug nach Hause und müssen noch viel über den gestrigen Einsatz in East Sarajevo nachdenken.

Morgens um 10 Uhr spielten wir unsere letzte Show für ca. 90 Kindergartenkinder und ihre Betreuerinnen, um 17 Uhr gaben wir unseren letzten Workshop für 18 Erzieherinnen dieser Einrichtung.

Vor der Show empfing uns der sehr nette Leiter von Patrijarh Pavle. Stolz erklärte er uns die Struktur und alles drum herum. East Sarajevo gehört ebenfalls zur Republika Srpska, wir spüren eine Sehnsucht nach modern und schick. Es scheint ordentlich investiert zu werden: Auf dem ehemaligen Militärgelände gab es nebst Sumpf nichts, erzählt uns der Direktor mehrmals. Der Kindergarten ist in einem neuen Gebäude mit einer modernen Ausstattung untergebacht. 150 Kinder von 1-6 Jahren besuchen die Einrichtung und werden von 15 Erzieherinnen in altershomogenen Gruppen betreut.
Auf dem Weg zum frisch gebauten Kulturzentrum überholen wir die Kinder und sie winken uns schüchtern zu.

Wir werden vom Kulturzentrumschef empfangen und in das schöne kleine Theater geführt. Gleich geht es los und die Kinder fiebern mit Veliko und Giganski. Die Erzieherinnen sorgen für Aufmerksamkeit und Ruhe, was die Motivation zum Fiebern merklich dämpft. Der Direktor entschuldigt sich hinterher bei uns, daß die Kinder nicht bis zum Schluß aufmerksam waren.

Einen Auftritt im hiesigen Flüchtlingslager zu machen, dafür war die Vorlaufzeit zu kurz, und so nutzen wir die lange Zwischenpause für einen Spaziergang durch die Altstadt und treffen auch noch Azra Frlj, die Chefin von ‚Progres‘. Im ’Ministery of Čife’ – einem weltberühmten Cafe lernen wir noch die bosnische Version von einem gechillten ’carpe diem’ kennen. Wir bedanken uns herzlich bei der Organisation, die diese Reise vor Ort so unglaublich gut unterstützt hat und besprechen noch einige Evalutionsaspekte.

Als wir um 16.45 Uhr wieder pünktlich in der Einrichtung sind, treffen wir auf 18 wenig begeisterte Erzieherinnen, einige Kinder sitzen artig auf Stühlchen vor dem Fernseher und warten darauf, um 17.30 Uhr abgeholt zu werden. Wir verstehen den Unmut: Die Damen sind seit frühmorgens im Einsatz, es ist das Ende der Woche, am Montag ist wegen des Ramadanendes frei, und: Sie sind einfach erschöpft. Sie bitten uns, den Workshop etwas zu verkürzen. Dem Wunsch kommen wir natürlich gerne nach, schließlich sind wir zu ihrer Unterstützung und Frohsinnszuwachs gekommen. Es dauert doch eine Workshopweile, bis sie ihren Groll, ihren Perfektionsanspruch und ihre Angespanntheit ablegen können. Die Clownsenergie wirkt.

In der Nachbetrachtung stellen wir sie uns in einigermaßen ausgeruhter, motivierter Verfassung vor, das wäre sicherlich für alle Beteiligten effektiver und einfach viel schöner.

Nun heisst es, Abschied zu nehmen. Ermina, danke für Deine unermüdliche Präsenz als Organisatorin, Übersetzerin, alles-Managerin, Guide, Fotografin, gute Seele, Kulturerklärerin und herzliche Begleiterin! Mit Perspektive für die weitere Zusammenarbeit und der Feststellung, dass die Clowns ohne Grenzen gut zum Konzept der ’trauma-oriented peacework’ von „Progres“ passen, sagen wir pfiati, ciao, do viđenja i hvala!

Veliko i Giganski.

Gepostet am

08.03.2020